Joschka Fischer (Grüne), kurz nachdem er auf dem Sondersparteitag der Grünen zum Kosovo-Krieg am 13.05.1999 in Bielefeld von einem Farbbeutel getroffen wurde.

Vor 25 Jahren: Farbbeutel gegen Joschka Fischer

Meinung: Frieden schaffen mit deutschen Waffen

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Martin Rupps
Martin Rupps

Vor 25 Jahren wurde der damalige Bundesaußenminister mit einem Farbbeutel beworfen. Seine Rede danach hat für Martin Rupps nichts von ihrer Überzeugungskraft verloren.

Am Montag vor 25 Jahren wurde der damalige Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) mit einem Farbbeutel beworfen. Die Aktion während eines Sonderparteitags in Bielefeld sollte demonstrieren, dass an Fischers Händen Blut klebt seit dem Einsatz der Bundeswehr im Kosovo-Krieg. Mit geplatztem Trommelfell eilte Fischer ans Rednerpult: „Frieden setzt voraus, dass Menschen nicht ermordet, nicht vertrieben werden…nie wieder Krieg!“

Sie ahnen, weshalb ich an die Attacke erinnere – deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine werfen auch heute die Frage auf, wie einem Aggressor – damals Serbien, heute Russland – zu begegnen ist. Ein Vierteljahrhundert später findet der deutsche „Frieden schaffen ohne Waffen“-Pazifismus nicht mehr bei den Grünen statt, sondern in der SPD und der Linken. Der SPD-Fraktionsvorsitzende im Deutschen Bundestag, Rolf Mützenich, dachte laut über ein „Einfrieren des Krieges“ nach.

Martin Rupps
Die Meinung von Martin Rupps

Zweck-Pazifismus von AfD und Bündnis Sahra Wagenknecht

Neu ist eine Art Zweck-Pazifismus, für den die AfD und das Bündnis Sahra Wagenknecht stehen. Ihre Botschaft lautet: Wir denken auch in der Außenpolitik völlig anders als der Mainstream. Dabei sind die Motive meines Erachtens nicht politisch, sondern persönlich – AfD-Politiker lassen sich in Russland gern hofieren. Sahra Wagenknecht inszeniert sich im laufenden Wahlkampf als Friedensbringerin.

Der „Umzug“ des pazifistischen Denkens in andere Parteien zeigt mir, wie unübersichtlich deutsche Politik in einem Vierteljahrhundert geworden ist. Und dass heute politische Heuchlerinnen wie Sahra Wagenknecht und Heuchler wie Tino Chrupalla unterwegs sind. Das belastet die politische Debatte. In der Sache hat für mich Joschka Fischers Wutrede nichts von ihrer Überzeugungskraft verloren.

Buchkritik Joschka Fischer - Zeitenbruch. Klimawandel und die Neuausrichtung der Weltpolitik

Joschka Fischer analysiert die aktuelle Weltpolitik angesichts von Klimaerwärmung und der Notwendigkeit globaler Zusammenarbeit. Doch es steht zu befürchten, dass die internationalen Anstrengungen durch den Krieg im Osten Europas einen Rückschlag erhalten werden. Europa wird es sich derweil nicht erlauben können, in der Rolle eines machtpolitischen Leichtgewichts zu verharren.
Rezension von Conrad Lay
Kiepenheuer & Witsch Verlag, 144 Seiten, 16 Euro
ISBN 978-3-462-00245-4

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