Ob es Fluch oder Segen ist, Sohn eines weltberühmten Vaters und einer stolzen, selbstbewussten Mutter zu sein, bleibt sein Geheimnis. Claude Ruiz-Picasso hat nie viel von den Kinderjahren im südfranzösischen Maler-Olymp erzählt.
Als sich der greise Picasso und seine späte Liebe Françoise Gilot 1953 trennten, war Claude gerade sechs Jahre alt. Und auf den schönen, aber schonungslosen Lebensbericht, den Gilot im Rückblick veröffentlicht hat („Vivre avec Picasso“), hat der Maler mit Kontaktsperre reagiert. Selbst bei der Trauerfeier nach Picassos Tod 1973 durfte niemand aus der Gilot-Familie dabei sein – dafür sorgte nicht zuletzt die ungezählte Male hintergangene und zurückgesetzte Witwe Jacqueline Roque.
Claude ging seinen Weg auch ohne behütendes Elternhaus. Er verdingte sich als Fotograf, wurde in New York Mitarbeiter von Richard Avedon und kümmerte sich ansonsten um das gigantische Werk seines Vaters.
1975 hatte ein französisches Gesetz ihn zum Nachlassverwalter der verzweigten Familie bestimmt. Und er widmete sich mit aller Energie dieser großen Aufgabe. Mit der „Picasso Administration“ in Paris gründete die verbindliche Leit- und Schaltstelle für alle strittigen Zuschreibungs- und Authentifizierungsfragen. Wobei Konkurrenz allein von der ältesten Picasso-Tochter Maya Widmaier-Picasso zu befürchten war, die das Andenken an ihre Mutter, die frühe Picasso-Liebe Marie-Thérèse Walter, recht eigenständig aufrechterhielt, indem sie jahrzehntelang eigene Expertisen und Gutachten erstellte.
Besonders glücklich wurde Claude in Diensten seines Übervaters jedoch nicht. Mit der wenig spektakulären, der Wissenschaft verpflichteten Politik des Pariser Musée Picasso war er nie einverstanden. Und dass er die Weltmarke „Picasso“ 1999 an den Autobauer Citroën verkauft hat, trug ihm Kritik von allen Rängen ein.
Selbst die zwei Jahre jüngere Schwester Paloma, die inzwischen die „Administration“ übernommen hat, soll über den Deal nicht glücklich gewesen sein. Jetzt ist Claude im Alter von 76 Jahren gestorben – nur wenige Monate nach dem Tod seiner Mutter Françoise Gilot, die nach ihrer Picasso-Affaire ein selbstbestimmtes Künstlerinnen-Leben weiterlebte.