Schumann, Robert
Cello Concerto / Works for Cello & Piano
Raphael Wallfisch (Violoncello), John York (Klavier), Südwestdeutsches Kammerorchester Pforzheim, Ltg. Niklas Willén
Schumanns Cellokonzert im Pocket-Format? Dies wäre keine zutreffende Beschreibung, denn selbstverständlich bleibt in der hier eingespielten Version die kompositorische Substanz unangetastet. Anstelle eines Sinfonieorchesters ist lediglich ein Streichorchester zu hören. Der Schweizer Komponist Arthur Lilienthal hat die Fassung im Auftrag des Solisten Raphael Wallfisch erstellt. Gewiss: Die Bläserfarben in den drei einleitenden Akkorden (und nicht nur dort) gehen uns schmerzlich ab. Schnell indes haben wir uns in die neue Klanglichkeit eingehört und nehmen sogar manche Passage, die in der gewohnten Orchestrierung Gefahr läuft, dick zu geraten, in neuer Transparenz wahr.
Es lassen sich gute Argumente finden, die einer Adaption gerade dieses Konzerts für reduziertes Orchester (vgl. die Rezension der Streicherfassung von Markus Höring in: das Orchester 10/2013, S. 76) Vorschub leisten: Gegenüber seinem Verleger äußerte der Komponist die Idee, daß es vielleicht zum Vortheil sein würde, wenn man ein Saitenquartettarrangement ausarbeitete, auf daß man es auch in Privatkreisen ausführen könnte. Auf diese Weise gedachte Schumann, das komplexe, für den Solisten höchst anspruchsvolle Werk Kennern und Liebhabern zugänglich zu machen. Zur Quasi-Autorisierung durch den Komponisten tritt aus heutiger Sicht der Blick auf das schmale Cellorepertoire und der berechtigte Wunsch nach dessen Erweiterung. Cellokonzerte, die mit kleinbesetztem Orchester ausführbar sind und nicht aus dem 18. Jahrhundert stammen, sind Mangelware. Und noch ein weiteres Argument kommt hinzu: Balanceprobleme zwischen Soloinstrument und Orchester in der sinfonischen Fassung gelegentlich ein Thema dürften hier kaum auftreten.
Raphael Wallfisch spielt den Solopart mit aller gebotenen Verve, wobei die Tonfärbung gelegentlich ein wenig rau gerät. Kleine Intonationsschwächen in den hohen Passagen und ein unflexibles (meist sehr weites) Vibrato trüben den insgesamt durchaus positiven Gesamteindruck. Hier spielt ein guter, vor dem Hintergrund enormer Konkurrenz heutiger Tage allerdings nicht überragender Solist.
Ergänzt wird die Aufnahme durch Schumanns Gesammelte Werke für Cello und Klavier: die (in der Tat für Cello komponierten) Stücke im Volkston op. 102, die von Cellisten gern adoptierten Fantasiestücke op. 73 sowie das Adagio und Allegro op. 70. Auch hier hören wir ein eher massiges, durch antiquierte Ausdrucksgesten (Glissandi, Portamenti) angereichertes Cellospiel. Warum Wallfisch die vertrackte Doppelgriffpassage im dritten Volkston-Stück zunächst nach unten oktaviert spielt, bleibt sein Geheimnis. Verdrießlich stimmen zwei weitere Werke auf der gut gefüllten CD: eine Bearbeitung der Oboen-Romanzen op. 49 deren Schlichtheit jede Ausführung durch vibratofähige Instrumente verbieten sollte und Adaptionen zweier Lieder aus dem Eichendorff-Liederkreis op. 39, arrangiert vom Klavierbegleiter John York: So gespielt, mutiert die Mondnacht zum Salon-Kitsch.
Gerhard Anders