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Die große Entwertung: Warum Spekulation und Staatsverschuldung nicht die Ursache der Krise sind Taschenbuch – 20. März 2012
Was Marx anhand der Krisen des 19. Jahrhunderts nachgewiesen hat, gilt erst recht für das Weltwirtschaftsbeben unserer Tage. Nichts ist analytisch so naiv und ideologisch so gemeingefährlich wie die Dolchstoßlegende, eine gesunde Realwirtschaft sei der grenzenlosen Habgier einer Handvoll Banker und Spekulanten zum Opfer gefallen. Umgekehrt wird ein Schuh draus. Das historisch beispiellose Abheben des Finanzüberbaus in den letzten 35 Jahren war selber schon das Ergebnis und zugleich die provisorische Überwindung einer fundamentalen Krise der kapitalistischen Gesellschaft. Eine Produktionsweise, die auf der Vernutzung lebendiger Arbeitskraft beruht, muss angesichts des ungeheuren Produktivkraftschubs der mikroelektronischen Revolution an ihre strukturellen Grenzen stoßen.
Ernst Lohoff und Norbert Trenkle zeichnen die Geschichte und das Ende des finanzkapitalistischen Krisenaufschubs nach und zeigen, warum die Weltgesellschaft für die armselige kapitalistische Produktionsweise längst zu reich ist und warum sie auseinanderbrechen und in Elend, Gewalt und Irrationalismus versinken muss, wenn sie dies nicht überwindet.
- Seitenzahl der Print-Ausgabe304 Seiten
- SpracheDeutsch
- HerausgeberUnrast Verlag
- Erscheinungstermin20. März 2012
- Abmessungen14.2 x 2.2 x 21.1 cm
- ISBN-103897714957
- ISBN-13978-3897714953
Produktinformation
- Herausgeber : Unrast Verlag; 1., Edition (20. März 2012)
- Sprache : Deutsch
- Taschenbuch : 304 Seiten
- ISBN-10 : 3897714957
- ISBN-13 : 978-3897714953
- Abmessungen : 14.2 x 2.2 x 21.1 cm
- Amazon Bestseller-Rang: Nr. 574.374 in Bücher (Siehe Top 100 in Bücher)
- Nr. 515 in Finanzpolitik (Bücher)
- Nr. 603 in Internationale Wirtschaftsbeziehungen
- Nr. 844 in Wirtschaftspolitik (Bücher)
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"Die große Entwertung" ist dreigeteilt. Im ersten Teil behandelt einer der Autoren die Auswirkungen der zweiten und dritten industriellen Revolution auf "Mehrwertproduktion" und "eingesaugte Arbeit". Hier wird schnell deutlich, dass sich das Buch zwar auch ohne Kenntnisse der Marx'schen Kritik lesen lässt, die theoretischen Hintergründe aber den eigentlich interessanten Kern ausmachen. Es ist hilfreich, sich vorher über die Eckpfeiler "des Kapitals" zu informieren. Immer wieder werden Thesen und Erklärungs- und Lösungsansätze klassischer Ökonomen akribisch auf ihre Logik hin überprüft und schnell ad absurdum geführt. Klasse auch der Ausflug in die Statistik und dem "hedonischen Preisindex", der mich schon im Studium schwer irritierte und es tatsächlich ermöglicht, Wirtschaftsdaten - auf die sich alle Akteure verlassen - systematisch zu fälschen. Theoretisch eher schwer verdauliche Teile werden immer wieder mit Phänomenen garniert, die an der "ökonomischen Oberfläche" sichtbar werden. Im Allgemeinen wirkt der Autor des ersten Teiles um eine verständliche und anschauliche Erklärung sehr bemüht. Eine Fähigkeit, die dem Autor von Teil II/III leider abgeht.
Teil I verlangte mir bereits einiges an Hirnschmalz ab. Es viel mir schon bei der Lektüre des "Kapitals" schwer, gewisse Dinge zu begreifen, die einfach im diametralen Widerspruch zu "Erkenntnissen" der klassischen VWL stehen. Teil II und Teil III widmen sich dem fiktiven Kapital und der Bedeutung in der globalen Mehrwertproduktion. Für mich völlig neu und sehr abstrakt. Auch wenn man hier nicht so wie in Teil I an die Hand genommen wird, bleiben Erklärungen plausibel und logisch. An vielen Stellen fällt es einem wie Schuppen von den Augen - besonders als Ökonom - wie irrsinnig die Schaffung fiktiven Kapitals oder - in der alltäglichen Diskussion bekannter - von zigfach gehebelten Derivaten ist. Auch hier wird wieder über die Zeitachse hinweg sehr schön erklärt, warum die Schaffung fiktiven Kapitals eine Weile lang die Krise aufschob und dazu nun nicht mehr in der Lage ist.
"Die große Entwertung" ist mehr als empfehlenswert. Sie öffnet Augen auf eine möglichst verständliche Art und Weise, räumt mit Mythen der Ökonomie auf. Allerdings muss sich der Leser einlassen und bereit sein nachzudenken. Das mag merkwürdig klingen, forderte mir aber stellenweise alles ab. Innerlich sträubte sich bei mir auch alles, als die Autoren die unaufhaltsame Zusammenbruchsdynamik skizzierten. Es ist eben keine leicht verdauliche sondern eher depressiv-machende Kost, belohnt den Leser aber mit sehr tiefen und gesellschaftskritischen Einsichten. Sehr traurig ist nur, dass die meisten Menschen und eine gesamte wissenschaftliche Disziplin in diesen Denkmustern verfangen sind und alternative Erklärungsansätze garnicht zulassen. Wer heutzutage den Fernseher anschaltet hat die Auswahl zwischen "Linken" die auf das Raubtierkapital oder Liberale die auf "Sozialschmarotzer" einschlagen. Ich hoffe, die Autoren setzen ihre Arbeit weiter fort. Für mich jedenfalls war es Stein des Anstoßes mich - neben dem Studium - wieder mit Marx zu beschäftigen.
Also was? Die beiden Autoren haben keine Lösung anzubieten, und sie sehen das auch nicht als ihre Aufgabe an, aber sie erkennen in der Entwicklung nicht eine ganz normale zyklische Krise unter anderen, sondern den anstehenden Untergang des Kapitalismus, dessen systeminterne Lösungsmöglichkeiten erschöpft sind: Wenn die riesigen Berge fiktiven Kapitals entwertet werden, dann hört der Kapitalismus zwar nicht einfach auf, aber er könnte nur noch als ein System weiterexistieren, das nicht zu wachsendem Wohlstand und technischem und sozialem Fortschritt führt, sondern im Namen weniger Reicher die ganze Welt in einen Prozess wachsender Verelendung geleiten würde: und das vor der Folie eines technisch immens entwickelten Produktionsapparates, der, rational eingesetzt, fast alle Bedürfnisse der Menschheit erfüllen könnte.