Statement von Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Heidemarie Wieczorek-Zeul,

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"Schutz von Kindern in bewaffneten Auseinandersetzungen – Handlungsmöglichkeiten der Entwicklungspolitik"

Das Schicksal von Kindern im Krieg steht im Mittelpunkt des heutigen Workshops der Friedrich-Ebert-Stiftung. Wir sind konfrontiert mit den schrecklichen Folgen bewaffneter Auseinandersetzungen. Mit den Folgen von Flucht und Vertreibung, Vergewaltigung und Verwundung für die körperliche und seelische Entwicklung von Kindern. Tausende von Kindern leben mit dem täglichen Schrecken und den zerstörten Hoffnungen, die diese Auseinandersetzungen mit sich bringen. Wir sprechen hier über die Situation der Kinder in bewaffneten Auseinandersetzungen. Über elternlose Kinder, die verloren und allein umherirren. Über Kinder, die in Flüchtlingslagern leiden. Über Kinder, die mit brutaler Gewalt zu Mördern gemacht wurden.

Auch wenn man manchmal ob der menschlichen Grausamkeit und Brutalität verzweifeln möchte – und ich selbst konnte mir davon im Kosovo oder in Uganda ein Bild machen: Resignation ist nicht am Platze. Unsere Aufgabe besteht darin, zukünftige Konflikte zu verhindern und gleichzeitig alles für die Betreuung der Opfer zu tun.

Viele Krisen und Kriege sind im Grunde Kämpfe um Ressourcen und Überlebenschancen, auch wenn sie vordergründig ethnische und religiöse Ursachen zu haben scheinen. Armut und Gewalt hängen eng zusammen. Um diesen mörderischen Teufelskreis zu überwinden, müssen wir in die körperliche, geistige und emotionale Entwicklung der nächsten Generation – in die Kinder – investieren.

Es gibt zwei Ebenen, auf denen wir handeln müssen:

1. Ganz konkret und kurzfristig müssen wir versuchen, die Situation von Kindern, die Opfer wurden und die zugleich in Verbrechen verstrickt wurden, zu verbessern. Sie müssen ein normales Leben beginnen können.

2. Mittel- und langfristig müssen wir versuchen, Konflikte zu verhindern und internationale Rahmenbedingungen zu schaffen, die es schwieriger machen, dass Kinder als
Soldaten missbraucht werden bzw. Opfer von Krieg und Vertreibung werden.

Zunächst zum ersten Bereich:

1. Verbesserung der Situation von Kindern im Krieg

Hier liegt mir ein Aspekt besonders am Herzen: In den letzten Jahren wurden immer mehr Kinder als Soldaten missbraucht! Warum der wachsende Einsatz von Kindersoldaten?

  • Ein Grund dafür ist die Verfügbarkeit leichter Waffen. Früher waren die meisten tödlichen Waffen viel zu schwer und unhandlich. Die heutigen Waffen, insbesondere Kleinwaffen wie Pistolen und Revolver, sind einfach im Gebrauch und leicht an Gewicht. Solche Waffen sind billig und leicht verfügbar.
  • In der zynischen Logik derjenigen, die Kinder in den Krieg hetzen, haben diese als Soldaten auch noch andere "Vorteile". Sie sind leicht einzuschüchtern. Sie tun, was man ihnen sagt. Mehr noch: Für Kinder, die in einem gewalttätigen Umfeld aufwachsen, ist Gewalt etwas alltägliches.
  • Obendrein sind sie auch viel billiger, da sie keinen Sold einfordern können. In lang andauernden Konflikten werden Kinder damit zu einer begehrten Ressource.
  • Sie werden entweder durch soziale Umstände zum Militär gedrängt oder aber zwangsrekrutiert. Kinder werden entführt, aus ihren Dörfern herausgerissen und zur Armee gezwungen. Auf perfide Weise werden sie daran gehindert, je wieder ein normales Leben zu führen. Es geht soweit, dass Kinder gezwungen werden, eigene Familienmitglieder oder Dorfangehörige zu töten, ihre Häuser abzubrennen oder Dörfer zu plündern. Solche Zwangs- und Gewaltmaßnahmen werden zum Teil durch die Verteilung von Alkohol und anderen Drogen unterstützt.

Unser oberstes Ziel muss es sein zu verhindern, dass Kinder und Jugendliche überhaupt als Soldaten missbraucht werden. Jedoch: wir müssen auch einsehen, dass wir dieses Ziel nicht in allernächster Zeit erreichen werden.

