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Geschichte Großen Nordischen Krieg

Der Triumph des Soldatenkönigs im Pommernfeldzug

Preußens „Soldatenkönig“ Friedrich Wilhelm I. mochte keine Kriege. Kaum auf den Thron gelangt, zog er allerdings gegen Karl XII. von Schweden, dem er 1715 auf Rügen eine schwere Niederlage beibrachte.
Freier Autor Geschichte
Die Herrscher von Brandenburg-Preußen

Am Ende des Dreißigjährigen Krieges war Brandenburg ruiniert. Doch in wenigen Generationen machten seine Kurfürsten und Könige daraus die zweite Großmacht im Heiligen Römischen Reich.

Quelle: WELT

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Im Juli 1715 machte Friedrich IV. von Dänemark seinem jungen königlichen Kollegen aus Preußen ein schönes Geschenk. Sechs Grenadiere mit dem Supergardemaß von 1,88 Metern und mehr für „Seiner Königlichen Majestät Regiment“, die Langen Kerls. Der 28-jährige Hohenzoller, der im Februar 1713 seinem Vater Friedrich I./III. auf den Thron nachgefolgt war, soll begeistert gewesen sein, waren hochgewachsene Soldaten doch seine größte Leidenschaft. Dafür gab er nicht nur ein Vermögen aus, sondern ließ sich auch gern vor den Karren der Geber spannen.

So auch im sogenannten Pommernfeldzug 1715/16, einer Episode des Großen Nordischen Krieges (1700–1721). Darin wollte Karl XII. von Schweden sein Ostseeimperium gegen zahlreiche Rivalen ausdehnen, allen voran Russland, aber auch Dänemark, Polen-Litauen und Sachsen, wobei Bündnisse und Fronten ständigem Wechsel unterworfen waren.

Nachdem 1714 der Spanische Erbfolgekrieg endlich ein Ende gefunden hatte, rechnete sich auch Friedrich Wilhelm gute Chancen aus, im Norden die Gewinne machen zu können, die ihm in diesem regelrechten Weltkrieg an der Seite Österreichs noch verwehrt geblieben waren. Vom „Soldatenkönig“ späterer Jahre, in denen der Preuße zwar seine Armee ständig vergrößerte, sich aber hütete, sie auch einzusetzen, schloss er nun ein Bündnis mit Dänemark, Sachsen und Kurhannover und erklärte im Mai 1715 Schweden den Krieg.

Erstes Ziel war die mächtige Festung Stralsund, die seit dem Dreißigjährigen Krieg Herzstück der schwedischen Besitzungen in Deutschland war. Friedrich Wilhelm führte persönlich seine rund 30.000 Mann starke Armee ins Feld, überließ das Kommando faktisch aber seinem Generalfeldmarschall, dem Fürsten Leopold I. von Anhalt-Dessau, auch der „Alte Dessauer“ genannt. Auch Friedrich IV. von Dänemark mit seinen Truppen sowie ein sächsisches Kontingent stießen zum Heer.

Karl XII. hatte sich nach der schweren Niederlage gegen Zar Peter I. bei Poltawa 1709 mit den Resten seines Heeres ins Osmanische Reich retten können, wo ihm mit Bender im Fürstentum Moldau ein beinahe souveränes Exil eingerichtet worden war. Als seine Hoffnungen auf einen Kriegseintritt des Sultans zerstoben, war er Ende 1714 in den Norden zurückgekehrt. Nun übernahm er das Kommando über die 15.000 Schweden, die die Festung verteidigten.

Fürst Leopold I. von Anhalt-Dessau (1676-1747) kommandierte die Truppen der Verbündeten
Fürst Leopold I. von Anhalt-Dessau (1676-1747) kommandierte die Truppen der Verbündeten
Quelle: picture alliance / akg-images

Die Belagerung erwies sich als ausgesprochen kompliziert. Solange die schwedische Flotte den Bodden kontrollierte, war an eine vollständige Blockade nicht zu denken. Auch konnte keine schwere Artillerie über See herangeführt werden. Erst nachdem die Verbündeten die Insel Usedom besetzt und die dänische Flotte die schwedische vertrieben hatte, konnte Stralsund vollständig abgeschnürt werden.

