Rezension aus Deutschland vom 12. Oktober 2015
Mit diesen Worten bittet der wegen seiner spitzen und tödlichen Feder gefürchtete New Yorker Zeitungskolumnist J.J. Hunsecker (Burt Lancaster) den skrupellosen Presseagenten Sidney Falco (Tony Curtis) um Feuer, nachdem er ihn öffentlich gedemütigt hat, doch wohnt auch dieser Aufforderung noch eine spöttische Herausforderung inne, die den Angesprochenen wurmen muß, ist dieser doch davon abhängig, daß Hunsecker die Leute, die Falco vertritt, in seiner Kolumne erwähnt, denn gute Publicity bedeutet ihnen alles. Allerdings boykottiert Hunsecker Falco, seitdem dieser sich als unfähig erwiesen hat, die Beziehung zwischen Hunseckers Schwester Susie (Susan Harrison) und dem aufstrebenden, aber mittellosen Jazzmusiker Steve Dallas (Martin Milner) zu sabotieren, die Hunsecker ein Dorn im Auge ist. Um sich nun doch noch die Gunst des eiskalten und gewissenlosen Machtmenschen Hunseckers zurückzugewinnen, schreckt Falco vor keinem Mittel zurück – und löst damit beinahe eine Katastrophe aus.
Alexander Mackendricks Film-noir-Drama „Sweet Smell of Success“, das im Jahre 1957 entstand, erwies sich an der Kinokasse als ein großer Reinfall, wahrscheinlich weil die Fans von Tony Curtis und Burt Lancaster ihre Lieblingsschauspieler in äußerst unsympathischen Rollen zu sehen bekamen, aber dieser zynische und bittere Film lohnt auf jeden Fall eine (Wieder)entdeckung – gerade weil die schauspielerischen Leistungen so überzeugend sind. Burt Lancaster spielt hier einen durch und durch gewissenlosen und manipulativen Soziopathen, der seine Umgebung zum Gefrieren bringt: Kurzer Haarschnitt, starre und ausdruckslose Augen hinter Brillengläsern und ein Mund, der fortwährend mit harter Stimme verletzende Worte ausspuckt – das ist J.J. Hunsecker. Einzig seine Schwester behauptet er zu lieben, doch auch diese Liebe äußert sich bei ihm in dem Wunsch, den geliebten Menschen zu beherrschen und für sich zu behalten. Hinzu kommt, daß Hunseckers besitzergreifende Liebe nicht frei von inzestuösem Verlangen zu sein scheint, wie seine Aussagen, gerade jetzt, wo Susie zu einer jungen Frau heranreife, wäre es fatal, wenn irgendjemand zwischen sie träte, andeutet. Auch Hunseckers langer Blick auf die in ihrem Zimmer schlafende Schwester kann – schließlich durfte ein Film der 50er Jahre nicht allzu explizit sein – als Zeichen einer inzestuösen Neigung gesehen werden. In diesem Zusammenhang bekommt auch das recht große Bild von Susie, das auf Hunseckers Schreibtisch steht, eine unheilvolle Bedeutung.
Wenn Hunsecker ein unberechenbarer Eisbär ist, dann kann man Falco, weiter unten in der Nahrungskette angesiedelt, doch von dem skrupellosen Vorsatz aufzusteigen beseelt, mit einem Schakal vergleichen, der sich einstweilen einem größeren Raubtier andient, damit für ihn auch das ein oder andere Fleischstückchen abfällt. Curtis hat mit seinem Vertragsstudio Universal darum kämpfen müssen, diese Rolle übernehmen zu dürfen, denn man befürchtete für einen Imageschaden für den Sunny Boy, doch wollte er unbedingt zeigen, daß er über das schauspielerische Talent verfügte, einen berechnenden, gewieften Machiavellisten auf die Leinwand zu bringen, der seinen trügerischen Charme gezielt dafür einsetzt, seine Ziele zu erreichen. Ob er nun erfolglos versucht, einen Zeitungsmann zu erpressen, ob er eine Freundin – perfiderweise mit dem Hinweis, sie habe doch einen kleinen Jungen zu ernähren – dazu bringt, sich für seine Zwecke gegenüber einem älteren Mann zu prostituieren, oder ob er vor Hunsecker auf dem Boden kriecht – man achte nur einmal darauf, wie es Curtis versteht, hinter dem lächelnden Gesicht immer wieder für einen kurzen Moment eine kalte und angriffslustige Fratze hervorscheinen zu lassen. Auch die Nebenrollen – allen voran die leider nur in wenigen Rollen zu sehende Susan Harrison als labile kleine Schwester und Emile Meyer als brutaler Lieutenant Kello – fügen sich vorzüglich in den von Lancaster und Curtis eröffneten Schauspielreigen ein.