Deshalb müssen wir zum Schutz der Kinder dafür sorgen, dass

  • ein Mindestalter eingehalten wird und
  • alles Mögliche zur Reintegration von Kindersoldaten in die Gesellschaft und in "das normale Leben" unternommen wird.

Mindestalter von Kindersoldaten: Dem Internationalen Übereinkommen über die Rechte des Kindes von 1989 (Kinderkonvention der Vereinten Nationen) sind bisher 191 Staaten beigetreten. Es erlaubt in Artikel 38, Abs. 2, dass bereits 15jährige als Soldaten an Feindseligkeiten teilnehmen. Dieses Mindestalter ist absolut inakzeptabel. Kinder sollen lernen dürfen, sie müssen ihre geistigen, handwerklichen und emotionalen Fähigkeiten ausbilden dürfen. Kinder sollen lesen und schreiben lernen, nicht das Töten!

Seit Januar 1997 beschäftigt sich eine Arbeitsgruppe der VN-Menschenrechtskommission mit der Ausarbeitung eines Fakultativprotokolls "Kinder in bewaffneten Konflikten" zur Kinderkonvention, in dem ein höheres Mindestalter für die Teilnahme an Kampfhandlungen festgelegt werden soll. Die deutsche Bundesregierung befürwortet die Festlegung eines Mindestalters von 18 Jahren für die direkte und indirekte Teilnahme an Kampfhandlungen. Wir unterstützen die Arbeit des Sonderbeauftragten des Generalsekretärs der Vereinten Nationen für Kinder in bewaffneten Konflikten, Olara Otunnu.

In diese Richtung wirkt bereits die Einbeziehung der Kindersoldaten in das Übereinkommen über das "Verbot und das unverzügliche Handeln zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit", das am 17. Juni 1999 anlässlich der 87. Internationalen Arbeitskonferenz in Genf verabschiedet wurde. Danach ist die zwangsweise oder verpflichtende Rekrutierung von Kindern unter 18 Jahren für den Einsatz in bewaffneten Konflikten verboten. Die ausdrückliche Erwähnung der Kindersoldaten geht auf einen von Deutschland mit eingebrachten Änderungsantrag zurück.

Wiedereingliederung von Kindersoldaten: Auch nach Ende des Krieges sind die Kinder extrem gefährdet. Die Wiedereingliederung in das normale Leben von Kindern mit Kriegstraumata, die nur töten gelernt haben, stellt die Gesellschaften, die sich nach einem Konflikt wieder konsolidieren wollen, vor große Herausforderungen. Eine schnellstmögliche Reintegration von ehemaligen Kindersoldaten ist aus psychosozialen, ökonomischen und politischen Gründen notwendig. Je länger sie aus dem "normalen" Leben herausgefallen sind, desto höher ist die Gefahr, nie mehr eingegliedert zu werden.

Jedoch ist auch die Situation des Landes schwierig: Dort, wo die Administration, das Wirtschaftssystem, die innere Sicherheit, die Infrastruktur oder die Rechtsstaatlichkeit nicht funktionsfähig ist, geraten die ehemaligen Kindersoldaten in ein "Vakuum". Da eine soziale Einbindung fehlt, können sie leicht noch tiefer fallen, zu Verbrechern werden und letztlich reintegrationsunfähig werden. Deshalb ist unsere Unterstützung notwendig.

Ein Beispiel, wie das Leben einiger Menschen in neue Bahnen gelenkt werden kann, ist der von uns unterstützte Reintegrationsfonds in Mozambique: Dort haben wir ca. 2.000 ehemaligen Kindersoldaten Beschäftigung und neue Perspektiven vermitteln können. Auch in Uganda und Angola unterstützt das BMZ Vorhaben zur Wiedereingliederung von Exkombattanten, unter ihnen viele Kinder und Jugendliche. In Angola beobachten wir jedoch zur Zeit leider, dass die Arbeit durch die wieder ausbrechenden Kampfhandlungen gestört wird.

Bei der Reintegration der ehemaligen Kindersoldaten geht es um zwei Aspekte: die sozio-kulturelle und die ökonomische Reintegration.

