Satiremagazin "Titanic" am Ende? Das sagt Chefredakteurin Mateus | BR24
Ein Schriftzug "Titanic ist pleite wie noch nie", gefolgt von der schriftlichen Bitte um Untersützung
Bildrechte: titanic-magazin.de, Screenshot: BR24

Pleite, pleiter, am pleitesten: Ist zwar sprachlich nicht richtig, beschreibt den Zustand des Magazins Titanic aber wohl ganz gut

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Satiremagazin "Titanic" am Ende? Das sagt Chefredakteurin Mateus

Was gegnerische Anwälte nie schafften, das besorgt jetzt die Inflation: Dem Satiremagazin "Titanic" droht das Aus. Alles sei teurer geworden, sagt Chefredakteurin Mateus. Nun wirbt sie um Unterstützung – so wie auch andere, in Not geratene Magazine.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Das Satiremagazin Titanic kämpft ums Überleben. "Es gab jetzt einige Abo-Kündigungen, weil Leute geschrieben haben, die Inflation macht ihnen zu schaffen und sie können sich das Heft nicht mehr leisten", sagt Titanic-Chefredakteurin Julia Mateus im BR24-Interview. Das habe es so früher nicht gegeben. Damit macht die Kostenkrise dem Magazin gleich doppelt zu schaffen: weniger Leser, höhere Kosten.

Papier, Versand, das sei alles teurer geworden, sagt Mateus. Und weil ihr Satireblatt keinen zahlungskräftigen Verlag im Rücken hat, wirbt Mateus nun um Unterstützung: "Wir brauchen 5000 neue Abos, damit wir die gestiegenen Kosten abfedern können."

Seit ihrer Gründung 1979 hat die "Titanic" Satiregeschichte geschrieben, und sich dabei auch immer wieder mit den Lieblingsfeinden der Linken angelegt: mit Kanzler Helmut Kohl (von 1983 bis 1998) und der katholischen Kirche. Immer wieder aber trifft der Spott auch SPD- und FDP-Politiker – und neuerdings auch gerne mal den Grünen Robert Habeck.

Das Netz ist voll mit Witzen – wer wartet da noch auf ein Heft?

Zu schaffen macht dem Blatt auch eine sich verändernde Medienwelt. Öffentlich-rechtliche Medien graben der Titanic mit ihren Satireformaten das Wasser ab, so Mateus. Vor allem aber gibt es die sozialen Medien, in denen rund um die Uhr Witze gemacht werden – wer wartet da noch auf ein Heft? "Social Media hat natürlich auch sehr viel Einfluss auf das alles", sagt Mateus, "weil man zu jedem Thema sehr schnell die Witze raushauen kann. Bei manchen Themen findet da ein richtiger Wettbewerb statt." Und dennoch – ihr in den sozialen Medien und im Netz eher pflichtschuldig vertretenes Magazin sieht sie vor allem als Printprodukt. "Ich kann mir Titanic auch nicht komplett digital vorstellen."

Die Leidensliste: Missy Magazine, nd, Katapult, Muh...

Die Titanic ist nicht das einzige Heft, dem es gerade schlecht geht. Das innovative Magazin "Katapult" aus Greifswald hatte sich auf interessante Infografiken spezialisiert – dort hat man sich jetzt aber wohl so in Nebenprojekten verzettelt, dass das Magazin vor dem Aus steht. Wie der "Tagesspiegel" berichtet, haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kein Augustgehalt bekommen.

Stand Sonntag (10.09.) heißt es bei "Katapult", von den dringend benötigten 450.000 Euro sei nun schon mehr als die Hälfte eingegangen, das sei doch grandios. Ungebrochen optimistisch – vielleicht muss man das sein, wenn man heutzutage ein Printmagazin betreibt: "Wir hatten acht Jahre nur Erfolg", schreibt das Magazin. "Vielleicht mussten wir jetzt einmal auf die Fresse fliegen. Wenn wir unser finanzielles Loch stopfen, sind wir bereit für die Zukunft."

Gehörige Schlagseite hatten zuletzt auch das feministische "Missy Magazine" und das altlinke "nd" (früher: "Neues Deutschland") gemeldet. Bei beiden ist man nach erfolgreichen Soli-Aufrufen jetzt hoffnungsfroh, dass es weitergehen kann – auch wenn es beim nd heißt: "Zum Ende dieses Jahres wird die See nochmal rauer (...) und wir müssen den Rettungsring weiter aufpolstern. Wir werden zusätzliche Spenden brauchen und mehr freiwillige Zahlungen sowie weitere neue Abos und Mitglieder der Genossenschaft."

"Wir möchten weitermachen!"

In Bayern bittet gerade das Magazin "MUH" um Unterstützung. Die Zeitschrift für "Bayerische Aspekte" schreibt: "Die Krisen der Zeit nagen am schmalen Budget der MUH – wir möchten weitermachen!" Aber dafür brauche es nach zwölf Jahren Magazinarbeit und 50 Heften nun eine Finanzspritze. 20.000 Euro will die Redaktion in Seebruck (Landkreis Traunstein) gerne einwerben.

Bemerkenswert sei doch, dass derzeit vor allem alternative und linke Medien in Not seien, schreibt die ebenfalls linke Berliner "taz". Das sei kein Zufall, sondern habe strukturelle Gründe: "Wo die Vertreter des Kapitals oder konservativer Kräfte zahlungskräftige Förderer im Rücken haben oder von Werbeetats großer Konzerne profitieren, haben Linke meist nur ihre Arbeitskraft, die sie unter Wert in publizistische Projekte stecken."

"Ja, man kommt sich ja schon langsam vor wie in einer Geisterstadt", sagt Titanic-Chefredakteurin Mateus.

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