Rezension - Alice Oseman - Loveless (Buch) - booknerds.de

Alice Oseman – Loveless (Buch)


Alice Oseman - Loveless - Cover  © 2022 Loewe Verlag GmbH

Alice Oseman – Loveless

Georgia ist 18 Jahre alt, war noch nie verliebt und hat liebestechnisch noch so was von überhaupt keine Erfahrungen gemacht. Diesen höchstpeinlichen Umstand möchte sie mit Beginn eines neuen Lebensabschnitts, dem Eintritt ins College, schleunigst ändern – denn welcher normale Teenager ist mit 18 noch ungeküsst? Doch schon bald muss Georgia feststellen, dass das alles gar nicht so einfach ist, wie sie es sich vorgestellt hat.

Alice Oseman, Autorin queerer Jugendbücher, unter anderem der erfolgreichen Heartstopper-Reihe, hat sich mit „Loveless“ einem Thema und gleich zwei Orientierungen verschrieben, über die noch viel zu wenig bekannt ist und die viel komplexer sind, als man es annehmen könnte.

Allein der Titel ist schon ein Hinweis darauf: Asexualität ist nicht gleich „liebeslos“, es ist auch nicht gleich „sexlos“. Asexualität und Aromantik sind nicht dasselbe und gehen auch nicht zwangsläufig Hand in Hand und asexuell ist nicht gleich asexuell.
Es ist einiges, dem sich Alice Oseman da widmen muss und dennoch hat man beim Lesen nicht den Eindruck, dass sie damit überfordert ist. Sie schildert Situationen, die Betroffene nur allzu gut kennen, unangenehme Partyspiele, Gespräche, bei denen man nicht mitreden kann und will, das Unverständnis und Unwissen anderer Menschen, das Mitleid, das Entsetzen und der Hass, der asexuellen und aromantischen Personen auch in der eigenen Community entgegenschlagen kann.

Feinfühlig geht die noch sehr junge Autorin auf diese Themen und Georgias Innenleben ein, lässt ihre Gedanken, Zweifel und Ängste zu Wort kommen, die Gefühle, die man als betroffene Person durchlebt, in einer Welt, in der alle so genau zu wissen scheinen, „wie es geht“ und wie man sich als heranwachsender Mensch zu verhalten hat, welche Erfahrungen man zu machen hat.

„Ich wusste, wie es war, sich schlecht zu fühlen, weil man noch nie jemanden geküsst hatte. Und sich dazu gedrängt zu fühlen, weil alle anderen es taten. Weil man sonst komisch wäre.“

„Loveless“ zeigt auf, dass dies nicht so einfach ist und dass nicht für alle die gleichen gesellschaftlich auferlegten Erwartungen so funktionieren, wie es Medien vermitteln und dass auch nicht alle sich diesen Erwartungen beugen wollen und können. Es zeigt auf, dass es viele verschiedene Möglichkeiten gibt, ein glückliches und erfülltes Leben zu führen und dass Liebe nicht zwangsläufig „die richtige Person für den Rest des Lebens finden“ bedeuten muss.

Das Buch lässt eine Community zu Wort kommen, die viel zu oft nicht beachtet und stigmatisiert wird, ohne zu sehr mit dem erhobenen Zeigefinger zu wedeln. Es lässt Georgia Fehler machen, über ihre eigenen Erwartungen stolpern und die ein oder andere qualvolle Erfahrung durchleben. Die Geschichte lässt Georgia reifen und führt sie langsam auf den Weg zu sich selbst. Es ist eine ganz eigene Art des Heranwachsens, des Älterwerdens, die da geschildert wird und die dennoch nicht weniger wertvoll ist als die der vermeintlich breiten Masse.
Das Ende mag ein wenig kitschig sein und nicht jede Entscheidung Georgias ist nachzuvollziehen. Doch dies sind nur Kleinigkeiten, die man gerne verzeihen mag und die durch die großartige Botschaft des Buches problemlos ausgebügelt werden.

Das Buch klärt sowohl Betroffene als auch Nicht-Betroffene auf, ohne, dass sich irgendjemand schlecht fühlen muss. „Loveless“ macht asexuellen und aromantischen Menschen, egal welchen Spektrums, Hoffnung, bietet viele Momente der Wiedererkennung und die Einsicht, nicht allein zu sein, bestimmte Situationen nicht als einzige Person auf diesem Planeten so zu erleben und gar nicht so exotisch zu sein, wie man manchmal glaubt.

„Da draußen waren noch mehr von uns. Keiner von uns war damit allein.“

Nicht asexuellen und aromantischen Personen bietet es die Möglichkeit, sich zu informieren und sensibilisiert zu werden und die Chance, einmal über den eigenen Tellerrand zu schauen.
Das ist allein auch der wahrlich bunten Vielfalt der Charaktere geschuldet; neben Georgia wartet die Geschichte unter anderem mit heterosexuellen, homosexuellen, bisexuellen, nicht-binären, trans und cis Menschen auf. Auf diese Weise erfährt man also nicht nur über das „A-“-Spektrum etwas, sondern auch über verschiedene andere Orientierungen bzw. Identitäten. Die Gespräche zwischen den einzelnen Figuren tragen dazu bei, sich diesen zu öffnen oder auch nur ein bisschen mehr Informationen zu sammeln.

„Loveless“ von Alice Oseman ist ein erfrischend angenehmer wie notwendiger Roman, der aufklärt und einer noch zu leisen Community Gehör verschafft; ein Roman, der zum Nachdenken, Mitleiden und gelegentlichem Schmunzeln einlädt. Es ist eine ganz besondere Leseerfahrung, egal, ob man sich in Georgia erkennt oder nicht. Aber gerade das, sich selbst erkennen oder sich öffnen für andere Welten, gerade das macht das Lesen aus.


Wertung: 13/15 dpt

  • Autor: Alice Oseman
  • Titel: Loveless
  • Originaltitel: Loveless
  • Übersetzer: Vanessa Walder
  • Verlag: Loewe Verlag
  • Erschienen: 2020
  • Einband: Paperback
  • Seiten: 480
  • ISBN: 978-3-7432-1219-0
  • Sonstige Informationen:
  • Produktseite
  • Erwerbsmöglichkeiten

Cover: © 2022 Loewe Verlag GmbH


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