Schottland: Wahlsieg für Nicola Sturgeon, aber keine absolute Mehrheit für SNP
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Schottland: Wahlsieg für Nicola Sturgeon, aber keine absolute Mehrheit für SNP

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Bei der Parlamentswahl in Schottland steht die SNP vor dem Sieg. Regierungschefin Nicola Sturgeon ist aber auf einen Koalitionspartner angewiesen.

  • In Schottland wird ein neues Parlament gewählt.
  • Die SNP um Regierungschefin Nicola Sturgeon will die Mehrheit und nach der Pandemie die Schritte für ein zweites Unabhängigkeitsreferendum einleiten.
  • Noch nicht alle Wahlbezirke sind ausgezählt. Ein Ergebnis soll am Wochenende verkündet werden.

Update, Sonntag, 08.20 Uhr: Der Führer der Grünen in Schottland hat den Hoffnungen auf eine Regierungskoalition mit der SNP einen Dämpfer erteilt. Bislang gebe es „keine Pläne“ für die Bildung mit der Partei von Nicola Sturgeon, sagte Patrick Harvie in Edinburgh.

Wie die SNP streben auch die Grünen in Schottland die Unabhängigkeit von London an. Verhandlungen über eine mögliche Koalition werden, wenn überhaupt, wohl erst nach der Verkündung des endgültigen Endergebnisses starten. Laut Satzung der Grünen muss die Partei vor jeder Koalitionsbildung eine Abstimmung darüber unter allen Mitgliedern durchführen. Das Ergebnis der Abstimmung ist dann bindend für die Parteiführung.

Parlamentswahlen in Schottland: Sturgeon siegt, verpasst aber die absolute Mehrheit

+++ 19.35 Uhr: Die Unabhängigkeitsbefürworter um Schottlands Regierungschefin Nicola Sturgeon haben die angestrebte absolute Mehrheit im Parlament voraussichtlich knapp verpasst. Laut einer Hochrechnung des Rundfunksenders BBC vom Samstag könnte Sturgeons Schottische Nationalpartei (SNP) auf 63 Sitze kommen. Für eine absolute Mehrheit sind 65 Parlamentssitze nötig.

Da neben der SNP auch die Grünen die Unabhängigkeit Schottlands anstreben, zeigte sich Sturgeon dennoch zuversichtlich. Es bestehe „kein Zweifel, dass es in diesem schottischen Parlament eine Mehrheit für die Unabhängigkeit geben wird“, sagte sie nach der Veröffentlichung der Hochrechnungen, wonach ihre SNP zwar stärkste Partei wurde, aber die absolute Mehrheit verpasst.

In Schottland standen am frühen Samstagabend die Gewinner von 71 Parlamentssitzen fest, 60 davon gingen an Sturgeons SNP. Allerdings verlor die SNP auch wichtige Wahlkreise. Die Auszählung zog sich wegen der Corona-Maßnahmen hin.

Nicola Sturgeon
Nicola Sturgeon, Erste Ministerin von Schottland und Vorsitzende der SNP, möchte ein zweites Unabhängigkeitsreferendum. © ANDY BUCHANAN/AFP

+++ 17.58 Uhr: Mit einem Sieg bei der Parlamentswahl in Schottland vor Augen hat die Regierungspartei SNP den Druck auf London für ein neues Unabhängigkeitsreferendum erhöht. Regierungschefin Nicola Sturgeon kündigte an, eine Volksabstimmung voranzutreiben, falls es im Parlament dafür eine Mehrheit gibt.

Ihre Schottische Nationalpartei (SNP) steuert am Samstag (08.05.2021) auf einen klaren Wahlsieg zu. Eine absolute Mehrheit galt als ungewiss. Gemeinsam mit den Grünen sollte es im Parlament jedoch zu einer Mehrheit der Unabhängigkeitsbefürworter reichen. Der britische Premierminister Boris Johnson lehnte ein neues Referendum abermals ab. 