Doch besticht „Sweet Smell of Success“ auch durch das glänzende Drehbuch, für das Clifford Odets verantwortlich zeichnete und für das er sich so viel Zeit nahm, daß mit den Dreharbeiten schon begonnen wurde, bevor das Script noch in Gänze abgeschlossen war. Anders als sonst im Noir, wird hier beinahe ausschließlich mit Worten und nie mit Waffen gekämpft, und deshalb ist hier denn auch jedes Wort eine Waffe. Wir hören hier so beißende Sätze wie „I’d hate to take a bite out of you: You are a cookie full of arsenic” oder “Don’t do anything I wouldn’t do! That gives you a lot of leeway …”, und wir stolpern dabei von einer Intrige in die nächste. Doch auch anständige Charaktere wie der Jazzmusiker Dallas haben ihre rhetorischen Sternstunden – beispielsweise wenn Dallas Susie, die mit ihm Schluß machen will, zurechtweist mit Worten wie: „Out of that mouth I love, like a ventriloquist’s dummy, your brother is saying good-bye.“
Ein weiterer Grund, warum man „Sweet Smell of Success“ unbedingt gesehen haben sollte, liegt in der Inszenierung und der Kameraarbeit. Alexander Mackendrick mag heute vor allem für seine schrullig-schwarze Kriminalkomödie „The Ladykillers“ (1955) bekannt sein, doch in „Sweet Smell of Success“ zeigen der Regisseur und sein Kameramann James Wong Howe, daß sie vortrefflich dazu in der Lage waren, einen atemberaubenden Alptraum aus hartkontrastigem Licht und Schatten heraufzubeschwören, der zudem mit versteckter Symbolik arbeitet. Wenn beispielsweise Falco, ganz in das Dunkel seiner Lügen und Intrigen gehüllt, von einer erhöhten Position auf die Bar blickt, aus der sein ahnungsloses Opfer gleich hinaustreten wird, und dem wartenden Kello ein Zeichen gibt, damit er den richtigen Mann erwische, dann ist diese Höhe doch nur ein schwacher Abglanz der Höhe, aus der Hunsecker von seinem Penthouse aus auf die dreckige Stadt New York, die er nach eigenen Worten so sehr liebe, blickt. Ein Schakal bleibt eben immer ein Schakal. Wenn es dann am Ende zu einer Konfrontation zwischen dem erbosten Bruder und seiner endlich von ihm emanzipierten Schwester kommt, dann blickt die Kamera zwar aus der Untersicht auf Hunsecker und von oben auf Susie, deren Gesichter einander mit schnellen Schnitten abwechseln, doch Susies Antlitz ist in Licht getaucht, während Hunseckers wutverzerrte Züge von den Schatten seiner künftigen Einsamkeit verschlungen werden.
Ob „Sweet Smell of Success“ nun ein lupenreiner Noir oder doch eher dem Drama zuzurechnen ist, ist eine müßige Frage, denn er vermittelt ein dreckigeres und unromantischeres Bild vom Leben als man es in vielen Vertretern der Schwarzen Serie findet. Ein Happy End wird angedeutet, doch ragen auch über ihm die dunkle Schatten werfenden Hochhäuser der herzlosen Stadt New York auf.
Der Film wurde auf Grundlage der „UA – Celebrating 90 Years of Film“-Ausgabe rezensiert, die mit den Sprachen Englisch, Deutsch, Französisch, Italienisch und Spanisch kommt und ein gutes Bild im 4:3-Format bietet. Auch wenn es keine Extras gibt, sei dieser stahlharte Film jedem Noir-Fan ans Herz gelegt.