  • Die sozio-kulturelle Reintegration ist die Voraussetzung für eine nachhaltige Wiedereingliederung in die Gesellschaft. Es gilt, die übersprungene Phase der Grundbildung bzw. traditionellen Erziehung (=Akkulturation) nachzuholen und sich – trotz allem, was in dem kurzen Leben bisher geschehen ist – in das zivile Leben einzufügen. Hierzu auch können traditionelle Wiedereingliederungsprozesse und -rituale sehr wirkungsvoll sein.
  • Die wirtschaftliche Reintegration geschieht durch Heimkehr in das ursprüngliche Umfeld – wo die Jugendlichen in ihren Dörfern auf traditionelle Einkommensquellen zurückgreifen – oder durch Vorbereitung auf Tätigkeit in "nicht-traditionellen" Sektoren. Die ehemaligen Kindersoldaten werden unterstützt, ihre "Ausbildungslücke" zu schließen, handwerkliche Fähigkeiten zu erlernen und zumindest im informellen Sektor tätig zu werden. Am erfolgversprechendsten sind Reintegrationsansätze, die familien- bzw. gemeindeorientiert sind. Eine nachhaltige soziale und ökonomische Reintegration muss auf dem vorhandenen Produktionspotenzial der jeweiligen Gesellschaft aufbauen.

Neben den eher kurzfristigen Hilfeleistungen in Flüchtlingslagern und der Reintegration nach Ende der Krise ist es unser Ziel, zukünftige Krisen zu verhindern und nächste Generationen davor zu bewahren, dass ihre Zukunft mit Gewalt zerstört wird:

2. Krisenprävention

Es ist die Aufgabe der internationalen Gemeinschaft, dazu beizutragen, dass gesellschaftliche Konflikte nicht in gewaltsame Krisen umschlagen. Hierfür müssen die langfristigen strukturellen Krisenursachen wie Armut und soziale Disparitäten abgebaut werden. Länder wie Uganda und Mozambique liegen in der Liste des Human Development Index auf den hintersten Rängen (Platz 158 bzw. 169 von insgesamt 174). Fast 60% der Erwachsenen in Mozambique können nicht lesen, in Uganda haben 50% der Menschen weniger als 1 US$ pro Tag zur Verfügung (weltweit sind es fast 1,3 Mrd. Menschen) und beinahe jeder zweite Mensch wird in Uganda nicht das 40. Lebensjahr erreichen. Der neueste Entwicklungsbericht von UNDP, der in diesen Tagen vorgelegt wurde, weist auf die drastischen Ungleichheiten hin: Im Gegensatz zu dem dargestellten, unvergleichlichen Elend verfügen die drei reichsten Männer der Welt über ein Vermögen, das größer ist als das Einkommen (BIP) von ca. 600 Mio. Menschen in den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt. Die 200 reichsten Menschen der Welt haben mehr Geld als 41% der Weltbevölkerung. Wenn diese 200 Personen jährlich auch nur 1% ihres Vermögens zur Verfügung stellten, könnte mit diesen 7–8 Mrd. US$ z.B. die Grundbildung für alle Kinder dieser Welt finanziert werden. Die Weltgemeinschaft ist gefordert, diese Ungleichheit zu reduzieren und für mehr Chancengleichheit auf der Welt zu sorgen. Wir haben die Instrumente und Ansätze wie z.B. den Schuldenerlass. Wir müssen jedoch auch den politischen Willen zur ernsthaften Bewältigung der Probleme beweisen, wie er z.B. in internationalen Zielsetzungen zur Halbierung der Zahl der Armen bis zum Jahr 2015 dokumentiert wird.

Neben der Minderung der Armut müssen die Fähigkeiten der Gesellschaften gestärkt werden, Konflikte friedlich zu lösen. Demokratische Verfahren, das Rechtssystem und die zivile Einbettung von Militär und Polizei sind hierfür von zentraler Bedeutung. Entwicklungspolitik kann wesentliche Beiträge in diesen Bereichen leisten. Eine langfristige Friedenssicherung setzt auch eine kohärente Gesamtpolitik voraus. Anstrengungen der Entwicklungspolitik, zur Krisenvermeidung beizutragen, müssen ergänzt werden durch eine vorausschauende Handels-, Wirtschafts- und Finanzpolitik, um nur einige zu nennen.
Krisenprävention kann aber nur dann erfolgreich betrieben werden, wenn die internationale Gemeinschaft ihre Kräfte bündelt und möglichst gemeinsame Strategien verfolgt. Dies muss z.B. zur völligen Verhinderung des illegalen Transfers von Kleinwaffen führen.

Kleinwaffen: Deren Lieferung ist überhaupt erst die Voraussetzung dafür, dass Kinder in den Krieg geschickt werden. Weltweit gibt es schätzungsweise 500 Mio. militärische Kleinwaffen. Der Transfer von diesen Handfeuerwaffen ist häufig nicht staatlich genehmigt, sondern illegal. Da die Waffen sehr haltbar und relativ leicht zu handhaben sind, werden sie oft wiederverwendet und von einer Krisenregion in die nächste transportiert.