+++ 12.40 Uhr: Das Ergebnis der Parlamentswahl in Schottland gilt als richtungsweisend für die Zukunft von Schottland und UK. Die schottische Nationalpartei SNP hofft auf eine Mehrheit, um Argumente für ein weiteres Unabhängigkeitsreferendum bei der Zentralregierung in London vorbringen zu können. Die SNP möchte UK verlassen und der EU beitreten.

Eine alleinige Mehrheit der SNP ist zwar unwahrscheinlich. Allerdings wird erwartet, dass die Grünen über die Regionallisten einige Sitze gewinnen – genug für eine Pro-Unabhängigkeits-Mehrheit in Holyrood. Ein knappes Ergebnis wird am heutigen Samstag erwartet. Für eine Mehrheit braucht die SNP 65 von 129 Sitzen. Ein „illegales” Referendum hat Regierungschefin Nicola Sturgeon bereits ausgeschlossen.

Ihr stellvertretender Vorsitzender John Swinney fordert Boris Johnson dazu auf, zu akzeptieren, dass das bisherige Ergebnis der Auftrag für ein zweites Referendum zur Unabhängigkeit sei. „Das ist, wofür die Leute in Schottland gestimmt haben”, sagte er der BBC am Samstagmorgen. Der Premierminister müsse „Demokratie in Schottland unterstützen”. „Ich denke, wir werden zum Schluss der Wahl sehen, dass die Mehrheit der gewählten Mitglieder des schottischen Parlaments entschlossen ist, ein Unabhängigkeitsreferendum abzuhalten. Das ist ein fundamental demokratischer Aspekt”, so der schottische Politiker.

Schottland: Ergebnis könnte über Zukunft von Schottland und UK entscheiden

„Boris Johnson sollte die Demokratie in Schottland einfach akzeptieren”, fügte Swinney hinzu. Johnson hat ein weiteres Referendum jedoch erneut abgelehnt. Dem Daily Telegraph sagte er, dass es “unverantwortlich” und “rücksichtslos” sei. Doch Swinney hat angekündigt, mit der SNP die Schritte für eine Volksabstimmung einzuleiten. Swinney traut der britischen Regierung rechtliche Gegenmaßnahmen zu.

Schottland: Erste Ergebnisse der „wichtigsten Wahl der Geschichte“ – SNP kann Sitze dazugewinnen

Update vom Samstag, 08.05.2021, 06.50 Uhr: Die Schottische Nationalpartei SNP hofft zwei Tage nach der Regionalwahl in Schottland in einem engen Rennen weiterhin auf einen möglichst eindeutigen Wahlsieg. Am Samstag wird sich nach Ende der Auszählung aller Wahlbezirke entscheiden, ob die Pro-Unabhängigkeitspartei von Regierungschefin Nicola Sturgeon eine absolute Mehrheit erzielen kann. „Es gibt noch immer einen Pfad zur absoluten Mehrheit“, sagte der Wahlexperte John Curtice von der Universität von Strathclyde am späten Freitagabend dem Sender BBC. „Doch es ist ein sehr, sehr schmaler.“
 

Schottland: Erste Ergebnisse der „wichtigsten Wahl der Geschichte“ – SNP erlangt Sitze

+++ 22.55 Uhr: Die Chancen der SNP, eine Mehrheit im schottischen Parlament zu erreichen, haben sich gerade erheblich verringert. Zwei angestrebte Sitze, Eastwood und Dumbarton, konnten jeweils von der Conservative und der Labour Party gehalten werden. Jackson Carlaw konnte seine Führung in Eastwood sogar ausbauen. Im engsten Rennen Schottlands in Dumbarton gewann Jackie Bailie mit 1483 Stimmen vor der SNP. Die Konservativen sind in diesem Wahlbezirk weit abgeschlagen Dritter, was auf taktisches Wahlverhalten zugunsten der Unabhängigkeits-Gegner hindeutet. Eine alleinige Mehrheit der SNP ist somit unwahrscheinlich, aber noch möglich.

Im Bezirk Edinburgh Central konnte Angus Robertson von der SNP den konservativ gehaltenen Sitz der ehemaligen Parteivorsitzenden Ruth Davidson gewinnen. Auch der Sitz in Ayr ging von den „Tories“ an die SNP. Die Konservativen konnten Sitze im Süden Schottlands an der Grenze zu England verteidigen.

