Im September 1813 setzte Napoleon I. alles auf eine Karte. Nachdem er bei Dresden der Hauptarmee der verbündeten Österreicher, Russen und Preußen eine schwere Niederlage bereitet hatte, schickte er seinen Marschall Michel Ney mit 70.000 Mann gegen Berlin. Es war der dritte Versuch, die preußische Hauptstadt zu nehmen. Doch wieder stellte sich den Franzosen Friedrich Wilhelm von Bülow (1755–1816) entgegen, der damit endgültig zu „Lucky Bülow“ wurde.
Bülow stammte aus einer alten Junkerfamilie aus der Altmark, der eine standesgemäße Karriere beim Militär gemacht hatte. Sie bekam einen entscheidenden Schub, als er nach der schweren Niederlage gegen die Franzosen bei Jena und Auerstedt zu den wenigen hohen Offizieren gehörte, die nicht einfach aufgaben, sondern in Ostpreußen weiter kämpften. 1808 wurde er zum Generalmajor, 1813 zum Generalleutnant ernannt. Zugleich wurde ihm das Kommando über ein preußisches Korps übertragen, das in die sogenannten Befreiungskriege gegen Napoleon zog.
Weil Russen und Preußen in den ersten Monaten wiederholt Gefechte verloren, fiel bereits den Zeitgenossen auf, dass in diesem Zusammenhang Bülows Name nicht auftauchte. Stattdessen gelang es ihm am 4. Juni bei Luckau, mit 15.000 Mann ein doppelt so großes Detachement unter dem französischen Marschall Charles Nicolas Oudinot zurückzudrängen und damit dessen Vorstoß auf Berlin abzuwehren.
Ende August – Schweden und Österreich verstärkten inzwischen die Anti-Napoleon-Koalition – bekam es Bülow, verstärkt durch russische Artillerie und Kavallerie, erneut mit Oudinot zu tun. Der führte diesmal die 70.000 Soldaten der „Armée de Berlin“, mit denen er die Stadt endlich einnehmen sollte. Bülows Korps unterstand inzwischen der alliierten Nordarmee, die vom schwedischen Kronprinzen Karl Johann (und französischem Ex-Marschall Jean Baptiste Bernadotte) geführt wurde. Der allerdings zeigte wenig Neigung, seinem einstigen Kameraden offensiv entgegenzutreten.
Bülow ignorierte den Befehl, sich zurückzuhalten, sondern marschierte am 23. August in strömendem Regen nach Großbeeren, 20 Kilometer vom Brandenburger Tor entfernt, und schlug Oudinot in die Flucht. „Unsere Knochen sollen vor Berlin bleichen, nicht rückwärts!“, hatte Bülow seinen Offizieren erklärt. Diesem Motto blieb er auch am 6. September treu. Diesmal hatte Napoleon den schneidigen Marschall Ney von Wittenberg aus mit dem Stoß auf Berlin betraut.
Wieder erwies sich Bernadotte als ein Feldherr, „der ohne jedes Herz für die Sache nur seinem persönlichen Interesse nachhing“, urteilte Theodor Fontane, und „sich und seine schwedische Hilfstruppe keiner Niederlage“ aussetzen wollte. Wieder ließen sich Bülow und Bogislav Friedrich Emanuel von Tauentzien, der Befehlshaber eines weiteren Korps der Nordarmee, nicht von der Aussicht schrecken, mit ihren 40.000 Soldaten gegen eine Übermacht kämpfen zu müssen.
Dabei kam ihnen Ney unfreiwillig zu Hilfe. Der hatte sein Hauptquartier auf dem linken Flügel aufgeschlagen und hatte nur eine geringe Vorstellung davon, was sich östlich davon zutrug. Um den andrängenden Bülow zurückzuwerfen, befahl er Oudinot, mit seinen Leuten zu ihm aufzuschließen. Der aber, gekränkt, dass man ihm den Oberbefehl entzogen hatte, folgte stur dem unsinnigen Befehl, der die rechte, vor allem von Sachsen gehaltene Flanke Neys schwächte. Die brach unter einer Kavallerieattacke zusammen, sodass die Franzosen sich zurückziehen mussten.
Die dritte Rettung Berlins trug Bülow das Großkreuz des Eisernen Kreuzes sowie den Roten Adlerorden I. Klasse ein. Seinem Spitznamen wurde er 1815 einmal mehr gerecht, als er nach Napoleons Rückkehr von Elba nicht in die Niederlage der Preußen bei Ligny am 16. Juni verstrickt wurde, sondern mit seinem frischen Korps zwei Tage später rechtzeitig bei Waterloo eintraf und Napoleon in die Flanke fiel.
Den Ruhm als gefeierter Kriegsheld konnte Bülow allerdings nicht lange genießen. Im Februar 1816 erlag er eine Erkältung, die er sich bei der Jagd in Ostpreußen zugezogen hatte.
Dieser Artikel wurde erstmals im September 2021 veröffentlicht.
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