Wer will, dass die Teilnahme von Kindern an bewaffneten Konflikten beendet wird und dass solche Konflikte erst gar nicht ausbrechen können, der muss dazu beitragen, den illegalen Transfer dieser Waffen zu unterbinden und die Länder zu unterstützen, die die Waffen einsammeln und abgeben wollen. Innerhalb der Europäischen Union wurde bereits eine von mir initiierte Entschließung zur Kleinwaffenproblematik verabschiedet. Wir haben nun die Möglichkeit, die Partnerländer bei der Kontrolle und Einsammlung der Waffen auch durch entwicklungspolitische Maßnahmen zu unterstützen. Diese Programme müssen von allen Konfliktparteien mitgetragen werden – eine Frage der Konfliktschlichtung, Moderation und Beteiligung der verschiedensten Bevölkerungsgruppen.

Mit der Kleinwaffen-Initiative haben wir einen wichtigen Aspekt in die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik eingebracht, der nun auch in die Vereinten Nationen getragen werden soll – vergleichbar mit der Landminen-Vereinbarung.

Antipersonenminen: Minen töten und verletzen weltweit Tag für Tag Hunderte von Zivilisten. Oft sind Frauen und Kinder die Opfer. Neben der Verursachung unbeschreiblichen menschlichen Leids hat dies verheerende Folgen für die Entwicklungschancen ehemaliger Kriegsgebiete. Die Minen verhindern die Entwicklung und den Wiederaufbau der betroffenen Regionen und stehen der Rückkehr von Flüchtlingen und der Ansiedlung von Heimatlosen ebenso im Wege wie der Nutzung von fruchtbarem Land, von Wasser und dem Funktionieren der Infrastruktur.

Die vielen persönlichen Leidensgeschichten addieren sich zu großem volkswirtschaftlichem und sozialen Gesamtschaden. Durch den Ausfall von Arbeitskräften, die hohen Kosten der Versorgung der Minenopfer und die wirtschaftlichen Einbußen infolge nicht mehr bewirtschaftbarer, verminter Flächen werden ökonomische und soziale Probleme verschärft. Die Entwicklung der betroffenen Länder, die ohnehin meist schon zu den ärmsten zählen, wird nachhaltig verzögert.

Aus diesen Gründen unterstützt die deutsche Entwicklungszusammenarbeit Entminungsvorhaben. In den vergangenen fünf Jahren hat das BMZ bereits rd. 31 Mio. DM für bilaterale Projekte in den von Minen am meisten betroffenen Ländern – u.a. Angola, Mosambik, Kambodscha – aufgewendet. Mit dem Anfang März 1999 in Kraft getretenen Übereinkommen über ein Verbot von Antipersonenminen gewinnt – neben der Minenräumung – vor allem die Opferfürsorge und die soziale Reintegration von Minenopfern verstärkt an Bedeutung. Denn das Ottawa-Übereinkommen enthält neben seinen Verbotselementen grundlegende Vorschriften zur internationalen Zusammenarbeit bei Minenräumung und Opferfürsorge.

Die Maßnahmen im Bereich der Opferfürsorge konzentrieren sich dabei auf psychosoziale Beratung, Orthopädie und Prothesenausstattung. Dabei legen wir und die durchführenden Organisationen sehr großen Wert auf die Reintegration in das soziale und wirtschaftliche Leben sowie die Akzeptanz der Minenopfer in der Gesellschaft.

Eng damit verknüpft sind den jeweiligen Bedürfnissen der Bevölkerungsgruppen angepasste Maßnahmen zur Aufklärung und zur Sensibilisierung. Das BMZ sucht dabei eine größtmögliche Zusammenarbeit mit den anderen, vor Ort in der Minenräumung und Opferhilfe tätigen internationalen Organisationen und Nichtregierungsorganisationen und dem jeweiligen betroffenen Land.

Beispiel Angola: Ein lokaler Schwerpunkt der Projektarbeit des BMZ in der Opferfürsorge liegt in Angola. In Angola sind rd. 10 Mio. Minen verlegt; 70.000 Angolaner müssen mit Amputationen leben. Ganze Generationen, die eigentlich die zukünftigen Entwicklungsträger sein sollen, wachsen mit Behinderungen auf und werden zu einer finanziellen und sozialen Belastung für die Familie. Daher wird zum einen in Luanda mit bilateralen Mitteln der Technischen Zusammenarbeit über die GTZ seit 1994 ein Zentrum für physikalische Therapie und Rehabilitation von Minenopfern mir rd. 10 Mio. DM gefördert. Kürzlich wurde eine Verlängerung um zwei Jahre in Höhe von insgesamt 4 Mio. DM vereinbart.