Schottland: Erste Ergebnisse der „wichtigsten Wahl der Geschichte“ – SNP kann weitere Sitze gewinnen

Die SNP hat bislang alle Sitze halten und drei gewinnen können. 48 von 129 Sitzen im schottischen Parlament stehen am Freitagabend fest: 39 SNP (+3), 4 Liberal Democrats, 3 Conservative (-2), 2 Labour (-1). Die Auszählungen werden am Samstagmorgen fortgesetzt.

Alex Salmond hat derweil die Hoffnung aufgegeben, mit seiner neuen Alba Party einen Sitz im schottischen Parlament zu gewinnen. Das Verhältnis zwischen dem ehemaligen Regierungschef und seiner Nachfolgerin Nicola Sturgeon sowie der SNP ist trotz des gemeinsamen Ziels der Unabhängigkeit tief zerrüttet.

Wahlbeteiligung bei den schottischen Regionalwahlen höher als bei der letzten Wahl

+++ 20.45 Uhr: Auch nach der Auszählung von gut 30 Wahlbezirken kann noch keine klare Prognose für den Ausgang der Regionalwahlen in Schottland vermeldet werden. Doch für die Pro-Unabhängigkeitspartei SNP unter der Führung von Regierungschefin Nicola Sturgeon sieht es momentan in Ordnung aus.

So hat die Schottische Nationalpartei (SNP) bereits mehr als zwei Dutzend ihrer bisherigen Sitze verteidigen können und sowohl den Konservativen als auch den Sozialdemokraten je ein Mandat abnehmen können. Regierungschefin Sturgeon konnte ihren Wahlkreis im Süden Glasgows mit einer klaren Mehrheit verteidigen.

Ein endgültiges Ergebnis wird für Samstag erwartet, die Wahlbeteiligung der als für die Unabhängigkeit Schottlands schicksalshaft prognostizierten Regionalwahl liegt gemäß Angaben der BBC bei rund 64 Prozent - eine Steigerung zur vorangegangenen Wahl.

+++ 17.45 Uhr: Willie Rennie, Vorsitzender der Scottish Liberal Democrats, kann seinen Sitz in North East Fife halten. „Jetzt ist nicht der Zeitpunkt für ein weiteres Referendum“, sagte Rennie. Diese Botschaft sollte bei allen Beteiligten „sehr, sehr deutlich“ ankommen. Die SNP wird mit 7.448 Stimmen Rückstand Zweiter.

+++ 17.20 Uhr: Im Bezirk Glasgow Southside kann Nicola Sturgeon (SNP) ihren Sitz halten. Scottish Labour-Vorsitzender Anas Sarwar wird mit 9.000 Stimmen Rückstand Zweiter.

Die Liberal Democrats verteidigen ihre Merheit neben Orkney auch in Shetland.

+++ 17.15 Uhr: Nicola Sturgeon glaubt, dass die SNP auf dem Weg zu einem „außergewöhnlichen Erfolg“ ist, zum vierten Mal in Folge stärkste Kraft zu werden. Eine Mehrheit ihrer Partei sei jedoch stets fraglich gewesen. Unabhängig vom Ausgang der Wahl sprach sie gegenüber der BBC von einem „echten Sieg für die Demokratie“. Derweil deutet sich ein Debakel für die neue Alba Party von Ex-SNP-Chef Alex Salmond an. Im ersten Ergebnis im Wahlbezirk Aberdeen Donside kam die Partei auf lediglich 2 Prozent – ein Anzeichen, dass es Salmond nicht ins Parlament in Holyrood schafft.

Die SNP kann weitere Sitze halten: Kilmarnock & Irvine Valley, Glasgow Anniesland, Falkirk East, Angus North & Mearns, Coatbridge and Chryston, Caithness, Sutherland and Ross vermelden einen Sieg der Nationalisten. In East Lothian gewinnt die SNP zudem den Labour-Sitz mit 1.179 Stimmen Unterschied.

