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Plakatmotiv: Winnetou (1963)

Edle Recken und üble Schurken
in einer ungewohnten Landschaft

Titel Winnetou, 1. Teil
Drehbuch Harald G. Petersson
nach einer Erzählung von Karl May
Regie Harald Reinl, BRD, It., Jug. 1963
Darsteller

Lex Barker, Pierre Brice, Marie Versini, Mario Adorf, Walter Barnes, Chris Howland, Ralf Wolter, Milivoje Popovic-Mavid, Dunja Rajter, Niksa Stefanini, Branko Spoljar, Husein Cokic, Demeter Bitenc, Tomoslav Erak, Hrvoje Svob u.a.

Genre Abenteuer, Western
Filmlänge 101 Minuten
Deutschlandstart
11. Dezember 1963
Inhalt

Amerika, zur Zeit der Pioniere. Die "Great Western Railroad Company" lässt eine große Eisenbahntrasse durchs Land bauen. Ein Abkommen mit den Apachen besagt, dass die Linie nicht durch die Jagdgründe der Indianer führen darf. Dennoch kann der intrigante Ganove Santer, mit den kriegerischen Kiowa-Indianern im Bunde, Bauleiter Bancroft überreden, den Gleisbau mitten durch das Gebiet der Apachen zu führen – Santer hat es auf die geheimen Goldvorräte der Indianer abgesehen. Der Bruch des Abkommens provoziert den Zorn der Apachen unter Führung des Häuptling Intschu-tschuna.

Santers Treiben ruft auch den Ingenieur und Abenteurer Old Shatterhand auf den Plan. Shatterhand will dem Ganoven das Handwerk legen und einen Krieg zwischen Apachen und Weißen verhindern. Als Winnetou, der Sohn des Häuptlings, von Santer gefangen genommen und an die feindlichen Kiowa-Indianer ausgeliefert wird, kann Old Shatterhand ihn im letzten Moment befreien – ohne den Häuptlingssohn wissen zu lassen, wem er die Freiheit verdankt.

Gemeinsam mit einem Trupp bewaffneter Gleisarbeiter und seinem kauzigen Freund Sam Hawkens will Shatterhand Santer zur Strecke bringen. Aber kaum haben sie den Ganoven und seine Männer in ihre Gewalt gebracht, wendet sich das Blatt: Im Tumult eines Apachenangriffs kann Santer fliehen, während der verwundete Old Shatterhand den Indianern in die Hände fällt.

Um sein Leben und das seiner Freunde zu retten, muss Old Shatterhand Winnetou überzeugen, dass er ein Freund der Apachen ist. Mit Hilfe von Winnetous hübscher Schwester Nscho-Tschi kann er schließlich beweisen, dass er es war, der Winnetou vom Marterpfahl der Kiowas befreite. Als Zeichen der Versöhnung und Freundschaft schließen Winnetou und Old Shatterhand in einer feierlichen Zeremonie Blutsbrüderschaft.

Als die Freunde kurz darauf in einen Hinterhalt Santers geraten, kommt es zu einem dramatischen Showdown, bei dem jedoch nicht nur der mörderische Santer getötet wird, sondern auch Nscho-schi und Winnetous geliebter Vater Intschu-Tschuna ihr Leben verlieren. Nun muss Winnetou das Erbe seines Vaters antreten und das mächtige Volk der Apachen in die Zukunft führen …

Was zu sagen wäre

Ohne den Frieden der Völker ist alles nichts. Eine Bahnlinie soll gebaut werden, da hängen Machtansprüche und wirtschaftliche Interessen dran, also muss mit diplomatischem Geschick vorgegangen werden. Ein paar Finstermänner wollen von den kalkulierten Millionengewinnen ein paar hunderttausend Dollar unterschlagen. Der Eisenbahnkonzern an der fernen Ostküste kriegt das doch gar nicht mit, wenn die Bahntrasse einfach quer durch Apachengebiet getrieben wird, anstatt wie geplant drum herum – die gesparten Kosten streichen die Finstermänner ein, deren Hauptgewinn eigentlich das Gold der Apachen ist, dessen Versteck sie suchen.