Als nächsten Zug planten die Alliierten die Eroberung Rügens. Dafür wurden 19.000 Infanteristen und 3500 Reiter zusammengezogen. Das Gros stellten die Preußen. Den Oberbefehl übernahm Leopold von Dessau. 500 Schiffe und Boote brachten die Truppe Mitte November auf die Insel. Als Landeplatz war Groß Stresow bei Putbus vorgesehen.

Darstellung der Landung und Aufstellung der Alliierten bei Stresow und des Angriffspunktes der schwedischen Attacke (oben rechts)
Darstellung der Landung und Aufstellung der Alliierten bei Stresow und des Angriffspunktes der schwedischen Attacke (oben rechts)
Quelle: Wikipedia/Public Domain

Kaum an Land, befahl Leopold seinen Leuten, umgehend eine feste Verteidigungsstellung zu beziehen, die durch Feldbefestigungen verstärkt wurde. Karl XII. erkannte die Gefahr und ließ sich umgehend mit kleinstem Gefolge per Boot nach Rügen bringen, wo er das Kommando über die kleine schwedische Garnison – rund 4500 Mann, davon die Hälfte Reiter – übernahm. Sein Plan war, die Alliierten anzugreifen, bevor sie ihre zahlenmäßige Überlegenheit voll entfalten konnten.

Am Morgen des 16. Novembers 1715, ein Tag nach Abschluss von Leopolds Landung, griff Karl die Invasoren an. Auf eine Aufklärung hatte er verzichtet, da er auf die Durchschlagskraft seines Schockangriffs setzte. Aber die Reiterattacke blieb vor den Schanzen der Alliierten liegen. Dem Gegenangriff mit preußischer und sächsischer Kavallerie konnten die Schweden noch standhalten, aber unter dem Druck von Leopolds Zentrum brach ihr Heer zusammen. Karl wurde von einer Kugel getroffen und konnte von seinen Leuten in letzter Minute gerettet werden. Er verlor mehr als 600 Mann, Leopold weniger als 200.

Charles XII greets his Caroleans, 1923. Private Collection. (© Fine Art Images / Heritage-Images) | Verwendung weltweit, Keine Weitergabe an Wiederverkäufer.
Karl XII. von Schweden (1682-1718)
Quelle: picture alliance / Heritage-Images
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Damit war Rügen für Schweden verloren. Am 24. Dezember musste Stralsund schließlich kapitulieren, einige Wochen später folgte Wismar. Die schwedische Position in Deutschland brach zusammen. Aber der Krieg schleppte sich weiter. Nicht einmal der Tod Karls vor der norwegischen Festung Fredriksten 1718 brachte Frieden. Der wurde erst 1720 in Stockholm unterzeichnet. Hauptgewinner war das Zarenreich, das Schweden als Vormacht im Ostseeraum ablöste.

Friedrich Wilhelm I. gewann die Odermündung mit Stettin sowie Hinterpommern bis zur Peene und zahlte im Gegenzug zwei Millionen Reichstaler. Stralsund mit Rügen aber musste er Friedrich IV. von Dänemark überlassen, der seine Beute umgehend an Schweden zurückgab und dafür 600.000 Taler einstrich. Von da an hielt sich der Preuße mit außenpolitischen Abenteuern zurück und widmete sich stattdessen dem inneren Ausbau seiner Länder.

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Attacke schwedischer Kavallerie während des Großen Nordischen Krieges. So wird die Truppe auch bei Stresow vorgeprescht sein
Attacke schwedischer Kavallerie während des Großen Nordischen Krieges. So wird die Truppe auch bei Stresow vorgeprescht sein
Quelle: Wikipedia/Anna Jonasson/PD-alt-100

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