Wahl in Schottland: Erste Ergebnisse treffen nun ein

+++ 16.10 Uhr: Die ersten Ergebnisse zur Parlamentswahl in Schottland treffen ein. Es zeichnet sich ab, dass die SNP erneut als stärkste Partei hervorgehen wird. Die Mehrheit in den Wahlbezirken Aberdeen Donside, Na h-Eileanan an Iar, Clydebank and Milngavie, Perthshire North, Dundee City West und Banff and Buchan konnte verteidigt werden. Überraschungen gab es bislang keine.

Die SNP ist zudem zuversichtlich, den Sitz in Ayr zu gewinnen, der seit der letzten Wahl von der Conservative Party vertreten wird. Professor Sir John Curtice, Wahlexperte der BBC, glaubt allerdings nicht, dass die Hochrechungen und Prognosen auf eine Mehrheit der SNP hindeuten, vor allem in Banff and Buchan konnten die Konservativen 11 Prozentpunkte dazugewinnen. Der Stimmanteil der SNP ging zurück. Zudem scheint in einigen Bezirken, wo sich enge Rennen abzeichnen, taktisch gegen die Nationalisten gewählt zu werden.

Auf den Orkney-Inseln bleiben die Liberal Democrats stärkste Kraft.

Parlamentswahl in Schottland 2021: In Glasgow werden die Stimmen seit Freitagmorgen ausgezählt.
Parlamentswahl in Schottland 2021: In Glasgow werden die Stimmen seit Freitagmorgen ausgezählt. © ANDY BUCHANAN/AFP

Parlamentswahl in Schottland: Nicola Sturgeon von rechtsextremer Politikerin konfrontiert

+++ 10.30 Uhr: Im Rahmen der schottischen Parlamentswahl ist es außerhalb eines Wahllokals in Glasgow zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen Regierungschefin Nicola Sturgeon (SNP) und der rechtsextremen Politikerin Jayda Fransen gekommen. Sturgeon bezeichnete sie als „Faschistin und Rassistin“, wie in einem Video zu hören ist.

Fransen, eine verurteilte Straftäterin, ging auf Sturgeon zu, die gerade von Parteikolleg:innen umgeben war und unterstellte ihr, das Land mit Immigranten zu „überfluten“. Die Erste Ministerin wollte sich nicht auf eine Diskussion einlassen, sagte kurz „Entschuldigung“ und schritt langsam davon. „Wofür entschuldigen Sie sich?“, fragte Fransen. „Massenimmigration, Marxismus? Ich bin keine Faschistin. Ich habe mit den Ansässigen gesprochen, die sagen, dass Sie eine absolute Schande sind.“

„Wir werden später sehen, was die Ansässigen denken“, entgegnete Sturgeon. Auch der Kameramann mischte sich ein und rief: „Ich bin ein stolzer Schotte und ich mag nicht, dass mein Land von Ihnen zu einem anderen Land gemacht wird“.

Wahl in Schottland: Rechtsextreme Politikerin konfrontiert Nicola Sturgeon

„Sie sind eine Faschistin und eine Rassistin“, sagte Sturgeon schließlich zu Fransen. „Glasgow Southside wird Sie ablehnen.“ Fransen verfolgte Sturgeon weiter: „Die anständigen Leute aus Schottland wollen nicht, dass ihr Land von Immigranten überflutet wird.“

Einem SNP-Unterstützer, der fragte, wer sie überhaupt sei, erklärte Fransen laut der Zeitung The Scotsman später: „Ich bin keine Faschistin, ich bin nur eine normale, anständige, unionistische Patriotin. Mein Großvater hat gegen die Nazis gekämpft.“ Als parteilose Kandidatin hat sich Jayda Fransen im gleichen Wahlbezirk (Glasgow Southside) zur Wahl aufstellen lassen wie Nicola Sturgeon. Von 2014 bis 2019 war Fransen stellvertretende Vorsitzende von „Britain First“, einer rechtextremen, anti-islamischen Partei, die nach eigenen Angaben „britische und christliche Werte verteidigen“ möchte. Zuvor pflegte sie Verbindungen zur „English Defence League“. Im März 2018 wurde sie wegen religiös motivierter Schikane zu 36 Wochen Haft verurteilt. Ihr Recht auf Meinungsfreiheit habe sie mit ihren verbalen Attacken gegen religiöse Gruppen überschritten.

