Der Architekt

Georg Winter stammt aus ärmlichen Verhältnissen in einem abgeschiedenen Bergdorf der Alpen und hatte wohl keine glückliche Kindheit. Nicht zuletzt dank seiner reichen Frau, mit der er zwei inzwischen erwachsene Kinder hat, ist er nun als Architekt in Hamburg sehr erfolgreich. Nur widerwillig lässt er sich überreden, mit der ganzen Familie in das tief verschneite Heimatdorf zu fahren, nachdem ihn die Nachricht vom Tod seiner Mutter erreicht. Auf der Trauerfeier ist auch Hannah mit ihrem erwachsenen Sohn Alex zugegen, der sich als Georgs unehelicher Sohn entpuppt. Nachdem eine Lawine den Ort von der Außenwelt abgeschnitten hat, bleibt Georg nichts anderes übrig, als sich seiner Vergangenheit zu stellen, wobei die mühsam aufrecht erhaltene Fassade der Familie zu bröckeln beginnt.

Was - wirklich nur auf den ersten Blick - wie eine Klischeevorstellung über Hinterwäldler in abgeschiedenen Bergregionen scheint, entpuppt sich schnell als idealer Katalysator für eine ebenfalls nur auf den ersten Blick perfekte Familie, die in ihren Lebenslügen vollkommen gefangen ist, weder gelernt hat, sich produktiv mit der eigenen Herkunft auseinanderzusetzen noch Konflikte anzusprechen, geschweige denn zu lösen. Georg, der von Josef Bierbichler grandios verkörperte Architekt, ist ein Tyrann und ein noch größerer Feigling. Um seine innere Armut und seine unglückliche Kindheit abzuschütteln, ist er vermutlich Architekt geworden - der einzige Beruf, in dem man „durch seine eigenen Gedanken spazieren kann“, wie es im Film heißt. Unter dem Unvermögen der Eltern haben besonders die beiden Kinder zu leiden: die ihren Vater vorbehaltlos bewundernde Tochter, die an ihren eigenen Fähigkeiten zweifelt, und der Sohn, der sich ungeliebt fühlt und gegen die ihm zugedachte Rolle als Juniorarchitekt rebelliert. Vor allem diese beiden ebenfalls tragischen Figuren machen das ansonsten schnörkellos erzählte und atmosphärisch sehr dicht inszenierte Kammerspiel, das durch den bayerischen Dialekt noch an Authentizität gewinnt, auch für ein junges Publikum absolut sehenswert.

DVD-Bildformat: 16:9
Ton: Dolby Surround, Dolby Digital 5.1
Sprache: Deutsch
Untertitel: Englisch

Holger Twele