Parallel zu diesem Vorhaben wird aus dem Nothilfetitel des BMZ das gemeinwesenorientierte Rehabilitationszentrum Kuena in der östlichen angolanischen Provinz Moxico seit 1996 finanziert. Medico International betreibt dort u.a. eine Orthopädiewerkstatt und unterstützt gezielt Initiativen zur sozialen und ökonomischen Integration von Minenopfern. Zusätzlich werden Mittel zur Minenräumung in den umliegenden Dörfern bereitgestellt und Aufklärungskampagnen finanziert, damit vor allem Kinder und Jugendliche erkennen lernen, wo die Gefahr lauert und wie sie sich schützen können.

Friedenserziehung: In vielen Kriegs- und Bürgerkriegsgesellschaften ist Gewalt alltäglich geworden. Frauen und Kinder geraten nicht nur zufällig ins Kreuzfeuer, sondern werden oftmals absichtlich zum Ziel militärischer Auseinandersetzungen und Angriffe. Dies gilt insbesondere für ethnische Vertreibungen. Wenn wir künftig bewaffnete Auseinandersetzungen vermeiden wollen, dürfen wir gerade den jüngsten Kriegsopfern nicht nur humanitäre Hilfe zukommen lassen, sondern sie auch zum Frieden erziehen. Sie und alle anderen Kinder auch.

Dazu ein Beispiel aus Guatemala. Dort führen wir in Zusammenarbeit mit UNICEF ein Vorhaben durch mit dem Ziel, das Grundbildungssystem auszubauen. Mit Lesen und Schreiben werden zugleich die Lerninhalte Demokratie und Frieden vermittelt. Kinder müssen kooperatives Verhalten einüben dürfen. Jugendpromotoren und Mitglieder von Jugendgruppen sollen unterstützt werden, die zu konfliktfreiem Zusammenleben in Gesellschaft und Familie und insbesondere zum Einstieg in die Schule motivieren sollen. Weiterhin plant UNICEF, Menschen-, besonders Kinderrechte unter Einbeziehung von Massenmedien, traditionellen Kanälen, sowie von Meinungsträgern zu stärken.

Wir müssen gemeinsam daran arbeiten, den Kindern zu vermitteln, dass die Sprache der Waffen nicht die einzige ist, die sich zu lernen lohnt. Konflikte kann man nicht mit dem Gewehr lösen, sondern nur mit dem Verstand – und dem Herzen.

Wir müssen erreichen, dass das Leben für die Kinder lebenswert ist. Nur wenn sie Zukunftsträume und Hoffnungen haben können, wird ihnen das Morgen wichtiger sein als das Heute. Nur dann wird Frieden möglich sein und damit Stabilität und Entwicklung. Denn auch morgen wird richtig sein, was Willy Brandt einst prägte: "Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden alles nichts."

Projektbeispiel zu Kindersoldaten: Mosambik: Die Bundesregierung (BMZ) und Medico International e.V. betreuen in Mosambik ein Vorhaben zur psychologischen Rehabilitation kriegstraumatisierter Kinder und Jugendlicher, insbesondere ehemaliger Kindersoldaten und -milizionäre im Zusammenhang mit ihren Familien und Dorfgemeinschaften.

Dieser Aspekt entspricht der Realität der Gesellschaft dieses Landes, wo die Familie immer noch der Mittelpunkt sozio-ökonomischen Lebens ist und in enger Beziehung zur Gemeinde steht. Während des Reintegrationsprozesses wird die Grundschulausbildung gefördert werden und der Aufbau eines Agrarprogramms für kriegstraumatisierte Kinder und Jugendliche im Vordergrund stehen. Die Kinder und Jugendlichen sollen sozial und auch ökonomisch wieder eingegliedert werden. Durch den Beitrag zu einer allgemeinen Verbesserung der Lebensbedingungen soll den betroffenen Kindern und Jugendlichen bzw. auch ihren Familien ermöglicht werden, selbst produktiv zu werden, ihr Überleben sicherzustellen und Zukunftsperspektiven zu eröffnen. Begleitet werden diese Maßnahmen mit Aktivitäten zur umfassenden psycho-sozialen Rehabilitation.

Einzelmaßnahmen sind: Psychosoziale Betreuung und Beratung der Kinder/Jugendlichen, Gründung von Selbsthilfegruppen der Betroffenen, Aufbau und Konsolidierung eines Netzes lokaler Aktivitäten, Aufbau der erforderlichen schulischen Infrastruktur und Förderung der schulischen Ausbildung- und Produktionseinheiten, Maßnahmen zur Sensibilisierung von Öffentlichkeit und Entscheidungsträgern in Mosambik.