Nicola Sturgeon vor den Wahlen in Schottland
Am Wahltag in Schottland wird Regierungschefin Nicola Sturgeon von einer rechtsextremen Politikerin konfrontiert. © Andy Buchanan/dpa

Parlamentswahl in Schottland: „Wichtigste Wahl der Geschichte“

Update vom 07.05.2021, 06:40 Uhr: Jetzt ist Geduld gefragt. Auf die mit Spannung erwarteten Ergebnisse der Parlamentswahl in Schottland müssen die Briten wohl noch bis Samstag warten Die regierende Schottische Nationalpartei SNP hofft auf eine absolute Mehrheit, um ihrer Forderung nach einem zweiten Unabhängigkeitsreferendum Nachdruck zu verleihen. Für eine Volksabstimmung ist die Zustimmung der Zentralregierung in London notwendig. Premierminister Boris Johnson lehnt das jedoch bislang ab.

Erstmeldung: Edinburgh – Am Donnerstag (6.5.2021) findet die sechste Wahl des schottischen Parlaments statt – und es ist wohl die wichtigste. Sie steht ganz im Zeichen der Frage nach Unabhängigkeit für Schottland, die die Regierung in Edinburgh um Nicola Sturgeon anstrebt. Die Wahl könnte dementsprechend langfristige Folgen für das gesamte Vereinigte Königreich haben.

Nicola Sturgeon
Nicola Sturgeon, Erste Ministerin von Schottland und Vorsitzende der SNP, möchte ein zweites Unabhängigkeitsreferendum. © ANDY BUCHANAN/AFP

Wahl in Schottland: Nicola Sturgeon will die Mehrheit und ein neues Referendum

Bei einem Referendum 2014 hatte noch eine Mehrheit von 55 Prozent für den Verbleib im Vereinigten Königreich gestimmt, allerdings hat sich die Gemütslage durch den Brexit, der nur wenige Jahre später beschlossen und vollzogen wurde, erheblich geändert. Nicola Sturgeon, Erste Ministerin von Schottland und ihre Scottish National Party (SNP) bekennen sich klar zu Europa. 62 Prozent der schottischen Bevölkerung hatten gegen den Austritt aus der EU gestimmt. Die linksliberal gesinnten Nationalisten der SNP nehmen das zum Anlass, auf „Indy Ref 2“, ein zweites Unabhängigkeitsreferendum und einen baldigen Wiedereintritt in die EU zu pochen. Sollte die SNP eine Mehrheit erreichen, wäre das für Sturgeon und ihre Partei eine Bestätigung der Legitimität eines erneuten Volksentscheids.

Generell fühlen sich viele Schottinnen und Schotten von London im Stich gelassen, in ihren Interessen nicht vertreten. Darüber hinaus werden die „Tories“ (Konservativen) um Boris Johnson für gesellschaftliche Probleme wie Armut, aber auch die verheerende Bilanz in der Corona-Pandemie und die Krise im Gesundheitssystem NHS verantwortlich gemacht. Johnsons Beliebtheitswerte sind im hohen Norden Großbritanniens entsprechend im Keller. Laut einer Umfrage des King‘s College in London und der University of Bristol misstrauen ihm rund 72 Prozent der Bevölkerung Schottlands. Umfragen zur Unabhängigkeit zeigen allerdings keine klare Tendenz.

Parlamentswahl in Schottland: SNP um Nicola Sturgeon will die Mehrheit erringen

Die SNP regiert in Schottland seit 2007, momentan mit einer Minderheit. Unterstützt werden sie von den Grünen. Ihr zentrales Wahlversprechen ist ein neues Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands. Diesen Plan hält Boris Johnson allerdings für „rücksichtslos und unverantwortlich“, wie der Premier am Mittwoch sagte. Ob er das Referendum im Fall einer Mehrheit der Separatist auch erlauben würde, wollte er nicht verraten: „Warten wir ab und schauen erst einmal, was tatsächlich passiert.“ Johnson betonte jedoch, dass Großbritannien geschlossen aus der Krise gehen sollte.

