Was sind Notlagen?
In der Regel handelt es sich hierbei um Situationen, in denen ein plötzlich eintretendes Ereignis, welches von außen kommt, die Bevölkerung oder einen Teil der Bevölkerung in ihrem Leben beeinträchtigt, bedroht, etc. Ein schnelles Handeln der öffentlichen Hand wird erforderlich. Ein Einhalten von "normalen“ vergaberechtlichen Fristen oder die Gewährleistung von Wettbewerb ist nicht mehr möglich.
Vergaben oberhalb der Schwellenwerte
Die in einer Notlage akut notwendigen Leistungen können im Wege von Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb beschafft werden, die verschiedene Erleichterungen beinhalten.
Grundsätzlich sollen zwar mehrere Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert werden. In Notlagen darf für besonders eilige und relevante Beschaffungen aber auch jeweils nur ein Unternehmen angesprochen werden (§ 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV, § 3a EU Abs. 3 Nr. 4 VOB/A = "singuläres Verhandlungsverfahren").
Voraussetzungen hierfür sind, dass:
- ein unvorhergesehenes Ereignis vorliegt,
- äußerst dringliche und zwingende Gründe bestehen, die die Einhaltung der in anderen Verfahren vorgeschriebenen Fristen (einschließlich aller Fristverkürzungsmöglichkeiten) nicht zulassen,
- ein kausaler Zusammenhang zwischen dem unvorhergesehenen Ereignis und der Unmöglichkeit besteht, die Fristen anderer Vergabeverfahren einzuhalten.
Vergaben unterhalb der Schwellenwerte
In Schleswig-Holstein gilt unterhalb der Schwellenwerte nach VGSH und SHVgVO die Anwendung der UVgO und der VOB/A, 1. Abschnitt (2019).
§ 8 Abs. 4 Nr. 9 UVgO regelt die Dringlichkeitsvergaben, sodass auch hier für Eilbedarfe zulässig ist, nur ein Unternehmen aufzufordern (§ 12 Abs. 3 UVgO).
Zudem zulässig ohne weitere Voraussetzungen sind Direktaufträge (d.h. ohne Vergabeverfahren und nur mit einem Bieter) bei
- Bauleistungen/Bauaufträge bis 10.000 EUR (Gesamtauftragswert ohne USt.)
- Liefer- und Dienstleistungen bis 5.000 EUR (Gesamtauftragswert ohne USt.)
- Freiberufliche Leistungen bis 25.000 EUR (ohne USt.)
Zusätzlich besteht in Schleswig-Holstein die Möglichkeit, Liefer- und Dienstleistungen bis 150.000 EUR (ohne USt.) im Wege der freihändigen Vergabe bzw. Verhandlungsvergabe (grundsätzlich mit mehreren Bietern) zu beschaffen (s. SHVgVO).
In aktuellen Notsituationen hat die Bundesregierung besondere vergaberechtliche Hinweise mitgegeben. Im Folgenden finden Sie solche aus Anlass verschiedener Krisen: