Zapfenstreich, der
Bedeutungsübersicht
eWDG und ZDL
Bedeutung
meist Militär Signal am Abend, durch das zum Aufsuchen der Unterkünfte aufgefordert wirdWDG
Beispiele:
Es gebe klare Regeln in der Kaserne, darunter den
Zapfenstreich: »Ab 23 Uhr haben alle in ihren
eigenen Betten zu liegen.« [Neue Westfälische, 28.03.2017]
Der Begriff Zapfenstreich
stammt aus der Zeit der Landsknechte und war das Zeichen für den Beginn der
Nachtruhe in den Quartieren. Im Jahr 1596 wurde erstmals ein Abendsignal in
Verbindung mit dem »Zapfenschlag« erwähnt. […] Der
Zapfenstreich, bei der Reiterei als Retraite
bezeichnet, war ein Signal zur Nachtruhe, das mit der Trommel, dem Horn oder
der Trompete gegeben wurde. Vom Zapfenstreich bis zum
Wecken durften sich Soldaten ohne besondere Erlaubnis nicht mehr außerhalb
ihrer Quartiere, in Biwaks nicht außerhalb ihrer Kompaniereviere aufhalten.
Der Name soll sich davon ableiten, dass ursprünglich zu bestimmter Stunde
ein Kreidestrich über den Zapfen der Fässer gemacht wurde, um das Verbot des
weiteren Getränkeverkaufs kontrollieren zu können. Eine andere Erklärung
ist, dass zum Zeichen des Feierabends mit dem Säbel der Wache auf den Zapfen
der Bierfässer geschlagen (gestrichen) wurde. [Neue Westfälische, 26.06.2020]
Von diesem Augenblick [dem Frühsport]
an wird der
Soldat
der sowjetzonalen Kasernierten Volkspolizei (KVP) in der Tretmühle eines
harten militärisch‑ideologischen Drills bis zum
Zapfenstreich um 22 Uhr in ständiger Bewegung
gehalten. [Der Spiegel, 02.02.1955]
Um neun Uhr ist Zapfenstreich, will sagen, es
endet für Mannschaften ohne Nachturlaub das Recht, sich außerhalb des
Quartiers zu zeigen. [Berliner Zeitung, 08.12.1949]
Als Posten meldete ich unnachsichtlich jeden Vorgesetzten, der nach
dem Zapfenstreich über die Mauer kletterte. [Bergg, Franz: Ein Proletarierleben. In: Simons, Oliver (Hg.) Deutsche Autobiographien 1690–1930. Berlin: Directmedia Publ. 2004 [1913], S. 5188]
Nach der Angabe meiner Mutter war es abends Schlag 9 Uhr, als ich in
die
Welt
trat, insofern »ein historischer Moment«, als eben draußen vor der Kasematte
der Hornist den Zapfenstreich blies, bekanntlich seit
»unvordenklichen Zeiten« das Zeichen, daß die Mannschaften sich zur Ruhe zu
begeben haben. [Bebel, August: Aus meinem Leben. In: Simons, Oliver (Hg.): Deutsche Autobiographien 1690–1930. Berlin: Directmedia Publ. 2004 [1910], S. 3312]
a)
allgemeiner Signal, Hinweis, Zeitpunkt zum Schlafengehen oder um mit etw. (vorläufig) aufzuhören
Beispiele:
Seit der großen Party Ende Februar 2020 aber ist
Zapfenstreich für den FKK, den
Feuerwehr‑Karnevals‑Klub, zumindest bei der Bühnenpräsenz. [Leipziger Volkszeitung, 09.11.2021]
Mit den Abendstunden wurde es dann richtig angenehm auf dem
Marktplatz, und so zog sich der Zapfenstreich bis
spät in die Nacht hinein hin, bis das […]
Marktplatzfest zu Ende ging. [Mittelbayerische, 08.08.2018]
Laut Polizei war es ein Anliegen der Stadt, den Zeitpunkt für
den Zapfenstreich für die im Schlosspark
feiernden jungen Leute nach hinten zu verlegen. [Münchner Merkur, 19.07.2017]
Zudem hätten die Veranstalter ihren
Zapfenstreich (1 Uhr) um vier Stunden
überschritten, dreimal hätten die Feuerwehr wegen Fehlalarmen und die
Polizei wegen Lärmbeschwerden von Anwohnern und Hotelgästen anrücken
müssen. [Allgemeine Zeitung, 24.01.2017]
Die um den guten Ruf der Narren besorgten 36 westfälischen
Karnevalsgesellschaften forderten neben einem »seelischen
Lastenausgleich in urwüchsiger Fröhlichkeit« weiß gedeckte Tische und
Zapfenstreich Punkt zwei Uhr nachts. [Die Zeit, 01.11.1956]
b)
Großer Zapfenstreich
(Bundeswehr-Fotos, CC BY 2.0)
Phrasem:
⟨der Große Zapfenstreich (= auf den Zapfenstreich zurückgehendes abendliches Zeremoniell mit Beteiligung von Fackelträgern und Militärmusik)⟩
In der Bundeswehr ist der Große Zapfenstreich das höchste militärische Zeremoniell, das zur Ehrung scheidender hoher (militärischer wie ziviler) Amtsträger oder aus Anlass wichtiger Jubiläen veranstaltet wird.
Beispiele:
Auf einen Abschlussappell vor dem Verteidigungsministerium
folgte vor dem Reichstagsgebäude ein Großer
Zapfenstreich als höchstes militärisches
Zeremoniell der deutschen Streitkräfte. [Berliner Morgenpost, 14.10.2021]
Der Große Zapfenstreich für
[die scheidende Bundeskanzlerin Angela]
Merkel findet am Donnerstag auf dem Gelände des
Bundesverteidigungsministeriums statt. [Operation rettet Mann das Leben, 01.12.2021, aufgerufen am 02.12.2021]
Peter Struck verließ 2005 das Wehrressort, weil es in der ersten
großen Koalition unter Angela Merkel an die Union gefallen war; bei
seinem Abschied war er zutiefst gerührt. Zum Großen
Zapfenstreich wünschte er sich neben drei
Märschen auch einen Klassiker der Arbeiterbewegung, quasi den Soundtrack
zur SPD: »Wann wir schreiten
Seit’
an Seit’«. [Süddeutsche Zeitung, 20.11.2021]
Stellvertretend für alle Soldaten, die in Afghanistan im Einsatz
waren, meldete Oberstleutnant Kai
B[…],
der den Großen Zapfenstreich kommandierte,
Oberstabsfeldwebel Jens B[…] und
Oberfeldarzt Katharina S[…] das Antreten,
nachdem der Yorcksche Marsch erklungen war; die Bundeswehrärztin
S[…] war dreimal am Hindukusch, während
Panzergrenadier B[…] es auf rund 1700 Tage
im Afghanistan‑Einsatz gebracht hat. [Süddeutsche Zeitung, 11.11.2021]
Der Große Zapfenstreich gehört zu den
ältesten deutschen Militärtraditionen – die nicht nur die Bundeswehr
fortführt, sondern auch von der NVA der DDR in leicht abgwandelter Form
gepflegt wurde. [Der Spiegel, 21.01.2005 (online)]
Ich nahm noch Urlaub, um mir den großen
Zapfenstreich mit anzusehen, der von allen
Musikern und Spielleuten aller an der Parade beteiligten Regimenter
ausgeführt wurde. [Rehbein, Franz: Das Leben eines Landarbeiters. In: Simons, Oliver (Hg.): Deutsche Autobiographien 1690–1930. Berlin: Directmedia Publ. 2004 [1911], S. 55217]
letzte Änderung:
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Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Etymologie
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Zapfen · zapfen · abzapfen · anzapfen · verzapfen · Zäpfchen · Zapfenstreich
Zapfen m. ‘länglicher, sich verjüngender Holzpflock (Stöpsel) zum Verschließen eines Gefäßes, konisch runder, mit holzigen Schuppen versehener Fruchtstand der Nadelhölzer’, ahd. zapho (11. Jh.), mhd. zapfe, (md.) zappe, mnd. mnl. tappe, nl. tap, aengl. tæppa, engl. tap führen auf germ. *tappan-, umgelautetes, im Nhd. untergegangenes ahd. zepho (Hs. 12. Jh.), mhd. zepfe ‘Fruchtstand (Traube, Rispe, Ähre)’ auf germ. *tappjan- mit einer Ausgangsbedeutung ‘länglich Ausgezogenes, Spitziges’. Verwandt sind die ablautenden unter Zipfel (s. d.) behandelten Substantive und offensichtlich auch das lautlich und semantisch nahestehende Zopf (s. d.), so daß, da außergerm. Vergleiche fehlen, von einer onomatopoetischen germ. Grundform zur Bezeichnung von etw. Spitzem auszugehen ist. Das Endungs-n der nhd. Form (seit Ende 15. Jh.) entstammt den obliquen Kasus des schwach flektierten Substantivs; im Md. hält sich Zapfe bis ins 18. Jh. Der verdeutlichenden Bildung Tannenzapfen (15. Jh.) folgt (nach der Ähnlichkeit) Eiszapfen (16. Jh.). – zapfen Vb. ‘mit Hilfe eines Zapfens durch ein Spundloch ausfließen lassen, entnehmen, abfüllen’, mhd. zapfen, zepfen, auch ‘mit einem Zapfen versehen’; vgl. mnd. mnl. nl. tappen, aengl. tappian, engl. to tap. abzapfen Vb. ‘Flüssigkeit entnehmen, ablaufen lassen’ (16. Jh.), übertragen ‘jmdm. etw. abnötigen, jmdn. ausnutzen’ (17. Jh.). anzapfen Vb. ‘durch Lösen des Zapfens öffnen, anstechen’, übertragen ‘von jmdm. Geld borgen’ (15. Jh.). verzapfen Vb. ‘direkt vom Faß ausschenken’ (15. Jh.), ‘Törichtes tun, Unsinniges von sich geben’ (19. Jh.). Zäpfchen n. zapfenförmige Vorwölbung des weichen Gaumens im Rachen, ‘Gaumenzäpfchen’ (um 1500), ‘zapfenförmiges, rektal einzuführendes Medikament’ (18. Jh.), auch (in beiden Bedeutungen) Zäpflein (16. Jh.). Zapfenstreich m. Beginn der Nachtruhe in der Soldatenunterkunft, anfangs ein Signal, durch Trompete oder durch Trommelwirbel gegeben, dann mit anschließender Begleitmusik als Aufforderung für die Soldaten, sich in ihre Quartiere zu begeben (17. Jh.), schließlich zu einem Musikstück und zu festlicher Militärmusik erweitert; eigentlich ‘Streich, Schlag auf den Zapfen des Bierfasses, um dieses zu schließen und den Ausschank im Militärlager zu beenden’; vgl. nd. taptō, nl. tap toe ‘Zapfen zu’, danach nl. taptoe ‘abendliche Militärmusik, festliche Musikparade’, woraus gleichbed. engl. tattoo, (älter) taptoo (s. 1Tattoo), und russ. (älter) taptá (тапта) ‘Zapfenstreich’.
Bedeutungsverwandte Ausdrücke
Arbeitsende ·
Büroschluss ·
Dienstschluss ·
Feierabend ·
Geschäftsschluss ●
Finito ugs. ·
Schicht ugs. ·
Schicht im Schacht ugs. ·
Zapfenstreich ugs., fig.
Assoziationen |
|
(jetzt ist) Nachtruhe ·
(jetzt ist) Schlafenszeit ·
Zeit ins Bett zu gehen ·
Zeit schlafen zu gehen ●
(es ist) Zapfenstreich fig.
Assoziationen |
|
Typische Verbindungen zu ›Zapfenstreich‹ (berechnet)
Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›Zapfenstreich‹.
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