Vinted: Ein zweites Leben für Secondhand | Burda News
Vinted
08.05.2024

Ein zweites Leben für Secondhand

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Es ist das Jahr 2008 und der Kleiderschrank von Milda Mitkute ist voll. Zu voll: Über einhundert ungetragene Teile hängen darin. Als die 22-Jährige in die litauische Hauptstadt Vilnius umziehen will, werden die Unmengen an Klamotten zum Problem. Zufällig lernt Milda auf einer Party den Programmierer Justas Janauskas kennen und erzählt ihm von ihrem übervollen Kleiderschrank. Gemeinsam beschließen die beiden, eine Website anzulegen, über die Menschen wie Milda überschüssige Kleidung verkaufen können. Vinted ist geboren, damals noch unter dem Namen Manu Drabuziai, auf Deutsch „Meine Kleidung“. 

Circular Economy – was ist das? 

2015 investiert Burda erstmals in das junge Unternehmen, über seinen Wachstumskapitalarm BurdaPrincipal Investments (BPI). Second-Hand ist zu dieser Zeit eher ein Randphänomen, die "Circular Economy”, ein Wirtschaftssystem, das in Kreisläufen denkt und Rohstoffe verantwortungsvoll nutzt, noch in den Anfängen. „Trotzdem waren wir überzeugt, dass nachhaltiger Konsum weiter an Popularität gewinnen wird und Vinted mit seinem spezialisierten Marktplatz für gebrauchte Kleidung große Erfolgschancen hat“, sagt Christian Teichmann, CEO von BPI

Die Vision droht zu scheitern 

Doch von Erfolg ist zunächst wenig zu sehen. Nach einem gelungenen Start in seinem Heimatland Litauen und schnell wachsenden Userzahlen, expandiert Vinted nach Deutschland, unter dem Namen „Kleiderkreisel“. Die Idee für die Expansion ist wieder ein Zufall, wie damals auf der Party: Justas, der Programmierer, trifft zwei Frauen aus München, die in seiner Wohnung Couchsurfing machen. Sie sagen ihm, Deutschland brauche auch so eine Plattform. 

Das Problem damals: Es gibt kaum Einnahmen, die Kosten der Plattform explodieren. Deshalb führt das Unternehmen in Deutschland eine Gebühr ein für den Verkauf von Kleidungsstücken über die Plattform. Was als Rettung des Start-ups geplant ist, endet im Desaster. Nutzer:innen wenden sich von der Plattform ab, die Reichweite bricht ein. 

Burda stärkt Vinted den Rücken 

„Ich erinnere mich an den Anruf eines Investors, der mir mitteilte, er würde keinen Cent mehr in dieses Unternehmen investieren”, so Teichmann.  „Vinted steckte in der Krise und brauchte dringend eine Neuausrichtung.“ Gleichzeitig habe die Plattform bereits bewiesen, dass der Verkauf gebrauchter Mode einen Nerv traf, Käufer und Verkäufer Vinted nicht nur einmalig nutzten, sondern immer wieder kamen. „Deshalb kam es für uns nicht in Frage, unsere Anteile zu verkaufen. Stattdessen halfen wir den Gründern einen neuen, erfahrenen CEO zu finden, der das Start-up weiterentwickeln konnte.” 

Die Wahl fällt auf den Niederländer Thomas Platenga, bis heute CEO von Vinted. Er führt radikale Veränderungen durch: Die Hälfte der Mitarbeiter:innen muss gehen, die Servicegebühr wird abgeschafft, dafür kommt eine deutlich niedrigere Abgabe für Käufer. “Die wichtigste Veränderung durch Thomas Platenga war, den Fokus nicht mehr nur auf die Käufer, sondern die Verkäufer zu legen. Das hat für Vinted die entscheidende Wende herbeigeführt”, erklärt Teichmann.  

Der Durchbruch 

In den folgenden Jahren kehren die User:innen zu Vinted zurück, die Plattform wächst und expandiert in weitere Länder. Secondhand wird vom Randphänomen zum Trend, und Vinted ist einer der Vorreiter. 2019 wird Vinted in einer neuen Finanzierungsrunde – wiederum mit Beteiligung von Burda – zum ersten litauischen Unicorn, also einem Start-up, das mit mehr als einer Milliarde Euro bewertet wird. Mittlerweile ist aus der „Partyidee“ Vinted die größte Onlineplattform für Secondhand-Mode in Europa geworden, mit Nutzer:innen in 20 Ländern. 

Die Erfolgsstory geht weiter 

Vor wenigen Tagen dann ein weiterer Meilenstein: Für 2023 meldet Vinted erstmalig einen Nettojahresgewinn. Durch den Zusammenschluss mit Rebelle bietet die Plattform nun verstärkt Secondhand-Luxusmode an und hat sein Angebot auf Firmenkunden erweitert. Die Erfolgsgeschichte des einst vom Scheitern bedrohten Unternehmens ist also noch lange nicht zu Ende. 

Gleichzeitig zeigt Vinted, wie zerbrechlich und unplanbar der Erfolg von jungen Unternehmen ist: Wäre der Verkauf gebrauchter Sachen auf Vinted ohne Corona-Pandemie zu einem solchen Trend geworden? Und wo stünde die Plattform heute, hätte die Debatte um den Klima-Fußabdruck von Kleidung nicht deutlich an Fahrt aufgenommen? 

Fest steht: Ohne Investoren, die auch in schlechten Zeiten an der Seite junger Unternehmen stehen, kann auch die beste Idee scheitern. „Dank Burda konnten wir auch in schwierigen Zeiten weitermachen, das hat unser Unternehmen gerettet“, ist Vinted-CEO Thomas Platenga bis heute dankbar. 

Das Beste am Scheitern? 

Christian Teichmann ist davon überzeugt, dass der Blick in den Abgrund Vinted so erfolgreich gemacht hat. “Die Gründer waren damals gezwungen, Platz für einen neuen, erfahrenen CEO zu machen und gravierenden Veränderungen zuzustimmen. Damit wurde der Weg für den heutigen Erfolg von Vinted geebnet.” 

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