„Ich bitte die Leute, mich am Donnerstag erneut zur Ersten Ministerin zu wählen“, sagte Sturgeon im letzten TV-Duell der BBC vor der Wahl „Und wenn mich die Leute am Donnerstag wieder zu Ersten Ministerin wählen, dann werde ich am Montag wieder an meinem Schreibtisch im St. Andrew‘s House sitzen und die Entscheidungen treffen, um das Land durch die Pandemie zu leiten. Das ist meine Priorität.“ Erst dann sollten „alle Leute in Schottland entscheiden“, ob das Land unabhängig sein soll oder nicht. Diese Parlamentswahl sei die „wichtigste in der Geschichte Schottlands“, heißt es direkt im ersten Satz des SNP-Wahlprogramms.

Unterstützung gibt es von den schottischen Grünen. Ein unabhängiges Schottland würde der Bevölkerung die Chance auf Selbstbestimmung geben, die insbesondere nach der Corona-Pandemie wichtig sei, sagte der Co-Vorsitzende Patrick Harvie im TV-Duell. „Ich glaube nicht, dass wir uns diese Möglichkeit, unsere eigene Erholung gestalten zu können, entgehen lassen sollten.“

Schottland: Aktuelle Sitzverteilung im Parlament

ParteiSitze in Holyrood
Scottish National Party (SNP)61
Scottish Conservative & Unionist Party30
Scottish Labour23
Scottish Greens5
Scottish Liberal Democrats5
Reform UK1
Parteilos3
Sprecher des Parlaments1
gesamt129

Schottland wählt ein neues Parlament: Opposition will zweites Referendum stoppen

Eine Mehrheit der SNP und ein unabhängiges Schottland möchten vor allem die Konservativen um Douglas Ross verhindern. Der 38-jährige Vorsitzende der zweitstärksten Kraft im Parlament, der obendrein qualifizierter Fußballschiedsrichter ist, hatte Nicola Sturgeon im TV-Duell unterstellt, ein „illegales“ Referendum abhalten zu wollen, sollte Boris Johnson der Forderung nach solch einer Abstimmung nicht nachkommen. Die Regierungschefin sei zudem nur an Unabhängigkeit interessiert und nicht daran, Schottland aus der Krise zu führen. Sturgeon bestreitet das.

Douglas Ross (r.), Chef der Schottischen Konservativen und seine Vorgängerin Ruth Davidson beim Wahlkampf gegen die SNP in Stirling.
Douglas Ross (r.), Chef der Schottischen Konservativen und seine Vorgängerin Ruth Davidson beim Wahlkampf gegen die SNP in Stirling. © ANDY BUCHANAN/AFP

Nicht nur die Konservativen, auch die einst in Schottland dominierende Labour Party ist gegen eine Abspaltung vom Rest Großbritanniens. Anas Sarwar, der die Partei erst seit wenigen Monaten anführt und sich nach der übernächsten Wahl bereits als Erster Minister sieht, spricht sich dafür aus, die Union stark zu halten und gemeinsam in eine bessere Zukunft zu führen. Die Labour Party sei darüber hinaus die einzig „glaubwürdige Alternative“ zur SNP. Ähnliche Äußerungen kamen von Willie Rennie, dem Vorsitzenden der Liberal Democrats. Schottinnen und Schotten, die beispielsweise seit langer Zeit auf einen Therapieplatz warten oder verzweifelt nach einem Job suchen „verdienen etwas Besseres“ als die SNP und das dominante Thema der Unabhängigkeit.

Neues Parlament in Schottland: Wie funktioniert das Wahlsystem?

129 Sitze stehen am Donnerstag zur Wahl. Anders als bei den britischen Unterhauswahlen wird in Schottland nicht vom First-past-the-post, sondern von einem personalisierten Verhältniswahlrecht Gebrauch gemacht, ähnlich wie bei der Bundestagswahl in Deutschland. Jede:r Wähler:in hat zwei Stimmen. Die erste Stimme geht an einen Direktkandidaten oder eine Direktkandidatin. Die zweite Stimme geht an eine Partei, deren Kandidat:innen auf Regionallisten zusammengestellt werden. Das Wahlalter liegt seit 2015 bei 16 Jahren.

