Altmaier stellt sich bei „Markus Lanz“ auf die Seite der Klimakleber
  1. Startseite
  2. Politik

Ausgerechnet Altmaier stellt sich bei „Markus Lanz“ auf die Seite der Klimakleber

KommentareDrucken

Cem Özdemir und Peter Altmaier sind gute Freunde und teilen ihre Liebe für gutes Essen. Die Regierung bekommt vom Ex-Wirtschaftsminister trotzdem ihr Fett weg. 

Hamburg - Als Markus Lanz am Dienstagabend Cem Özdemir (Grüne) und Peter Altmaier (CDU) anmoderiert, dabei ihre Freundschaft beschreibt, drehen beide immer wieder den Kopf zur Seite, schauen sich gegenseitig kurz an und verfallen in geniertes Lächeln. „Wer so gerne isst wie Peter Altmaier, der kann gar kein schlechter Mensch sein“, zitiert Lanz den Wirtschaftsminister Özdemir.

Als Markus Lanz auf den seit Beginn der Regierungszeit schwelenden Streit zwischen SPD, Grünen und FDP zu sprechen kommt, fragt er, „warum sehen viele bei den Grünen plötzlich rot?“ Altmaier geht darauf nicht ein, antwortet dafür allgemein gehalten: „Wer Politik macht, wer Entscheidungen trifft, der macht auch Fehler.“ Allerdings stellt er die Forderung an die Regierung, dass diese „ehrlich zusammenarbeiten“ soll. Die FAZ-Journalistin Julia Löhr bestätigt auf Nachfrage von Lanz, dass das politische Klima noch nie so verhärtet gewesen sei: „Diese Debatte um das Heizungsgesetz ist in der Tat etwas, das ich so auch noch nicht erlebt habe. Eines der Probleme ist, dass die aktuelle Regierung - und speziell Herr Habeck - den zweiten Schritt vor dem ersten macht.“ Die Konflikte zwischen Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) bezeichnet Löhr als „Kampf der Egos“.

Markus Lanz – Diese Gäste diskutieren mit am 6. Juni:

  • Cem Özdemir (Grüne) – Landwirtschaftsminister
  • Julia Löhr – Redakteurin bei der Frankfurter Allgemeine Zeitung
  • Peter Altmaier (CDU) – Ex-Wirtschaftsminister
  • Christian Mölling – Militärexperte
  • Daniel Bachmann – Bauingenieur

Landwirtschaftsminister Özdemir strafte Löhr bei Markus Lanz im ZDF mit scharfen Blicken ab und dementierte ihre Sicht der Dinge. Vielmehr sei es so, dass die Koalition gezwungen sei, „ein paar Sachen zu ändern, um die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt zu bleiben“. Es seien „klare Maßnahmen“ nötig, um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu halten. Man dürfe sich nicht „zurücklehnen und nichts tun“. Und dann folgt eine Breitseite gegen Kumpel Altmaier: „Davon hatten wir ja genug und das hat dem Land nicht gutgetan.“

Altmaier: Leute haben Angst um ihre Besitzstände

Altmaier übt zwar auch Kritik an der Ampel-Koalition, allerdings betont zurückhaltend. Ihm sei wichtig, dass die Diskussion „nicht persönlich wird“. Der ehemalige Wirtschaftsminister sagt: „Die Leute haben Angst um ihre Besitzstände und ihre Lebensleistung. Gerade die Mittelschicht ist wegen des Heizungsgesetzes besorgt.“ Trotzdem ist Altmaier sehr auf Harmonie bedacht. Er sagt, dass die Debatte nicht zu einer „politischen Spaltung“ führen dürfe: „Man muss seinen politischen Gegner immer in seiner Würde respektieren.“ Ein ebenso wohlklingender wie nichtssagender Satz. Konkreter wird Altmaier mit Blick auf den wachsenden Zuspruch der AfD. Die Wähler am rechten Rand hegten Zweifel daran, dass Robert Habeck zum Wohle des Landes und seiner Bürger arbeite. Dies sei auch ein Resultat der persönlich geführten politischen Debatte.

