Eigentlich waren die Dreharbeiten zu „Something’s Got to Give“ ihre letzte Chance. Marilyn Monroes (1926–1962) letzter Film „Misfits – Nicht gesellschaftsfähig“ war 1961, also vor mehr als einem Jahr, erschienen und floppte nicht nur an der Kasse, sondern hatte auch ihre Ehe mit Arthur Millier ruiniert. Zudem trieb sie Regisseur und Produzent noch immer den Schweiß auf die Stirn, wenn sie an Monroes Kapriolen dachten. Oft kam sie zu spät, hatte ihre Texte nicht gelernt und trank oder nahm zu viele Tabletten. Und mit der sechs Jahre jüngeren Elizabeth Taylor stand schon die Nachfolgerin bereit, sie vom Thron der Sexgöttin Hollywoods zu stoßen.
„Something’s Got to Give“, eine Neuverfilmung der Komödie „Meine Lieblingsfrau“ von 1940, sollte die Wende bringen. Monroe hatte zwölf Kilogramm abgenommen, ihr Partner Dean Martin hatte sich sogar vertraglich zusichern lassen, dass nur sie die weibliche Hauptrolle spielen dürfe. Kostümbildner entwarfen ihr einen modernen Look.
Doch dem Druck, sich endlich als ernst zu nehmende Schauspielerin durchzusetzen, war Marilyn Monroe nicht gewachsen. Die Hälfte der Drehtage erschien sie nicht am Set, was nicht nur Regisseur George Cukor in den Wahnsinn trieb, sondern auch die Produktionskosten in ungeahnte Höhen schnellen ließ.
Doch zuvor meldete sie sich im Mai 1962 erst einmal krank. Wegen einer Sinusitis, wie es hieß. Umso erstaunter war man in Hollywood über die Hauptattraktion der Geburtstagsgala, die US-Präsident John F. Kennedy am 19. Mai im New Yorker Madison Square Garden gab. Zwar waren es bis zu seinem Geburtstag noch zehn Tage. Aber als Spendensammelaktion für seine Demokratische Partei musste man wohl auf Terminkalender Rücksicht nehmen. Der Höhepunkt des Abends war ein (leicht verspäteter) Auftritt von – Marilyn Monroe.
Der hatte es in sich. Sie trug ein Kleid, dessen größte Masse aus 2500 Glaskristallen bestand, darüber kurzzeitig eine Nerzjacke, darunter offensichtlich nichts. Und dann hauchte sie ins Mikrofon ein selbst komponiertes Geburtstagsständchen, das wohl den letzten Mann im Saal davon überzeugte, dass Monroe weit oben auf der Liste der zahlreichen prominenten und unbekannten Geliebten des sexsüchtigen Präsidenten stand.
„Happy Birthday, Mr. President“ war eine Kollage aus der Geburtstagshymne „Happy Birthday to You“ und „Thanks for the Memory“, in die Marilyn Monroe die Verse eingefügt hatte: „For all the things you’ve done / The battles that you’ve won ... We thank you so much.“
Während sich die Gäste mit der Geburtstagstorte zu beruhigen suchten, bestieg Kennedy das Podium und erklärte: „Ich kann mich jetzt von der Politik in den Ruhestand begeben, nachdem ,Happy Birthday‘ in so einer süßen, bekömmlichen Weise für mich gesungen wurde“, wobei wholesome ein breites Interpretationsspektrum eröffnete.
Der Saal kochte, und die Verantwortlichen der 20th Century Studios ebenfalls, die sich fragten, was ihr krankgeschriebener Star in New York zu tun hatte. Um ihre Rolle zu retten, gestand sie dem Fotografen Lawrence Schiller ein Fotoshooting für das „Paris Match Magazine“ zu, im Swimmingpool und – eine Sensation – ohne körperfarbenen Badeanzug, sondern nackt und bloß.
Der Film blieb unfertig, aber die Fotos, die damals entstanden, wurden zu Ikonen. Denn sie waren Marilyn Monroes Vermächtnis. Zweieinhalb Monate später, am 4. August 1962, starb sie an einer Überdosis. Um ihren Selbstmord und die Verstrickungen Kennedys darin ranken sich noch immer Spekulationen.
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