Hollywood-Star wird 60: Nicolas Cage: «Ich wusste nicht, wie damit umgehen» | blue News

Hollywood-Star wird 60 Nicolas Cage: «Ich wusste nicht, wie damit umgehen» 

Von Marléne von Arx, Los Angeles

1.1.2024

Nicolas Cage ist Anfang Januar 2024 für einen Golden Globe nominiert. Der Schauspieler feiert am 7. Januar gleichzeitig auch noch seinen 60. Geburtstag.
Nicolas Cage ist Anfang Januar 2024 für einen Golden Globe nominiert. Der Schauspieler feiert am 7. Januar gleichzeitig auch noch seinen 60. Geburtstag.
IMAGO/ABACAPRESS

Hollywood-Star Nicolas Cage spricht im Interview mit blue News über seine Träume, seiner «Memefizierung» und über die Rolle, die er sicher kein zweites Mal spielen würde.

Von Marléne von Arx, Los Angeles

1.1.2024

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Nicolas Cage wird am 7. Januar 2024 60 Jahre alt.
  • Im Interview mit blue News spricht er darüber, was er in dieser Zeit als Schauspieler gelernt hat.
  • Der Hollywood-Star erklärt ausserdem, wozu ihn das Internet und die Meme-Kultur inspiriert hat.

Comeback mit 60: Nicolas Cage wurde für die surreale Komödie «Dream Scenario», in der er als passiver Beobachter in den Träumen seiner Mitmenschen erscheint und so zum Star wird, für einen Golden Globe nominiert.

Es ist die erste grosse Anerkennung in Hollywood seit zwanzig Jahren. Ob er gewinnt, wird der Schauspieler am 7. Januar, seinem 60. Geburtstag, erfahren. 

Nicolas Cage, sind Sie ein Träumer?

Ja, ich hatte immer Träume. Als ich klein war, waren es oft Albträume. Aber ich wusste, wie mit ihnen umzugehen, denn sie sind wie Geschenke: Ich hatte Träume von Flugzeugabstürzen. Ich verstand durch sie die Leute besser, die davon betroffen waren. Manchmal hilft mir ein Gefühl aus einem Traum auch am nächsten Tag bei der Arbeit.

Glauben Sie, Träume haben eine tiefere Bedeutung?

Der Fantast in mir will an eine tiefere Bedeutung glauben, der Wissenschaftler hingegen nicht. Aber ich mag die Magie der Träume.

In «Dream Scenario» erscheinen Sie den Leuten in ihren Träumen. Wenn Ihnen ein Jahr lang jemand im Traum erscheinen würde: Mit wem würden Sie die Zeit am liebsten verbringen?

Ich wüsste niemanden, mit dem ich ein ganzes Jahr verbringen wollte, ausser mit meiner Tochter, meinen Jungs und meiner Frau. Die Leute, die ich liebe halt.

Wie ordnen Sie die surreale Satire in Ihrem Werk ein?

Es war eines der fünf besten Drehbücher, die ich je gelesen hatte. Die anderen vier sind «Raising Arizona», «Leaving Las Vegas», «Vampire’s Kiss» und «Adaptation». Ich mache das jetzt seit 42 Jahren und wusste sofort, diesen Film muss ich machen. Ich sehe zwar selber nicht aus wie Paul im Film, rede oder gehe auch nicht wie er, aber mir ist etwas passiert, dass mich sehr an ihn erinnerte.

Nämlich?

Ich machte eines Morgens den Fehler und googelte mich. Es muss 2008 oder 2009 gewesen sein. Da fand ich diese Mash-up-Videos «Nic Cage loses his Sh…», na ja, sie wissen schon was. Es waren ausgewählte Ausraster-Momente von Figuren, die ich gespielt hatte, ohne den Zusammenhang, wie sie dazu kamen. Ich wurde «memefiziert», wie ich es nenne. Ich konnte es nicht stoppen und nicht kontrollieren. Es wuchs und wuchs. Es gab sogar T-Shirts! Ich wusste nicht, wie damit umgehen.


Der Duden gib als eine Definition für «Meme» folgende Erklärung: «(interessantes oder witziges) Bild, Video o. Ä., das in sozialen Netzwerken schnell verbreitet wird». 