Die Ex-Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) spricht bei „Markus Lanz“ über die industriepolitische Lage in Deutschland sowie über die Gefahr von Wohlstandsverlusten und einer weiteren Spaltung der Gesellschaft.
Die Ex-Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) spricht bei „Markus Lanz“ über die industriepolitische Lage in Deutschland sowie über die Gefahr von Wohlstandsverlusten und einer weiteren Spaltung der Gesellschaft. © Markus Hertrich/ZDF

FAZ-Redakteurin Löhr über Wohnungsnot und Inflation: Fass läuft irgendwann über

Löhr erachtet es zwar als nicht verwunderlich, dass es zwischen drei Parteien mehr Reibung gibt als bei einem Zweier-Bündnis. Im Ergebnis pflichtet sie Altmaier bei und fügt an, dass es weitere Aspekte gibt, welche die Menschen verunsicherten: zu wenig Wohnungen, zu wenig Kita-Plätze, dazu noch die Inflation und der Krieg. „Dann ist das Fass für einige irgendwann übergelaufen.“ Sobald es die Menschen direkt betreffe, seien diese sehr sensibel.

Überraschend ergriff Altmaier Partei für die sogenannten „Klimakleber“ der „Letzten Generation“: „Wir können gar nicht klar genug sagen, dass die Klimakleber gegen Gesetze verstoßen und das geahndet werden muss. Aber dann können wir doch nicht sagen, wenn wir als Politiker ein Gesetz umsetzen müssen, interessiert es uns nicht.“ Özdemir stimmte dem zu, was Lanz ein Lachen abverlangte: „Das ist so ungefähr die Position von Luisa Neubauer letzte Woche.“

Özdemir kritisiert Altmaier: Hätte heute an einem anderen Punkt sein können

Löhr lässt es sich aber nicht nehmen, entgegen Altmaiers Wunsch, dann doch persönlich zu werden: „Wenn Sie als Minister der Klimaschützer gewesen wären, als der sie sich hier so präsentieren, dann hätten wir viele der Diskussionen nicht, die wir heute führen.“ Damals habe niemand über Heizungen gesprochen. Klimaschutz habe so ausgesehen, dass man Zahlen in Gesetze hineingeschrieben habe. Wenig überraschend widerspricht der CDU-Politiker dieser Auffassung: „Man kann der Regierung, der ich angehört habe, vieles vorwerfen. Aber nicht, dass man im Jahr 2005 oder 2006 nicht die Ziele umgesetzt hat, die wir uns alle in der Welt oder in Europa erst 2020 oder 2021 gesetzt haben.“ Cem Özdemir schaut verdutzt und hält dem entgegen: „Wir wären heute an einem anderen Punkt, hätte man damals mit dem Atom-Ausstieg gleichzeitig den Einstieg in erneuerbaren Energien und den Ausbau der Netze angepackt.“

Markus Lanz – Das Fazit der Sendung

Endet die Sendung nun mit einer persönlichen Krise zwischen Özdemir und Altmaier? Nein, sicher nicht. Es heißt zwar, in der Politik sei kein Platz für wahre Freundschaften. Den beiden kauft man es aber ab. Trotzdem werfen beide nicht bloß mit Wattebäuschen, sondern kritisieren die Politik des anderen. Dank der FAZ-Journalistin Julia Löhr wird manche Spitze gesetzt, die zur Belebung der Diskussion beiträgt. Für den größten Knaller sorgt Altmaier, als er die sogenannten „Klimakleber“ verteidigt. (Christoph Heuser)

Auch interessant

Kommentare

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

wir erweitern den Kommentarbereich um viele neue Funktionen. Während des Umbaus ist der Kommentarbereich leider vorübergehend geschlossen. Aber keine Sorge: In Kürze geht es wieder los – mit mehr Komfort und spannenden Diskussionen. Sie können sich aber jetzt schon auf unserer Seite mit unserem Login-Service USER.ID kostenlos registrieren, um demnächst die neue Kommentarfunktion zu nutzen.

Bis dahin bitten wir um etwas Geduld.
Danke für Ihr Verständnis!