Uneinheitliche Stimmabgabe im Bundesrat (Art. 52 Abs. 3 S. 1 GG)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Das „Maximale-Überwachungs-Gesetz“ steht im Bundesrat zur Abstimmung. Die entsprechende Gesetzgebungskompetenz des Bundes ergibt sich aus Art. 73 Abs. 1 Nr. 9a GG. Der Bundesrat ist zutiefst gespalten. Als das Land L als letztes über sein Abstimmungsverhalten befragt wird, liegen 33 Ja- und 33-Nein-Stimmen vor. Bei der Abstimmung stimmen die Ministerpräsidentin und ein weiterer Minister mit Ja. Die ebenfalls anwesende Ministerin des Landes L stimmt allerdings mit Nein.
Einordnung des Falls
Uneinheitliche Stimmabgabe im Bundesrat (Art. 52 Abs. 3 S. 1 GG)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Das „Maximale-Überwachungs-Gesetz“ ist ein Einspruchsgesetz.
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Nein, das ist nicht der Fall!
2. Der Bundesrat hätte vor der Abstimmung über das „Maximale-Überwachungs-Gesetz“ den Vermittlungsausschuss einberufen und den Abschluss des Vermittlungsverfahrens abwarten müssen.
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Nein, das trifft nicht zu!
3. Der Bundesrat ist beschlussfähig.
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Ja!
4. Die Stimmen des Landes L müssen als Ja-Stimmen gewertet werden.
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Nein, das ist nicht der Fall!
5. Der Bundesrat hat dem „Maximale-Überwachungs-Gesetz“ mit der erforderlichen Mehrheit zugestimmt.
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Nein, das trifft nicht zu!
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ll373
11.1.2023, 04:44:29
Mich würde tatsächlich interessieren, ob der Fall der uneinheitlichen Stimmabgabe im BR tatsächlich schon mehrmals vorgekommen ist oder eher eine extreme Ausnahme bzw. gar nicht vorgekommen ist🤔
Paul König
11.1.2023, 06:59:27
Hey ll373, in Klausuren kommt dieses Problem immer wieder mal vor. In der Praxis kam es 2002 bei der Abstimmung über das Einwanderungsgesetz mal zu dieser Situation (von der die meisten Fälle dann abgekupfert werden): https://m.youtube.com/watch?v=xhB1TXKX9qI (Video) und hier im Text: https://www.spiegel.de/politik/deutschland/protokoll-was-bei-der-entscheidung-im-bundesrat-geschah-a-201794.html Die hier dargestellte Ansicht zu diesem Problem basiert auf dem anschließenden Urteil des BVerfG. Beste Grüße Paul (für das Jurafuchs-Team) @[Lukas Mengestu](136780)
Paul König
11.1.2023, 07:01:03
Toll, dass Du Dich dafür interessierst!
ll373
11.1.2023, 07:02:39
Danke vielmals!
CR7
23.8.2023, 11:25:46
Man kann noch erwähnen, dass zwei der Richter am BVerfG sich der Senatsmehrheit in Teilen abgewandt haben und geäußert haben, dass wenn der CDU-Minister sein „Nein“ nochmal wiederholt hätte, das Zuwanderungsgesetz wohl gescheitert wäre. Dadurch, dass er gesagt hat „Sie kennen meine Auffassung, Herr Präsident!“ hat er bewirkt, dass das „Nein“ nicht eindeutig ist und der SPD-Innenminister daher sein „Ja“ stärker herausstechen lassen konnte, so dass der Bundesratspräsident das ganze als „Ja“ wertete. Dennoch finde ich es gut, dass das BVerfG im anschließenden NKV das ganze klarstellte.