ParteiSpitzenkandidat:inPolitische Ausrichtung
Scottish National Party (SNP)Nicola SturgeonMitte-links/linksliberal; pro Unabhängigkeit; pro EU
Scottish Conservative & Unionist PartyDouglas RossKonservativ; gegen Unabhängigkeit
Scottish LabourAnas SarwarSozialdemokratisch; gegen Unabhängigkeit
Scottish GreensLorna Slater und Patrick HarvieMitte-links/linksliberal; pro Unabhängigkeit; pro EU
Scottish Liberal DemocratsWillie RennieLiberal; gegen Unabhängigkeit; Föderalismus
Alba PartyAlex SalmondPro Unabhängigkeit
Reform UKMichelle BallantyneRechtspopulistisch; pro Brexit; gegen Unabhängigkeit
All for UnityGeorge GallowayGegen Unabhängigkeit
Freedom AllianceCarol DobsonDevolution (Mehr regionale Selbstbestimmung); neutral bei Unabhängigkeit und Referendum
Scottish Family PartyRichard LucasGegen Abtreibung; traditionelle Ehe; neutral zur Unabhängigkeit
UKIPDonald MackayPro Brexit; gegen Unabhängigkeit; schottisches Parlament abschaffen
Scottish Libertarian PartyTam LairdLibertarismus
Abolish the Scottish ParliamentJohn MortimerAnti-Devolution; schottisches Parlament abschaffen

Pandemiebedingt und anders als bei vergangenen Wahlen werden die Stimmen nicht sofort ausgezählt, wenn die Lokale schließen, sondern erst ab Freitagmorgen (7.5.2021). Der Auszählungsprozess soll laut Wahlkommission zwei Tage dauern. Das Ergebnis wird entsprechend erst am Samstag feststehen und verkündet werden. Die Kompetenzen des schottischen Parlaments werden von der britischen Legislative in London übertragen und umfassen Bildung, Gesundheit, Landwirtschaft und Justiz.

  • Wahlregionen
  • Central Scotland
  • Glasgow
  • Highlands and Islands
  • Lothian
  • Mid Scotland and Fife
  • North East Scotland
  • South Scotland
  • West Scotland

Schottland wählt neues Parlament: Aktuelle Prognosen

Seit 2007 ging die SNP stets als Sieger der schottischen Parlamentswahl hervor. Das Ziel ist die absolute Mehrheit mit 65 Sitzen, die man 2016 verpasst hatte. Laut der Nachrichtenagentur Reuters deuten die meisten Umfragen im Schnitt darauf hin, dass die Nationalisten 64 Sitze gewinnen und eine Mehrheit knapp verpassen würden. Es dürfte also spannend werden. Die Grünen, die ebenfalls ein Referendum fordern, könnten etwa 10 Sitze gewinnen und dem Pro-Unabhängigkeit-Lager zur Mehrheit verhelfen. Die Konservativen werden wahrscheinlich erneut die zweitstärkste Kraft.

Für London wäre eine Mehrheit der SNP verheerend – und für Premierminister Boris Johnson „nichts Geringeres als ein Alptraum“, erklärt die politische Analystin Beth Rigby von Sky News. Die Zukunft der 300 Jahre währenden Union stünde auf dem Spiel. Es wäre ein Kampf, den Johnson „weder ignorieren kann noch verlieren darf“. „Gibt es ein schlimmeres Vermächtnis als der britische Premierminister zu sein, der die Union verloren hat?“, fragt Rigby. Sollte er dem zweiten Referndum nicht zustimmen, würde die Unzufriedenheit im Norden weiter wachsen. Den Gegner:innen schottischer Unabhängigkeit bleibt nun die Hoffung, dass die SNP nicht die Mehrheit holt, die sie noch bis 2016 hatte.

