Fußball-Manager Marc Arnold im Interview: „Sind auf Zuschauer angewiesen“
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Fußball-Manager Marc Arnold im Interview: „Sind auf Zuschauer angewiesen“

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Ex-Spieler und Manager des KSV Hessen Kassel: Marc Arnold. 
Ex-Spieler und Manager des KSV Hessen Kassel: Marc Arnold. © Voelker/picture alliance

Kassel – Marc Arnold war Deutscher Meister mit Borussia Dortmund, Teil des Aufstiegsteams des KSV Hessen Kassel 2006 und anschließend Manager bei den Löwen.

Der Ex-Mittelfeldspieler wurde 2007 Manager in Kassel, wechselte ein Jahr später zu Eintracht Braunschweig, wo er zehn Jahre lang als sportlicher Leiter den Weg in die Fußball-Bundesliga begleitete, allerdings auch den Abstieg in die Dritte Liga. Im August 2018 wurde er entlassen, ist seitdem ohne Job. Der 49-Jährige war mit Braunschweig in allen drei deutschen Profi-Ligen vertreten. Wir haben Arnold im Interview unter anderem gefragt, warum die Existenz so vieler Zweitligisten bei einem Saisonabbruch bedroht ist.

Herr Arnold, genießen Sie die freie Zeit?

Es war ganz angenehm, auch mal eine Pause zu haben. Mit der Zeit bei Hessen Kassel habe ich elf Jahre am Stück durchgezogen. Das ist auch anstrengend und stressig. Aber der Akku ist wieder aufgeladen, und so langsam kann es wieder losgehen. Mal abwarten, wie es mit der Coronakrise weitergeht. Aber ich hoffe auf den Sommer.

Egal wo Sie möglicherweise arbeiten könnten: Die Aufgabe wird eine ganz besondere.

Absolut. Was es so schwierig macht, ist, dass man kein Licht am Ende des Tunnels sieht. Wenn man wüsste, dass es zu irgendeinem Zeitpunkt X wieder losgehen wird, dann wären wir alle ein Stück weiter. Aber ich glaube, dass wir davon noch eine ganze Weile entfernt sind.

Gleich sieben Zweitligisten haben verlauten lassen, dass sie Insolvenz anmelden müssten, sollte der Spielbetrieb im Mai nicht wieder aufgenommen werden. Zwei weitere würden im Juni folgen. Das ist die Hälfte der Liga. Warum trifft es das Unterhaus so hart?

In der Bundesliga verdienen die Vereine durch den TV-Vertrag so viel, dass sie einen gewissen Zeitraum überbrücken können. Für Zweit-, Dritt- und Regionalligisten ist es aber schwer, unbeschadet da rauszukommen.

Warum?

Der Ansatz der Geisterspiele ist, dass zumindest der Fernsehvertrag in Kraft bleibt. Auch Sponsoren müssten in diesem Fall weiter zahlen, weil durch Werbebanden die Leistung des Vereins erbracht wurde. In der zweiten und dritten Liga fällt das Fernsehgeld viel geringer aus. Die Klubs sind auf Zuschauereinnamen angewiesen.

Es trifft also vor allem Vereine mit einem hohen Zuschauerschnitt.

Ja, gerade die Traditionsvereine der dritten und der Regionalliga. Für die könnte es ohne Zuschauereinnahmen eng werden. Es ist ja nicht nur so, dass Einnahmen ausbleiben. Das Geld aus bereits verkauften Dauerkarten müsste zurückgezahlt werden. Dann hat man einen doppelten Effekt: fehlende Einnahmen, zusätzliche Ausgaben.

Sie kennen mit Braunschweig ein passendes Beispiel sehr gut.

Ja, ich denke, dass es für Braunschweig als Beispiel sehr eng werden würde. Man hat sich da schon ein kleines Polster erarbeitet. Aber nach dem überraschenden Abstieg in die Dritte Liga hat man schon einige finanzielle Anstrengungen unternommen, um den direkten Wiederaufstieg zu schaffen, was nicht geklappt hat. So schmilzt ein angefressenes Polster.

Für welche Vereine ist es am schwierigsten? Für die, mit den höchsten Verbindlichkeiten?

Es ist wegen Corona ja so, dass Vereinen der ersten und zweiten Liga kein Punktabzug droht, wenn sie eine Insolvenz einreichen. Was man jetzt so liest, ist, dass der eine oder andere Verein ganz bewusst in eine Insolvenz laufen könnte, um alte Schulden abzubauen, im kommenden Jahr dafür dennoch nicht sportlich bestraft wird. Und so vielleicht sogar gestärkt aus dieser Krise hervorgeht.

Wie ist die Verteilung des TV-Geldes geregelt?

Es wird geschaut, wie die Platzierung des Vereins in den vergangenen fünf Jahren gewesen ist. Vom Deutschen Meister bis zum Letzten der zweiten Liga gibt es ein Ranking. Aus einem bestehenden Schlüssel wird dann das Fernsehgeld verteilt. Es gibt noch einige weitere Faktoren, nach denen verteilt wird. Zum Beispiel Einsatzzeiten von Jungprofis.

Und das Geld ist verplant?

Das ist auch Vereinsphilosophie. Will ich den Erfolg um jeden Preis und nehme für eine Saison eine Negativplanung in Kauf? Eine bewusste Unterdeckung, um beispielsweise den Europapokal zu erreichen und diese so wieder auszugleichen. Sportlicher Erfolg lässt sich aber häufig auch mit Geld nicht planen.

Werden Vereine auf Top-Niveau Probleme haben?

Das ist denkbar. Auch international. Wer hat gut und seriös gearbeitet und sich einen Puffer verschafft und nicht nur von der Hand in den Mund gelebt, um kurzfristig sportliche Erfolge zu erzielen? Da kann es zu einer Neuverteilung kommen. Denkt man mal an Real Madrid, das ohnehin schon hohe Schulden hat und trotzdem Jahr für Jahr groß investiert. Vielleicht spült es diesen Klub nun nach unten.

Wenn Sie sich einen Verein aussuchen dürften, wo würden Sie ab Sommer arbeiten?

Wichtig wäre eine schöne Herausforderung. Wo man etwas aufbauen kann. Das hat mir bei Hessen Kassel Spaß gemacht. Strukturen zu schaffen. Eine Professionalität in den Verein zu bringen. Aber ich kann mir auch vorstellen, einen arrivierten Verein zu unterstützen – in welche Funktion auch immer.

Zur Person 

Marc Arnold (49) wurde in Johannesburg (Südafrika) geboren, besitzt aber nur die deutsche Staatsbürgerschaft. Der ehemalige Mittelfeldspieler und Manager des KSV Hessen Kassel war zuletzt zehn Jahre lang sportlicher Leiter beim derzeitigen Drittligisten Eintracht Braunschweig, wo er im August 2018 entlassen wurde. Arnold ist verheiratet, lebt in Braunschweig und hat zwei Kinder, einen Sohn (17) und eine Tochter (13).

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