Das konnten Sie also hier anwenden …

Genau, ich wollte emotional verarbeiten, was mir mit diesen Mash-ups passiert war. Meine Arbeit soll persönlicher werden. Ich will Figuren finden, in die ich meine Lebenserfahrung einfliessen lassen kann. Die ich formen und fühlen kann, ohne dabei zu viel spielen zu müssen. Das war hier so. Ausserdem: Wenn man Filme über Träume macht, hebelt man die Physik des Erzählens aus. Ich bin ein Fan von japanischen Horrorfilmen wie «Rangoon» oder «The Grudge», die eine Traum-Logik haben. Damit wollte ich experimentieren. Sie sehen: Ich habe mir viel überlegt.

Paul wird prominent, was sich schliesslich als Albtraum erweist. Was halten Sie von der Entwicklung, in der Menschen in kurzer Zeit zum Internet-Star aufgebaut oder zerstört werden können?

Als Schauspieler hört man oft, dass man damit rechnen muss. Aber als ich Schauspieler wurde, dachte ich an Leute aus den Vierzigerjahren wie James Cagney. Mobile Telefone gab es keine. Ich muss mich also an die virale Welt, die nicht Teil meines Plans war, zuerst gewöhnen. Der Graphic-Novellist Alan Moore schreibt in «The Watchmen»: «Dieses Jahr wird Information so schnell verbreitet, dass wir uns dabei alle in Dampf auflösen». Keine Ahnung, was das bedeutet, aber was für ein Gedanke! Wir leben alle in einem technologiebedingten Prozess des Wandels und Jungischen kollektiven Unbewusstseins.

Was sagt der Film über Cancel Culture aus?

Das kam mir gar nicht in den Sinn, als ich zusagte. Ich fand faszinierend, dass die Technologie das kollektive Unterbewusste gleichschaltete. Aber ich bin ein grosser Verfechter der Idee, dass das Publikum immer recht hat. Was immer die Zuschauer*innen sehen: Sie irren sich nicht.

Hat das ganze «Memefiziert werden» auch etwas Positives?

Ich habe Freundschaft mit den Memes geschlossen. Die alte Garde im Filmbusiness hat mich längst schubladisiert und verkalkt. Ausser vielleicht Werner Herzog. Es sind nun die Jüngeren, die mich durch diese Mash-ups kennen und mein Potenzial sehen. Deshalb sage ich zu Regisseuren demütig: «Du bist halb so alt wie ich, doppelt so intelligent, du hast eine bessere Ahnung von der Vision, hier ist die Fernbedienung, drück die Knöpfe und ich gehe, wohin du mich leitest.»

Letztes Jahr spielten Sie sich in «The Unbearable Weight of Massive Talent» selber. Wie war das für Sie?

Das war mit Abstand die Rolle, die mir in 40 Jahren am meisten Angst gemacht hat. Wir Schauspieler wollen uns hinter Figuren verstecken, nicht solche spielen, die unseren Namen tragen. Ich würde auch nie Karriere vor die Familie stellen, aber die Filmemacher meinten, sonst hätten wir ja keine Story. Ich machte mich über mich selber lustig. Zum Glück hatte die Geschichte Herz, aber so was werde ich sicher nicht mehr machen. Es wird kein «Massive Talent 2» geben.

Ihr Vater war ein Literatur-Professor. War er Ihr Vorbild für die Rolle von Paul in «Dream Scenario»?

Ich wollte Paul als guten Professor spielen – einer, der eine Verbindung zu seinen Studenten herstellen wollte. Mein Vater liebte seine Studenten und die Idee, sie in ihrer Fantasie und Kunst zu ermutigen. Er war aber auch frustriert, was den Wettbewerb an Hochschulen angeht. Was die Konkurrenz betrifft, ist Sport nichts im Vergleich zur Welt der Akademiker! Wie viele tiefsinnige Denker konnte er die Leute beim gesellschaftlichen Zusammensein auch verlieren oder vertreiben.

Wie sehen Sie sich selber als Lehrperson?

Ich sehe mich eher als Student. Ich würde mich nie «Master» oder Professor nennen. Wenn man meine Filmografie ansieht, hat es da zum Beispiel Abenteuerfilme darunter, in denen ich nichts verloren hatte, wie einige fanden. Ich sah es einfach als Möglichkeit, etwas Neues zu lernen. Wenn ich also etwas lehren würde, dann, wie man ein Student ist.

Am 7. Januar werden sie 60 Jahre alt. Was hat der Student Nicolas Cage als Schauspieler über die Jahre gelernt?

Ich kann heute meine Emotionen schneller abrufen. Ein, zwei Takes und ich bin da. Das ist erst seit etwa zehn Jahren so. Vorher musste ich Erinnerungsübungen machen und mich endlos im Kreis drehen, um sie zu finden.


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