Die Statue des Duke of Wellington in Glasgow (Schottland) trägt ein EU-Verkehrshütchen auf dem Kopf.
Die Statue des Duke of Wellington in Glasgow (Schottland) trägt ein EU-Verkehrshütchen auf dem Kopf. © ANDY BUCHANAN/AFP

Einige Fragen würden im Fall der Unabhängigkeit offen bleiben. Zum Beispiel bei der Währung: Sturgeon erklärte im TV-Duell, dass man „so lange wie nötig“ am Pfund Sterling festhalten werde. Auf lange Sicht werde man eine schottische Währung einführen, wenn die „ökonomischen Bedingungen“ stimmen. Zweifel gibt es zudem an der wirtschaftlichen Stärke und „Überlebensfähigkeit“ Schottlands. Auch eine harte Grenze zwischen Schottland und England droht dann zum Problem zu werden.

Schottland: Neue Partei von Ex-SNP-Chef Alex Salmond tritt zur Wahl an

Brisanz in die Wahl bringt eine neue Partei von Alex Salmond. Neun Frauen hatten dem ehemaligen SNP-Chef und Vorgänger von Nicola Sturgeon als Erster Minister sexuelle Belästigung oder versuchte Vergewaltigung während seiner Amtszeit vorgeworfen. Im März 2020 sprach ihn ein Gericht jedoch frei. Beide streben die Unabhängigkeit an, die neue „Alba Party“ könnte auch einige Mandate gewinnen, doch das Verhältnis zwischen Salmond und Sturgeon ist zerrüttet. Salmond hatte der Regierung „Versagen“ vorgeworfen und zog gegen die Disziplinaruntersuchung der SNP vor Gericht. Die Opposition warf Sturgeon vor, das Parlament dabei belogen zu haben. Laut Gutachten habe man kein Fehlverhalten der Regierungschefin feststellen können.

Alex Salmond bei einer Pressekonferenz der „Alba Party“.
Alex Salmond geht mit der neuen „Alba Party“ in die schottische Parlamentswahl. © MICHAL WACHUCIK/AFP

Sturgeon verweigerte Salmond bereits jegliche politische Zusammenarbeit, sollte sich der ehemalige SNP-Chef nicht bei den Frauen entschuldigen, die ihm Fehlverhalten vorwerfen. Auch von den Grünen gab es Kritik an der Alba Party. Co-Vorsitzende Lorna Slater sprach im Interview mit der BBC von einer „Partei, die von einem missmutigen Ex-Minister als Teil einer Vendetta gegen unsere Erste Ministerin zusammengewürfelt wurde“.

Die Alba Party hält Unabhängigkeit für eine „sofortige Notwendigkeit“. Die Partei wolle Schottland in eine „sozial gerechte und ökologisch verantwortliche“ Nation wandeln.

Das schottische Parlamentsgebäude in Holyrood, Edinburgh.
Das schottische Parlamentsgebäude in Holyrood, Edinburgh. © ED JONES/AFP

Wahl in Schottland: Welche Sitze die SNP gewinnen will

Vor allem aus diesen Wahlbezirken möchte die SNP siegreich hervorgehen. Bei der letzten Parlamentswahl 2016 fiel das Ergebnis äußerst knapp aus.

WahlbezirkSieger 2016
DumbartonLabour
Edinburgh CentralConservative
AyrConservative
Aberdeenshire WestConservative
East LothianLabour
Edinburgh SouthernLabour
DumfriesshireConservative
EastwoodConservative
Galloway and West DumfriesConservative
Edinburgh WesternLiberal Democrats

Neben Schottland wählen auch England und Wales. In England sind es Kommunalwahlen. Der Vorsprung der Konservativen auf die Labour Party ist laut der Nachrichtenagentur PA geschrumpft. Umfragen versprechen zudem einen Erdrutschsieg für Londons amtierenden Bürgermeister Sadiq Khan (Labour). In Wales steht das Regionalparlament zur Wahl. Mit dem Brexit folgen dort wirtschaftliche Probleme – der Rückhalt für den Verbleib von Wales im Vereinigten Königreich schwindet. (Lukas Rogalla)

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