Wieder wird im Kino für hohe Gewinne ein Krieg riskiert. Es wird Tote geben auf beiden Seiten, aber mehr auf der Seite der Apachen. Was soll's? Die Indianer hat man schon häufiger vertrieben.

Anders als sonst aber ist es heute kein raffgieriger Konzern. Im Gegenteil, die "Great Western Railroad Company" hat sogar einen deutschen Ingenieur angeheuert, der die Streckenführung penibel vermessen hat. Plakatmotiv: Winnetou (1963) Es sind Gangster, angeleitet von dem skrupellosen Santer, der unwillige Zeitgenossen foltert und widerspenstige erschießt – nicht in Notwehr, sondern einfach so.

Hier liegt der große Unterschied zum us-amerikanischen Western. Dort sind die skrupellosen Mörder gleichzeitig die großen Viehbarone und Eisenbahnunternehmer. Diese deutsche Westernproduktion ist ein Loblied auf die Vernunft und Völkerverständigung. Und ein grandioser Abenteuerfilm. Hier bekommt ein deutscher Ingenieur den Spitznamen Old Shatterhand – wie er wirklich heißt, erfährt man nicht – und rettet dann zusammen mit dem Sohn des Apachenhäutlings Winnetou den Frieden. Das klingt so edel, hilfreich und gut, wie es die Sprache der Protagonisten ist, die sich nicht siezen oder duzen, sondern ihrzen: „Was meint Ihr, Mr. Bancroft?

Die Sprache und die deutsche Synchronisation, die jugoslawische, amerikanische und deutsche Schauspieler neu intoniert – auch der deutsche Schauspieler Mario Adorf wurde synchronisiert – schieben die Wirkung des Films ins Pathetische. Die Indianer unter sich sprechen eine Sprache, bei der unklar ist, ob es eine echte oder eine erfundene ist. Da will einer großen Edelwestern machen und übersieht dabei, dass er gerade einen tollen Action- und Abenteuerfilm dreht. Produzent Horst Wendlandt dürfte drei Kreuzzeichen geschlagen haben, dass er sich schon im Vorfeld der Dreharbeiten zu Der Schatz im Silbersee, der dann zu einem so großen Erfolg an der Kinokasse wurde, die Rechte auch an der Winnetou-Trilogie gesichert hat. Sie wären sonst womöglich viel teurer, oder erst gar nicht erteilt worden, zu sehr wich der Film von der Mays Vorlage ab. Aber die Silbersee-Verfilmung war erfolgreich und so lag die Latte hoch für den zweiten Film.

Es gibt neben der für den Western obligatorischen Saloonschlägerei rasante Jagden zu Pferde und Planwagen von Indianern und Siedlern, eine Lok donnert in einen Salon, der zusammenbricht wie ein Faller-Häuschen, es gibt ausführliche Schießereien. Und es gibt eine Landschaft, die irgendwie vertraut ist, aber kaum zu den Sehgewohnheiten passt, die wir uns mit amerikanischen Western angewöhnt haben. Statt roter Felsen in gelbem Sand, statt ausgedörrter Landschaften spielt diese Geschichte zwischen hellgrauem Fels auf grünem Boden. Gedreht wurde wieder in Jugoslawien. Dieser frische Drehort für ein bekanntes, schon etwas angerautes Genre macht den Film auch auf visueller Ebene interessant – und auf die kommt es im Kino ja an.

So, wie Karl May nie in den Vereinigten Staaten war und trotzdem große Abenteuerromane geschrieben hat, so sind auch die Figuren und Landschaften in diesem Film eine – gelungene – Fälschung. Egal, am Ende reiten die Blutsbrüder in einen fantastischen Sonnenuntergang.

Wertung: 5 von 7 D-Mark
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