Pirckheimer-Blog

Nachruf

Do, 30.05.2024

Heinz Zander ist tot. | © by Stadtverwaltung Erfurt

Nachruf: Trauer um Heinz Zander

Heinz Zander (1939–2024), großer Maler und Grafiker der Leipziger Schule, der auch als Autor reüssierte, ist tot. Wie erst vor wenigen Tagen bekannt wurde, starb er am 15. Mai 2024 nach längerer Krankheit in Leipzig. Anlässlich seines im Herbst anstehenden 85. Geburtstags wird gerade eine umfangreiche Auswahl aus seinem den Mythologien und dem Realismus gleichsam verpflichteten Werk im Erfurter Angermuseum gezeigt (der Blog berichtete). Pirckheimer-Freund und Zander-Kenner Peter Arlt schrieb dazu im Neuen Deutschland. Von ihm stammt auch der in der gestrigen Ausgabe der Zeitung erschienene Nachruf. Die Ausstellung in Erfurt, die nun als Retrospektive zugleich zur Hommage wird, ist noch bis zum 28. Juli des Jahres zu sehen. Die Kunstwelt verliert mit dem Meister Heinz Zander einen akribisch-eigentümlich-einzigartigen Magier seiner Fächer.

(André Schinkel/Pressemitteilung)

Sa, 25.05.2024

In Alice Munros Büchern baden ... | © by CC BY-SA 2.0

Mai: Erinnerung an Alice Munro

In ihrer Heimat Kanada ist sie so berühmt, dass ganze Bibliotheks- und Buchhandlungswände nur aus ihren Werken bestehen: Die Literaturnobelpreisträgerin von 2013, Alice Munro (1931–2024), starb am 13. Mai still, sie war schon lange verstummt; aber ihre 150 Erzählungen vor allem werden es sein, die sie auch fortan zum festen Bestand der angelsächsischen Literatur zählen lässt. In den englischsprachigen Ländern war Munro eine Bestsellerautorin, zugleich eine Meisterin des Stils der Novelle wie der Short Story. Die hohe Ehrung für sie kam spät, viele meinen, zu spät, und sie verwehrte wohl zugleich auch die Auszeichnung der zweiten, ebenso großen Erzählerin aus Kanada, Margaret Atwood, die den Nobelpreis auch längst und zwingend bekommen haben müsste. Das wird nun wohl nicht mehr geschehen, aber es ist genausowenig Alice Munro, die eine diebische Vorliebe für verzwickte Geschichten hatte, anzulasten ... Als Buch des Monats möge im Mai Munros letzte Sammlung Dear Life stehen, im Original 2012, in deutscher Übersetzung unter dem Titel Liebes Leben 2013 bei S. Fischer erschienen: 14 Erzählungen, in feiner Meisterschaft vereint.

(André Schinkel)

Mi, 01.05.2024

Paul Auster. | © by David Shankbone (via CC-BY 3.0)

New York: Trauer um Paul Auster

In memoriam Peter Demetz (1922–2024), too.

Diese Nachricht, auch wenn man sie befürchtete schon, erschüttert den literarischen Globus: Paul Auster (1947–2024) ist tot. Er starb am gestrigen 30. April in seiner Wahlheimatstadt New York, die auch für sein Werk, etwa 30 Bücher, die in 40 Sprachen übersetzt wurden, prägend war. Seinem Debüt 1982 unter seinem Klarnamen (er hatte zuvor bereits unter zwei Pseudonymen publiziert), das sich distanziert mit dem Tod seines Vaters auseinandersetzte, folgte von 1985 bis 1987 der Ruhm in Gestalt der Bände seiner New-York-Trilogie nicht ganz auf dem Fuß, Austers experimentelle Krimis waren zunächst 17-mal abgelehnt worden, erst ein kleines Publishing House erbarmte sich. Aber von da an war es nicht mehr aufzuhalten: Es folgten weitere Großwerke wie Leviathan (1992) und Mr. Vertigo (1994) bis hin zu Invisible (2009) und dem 1.250-Seiten-Klopfer 4 3 2 1 (2017) und seinem finalen Buch, dem schmalen und höchstgradig persönlichen, sprichwörtlich mit den letzten Dingen befassten Baumgartner (2023). Es zeigt den verlöschenden Erzähler noch einmal auf der Höhe seiner einzigartigen Gabe. Austers narrative und erwägende Motivik beschäftigt sich mit den Gegensätzen von natürlicher und symbolischer Ordnung, darin ist er als Romancier, Novellist und Dramatiker wie Essayist intentionell den Transzendentalisten (Thoreau und Hawthorne) des vorletzten Jahrhunderts ähnlich und transformiert diese Denk- und Interpretationsansätze in unsere Zeit. In zweiter Ehe war Paul Auster mit Siri Hustvedt (*1955) verheiratet, die selbst eine überaus erfolgreiche Romanautorin ist. Die Gegenwart verliert mit Paul Auster einen ihrer größten Erzähler.

(André Schinkel/Pressemitteilung)

So, 07.04.2024

Peter Sodann in seiner Bibliothek – der bundesweit bekannte Künstler und Sammler starb am 05. April 87-jährig in Halle. | © by Jörg Blobelt (CC BY-SA 4.0)

Halle: Trauer um Peter Sodann

Der national bekannte Schauspieler, Film- und Theatermann Peter Sodann ist tot. Er starb am 05. April 2024 im Alter von 87 Jahren in Halle, der Stadt, die ihm lange ambivalent geliebte Wahlheimat war und die ihm, Ehrenbürger der Stadt seit 2005, in ebensolcher Liebe verbunden war und blieb. Sodann, der in den 1980er Jahren in der Saalestadt die Kulturinsel mit ihrem Kern, dem neuen theater, ausgehend von einem besetzten Kinosaal in der Innenstadt, aufbaute und jahrzehntelang deren Intendant war, wurde auch berühmt als Tatort-Kommissar in der Rolle des Bruno Ehrlicher, der an der Seite von Bernd Michael Lade in Dresden und Leipzig ermittelte. Und: Der gebürtige Sachse Sodann war auch ein Mann des Buches. Seit 1990 sammelte er die Buchbestände aus DDR-Produktion, um sie nach eigener Aussage der Nachwelt zu erhalten. Zuletzt war die auf über zwei Millionen Exemplare Bestand angewachsene Peter-Sodann-Bibliothek in Staucha in der Nähe seiner Geburtsstadt Meißen, wo er nach seiner Abberufung als nt-Intendant auch lebte, beheimatet; eine Genossenschaft soll den Fortbestand der Sammlung sichern. Mit Peter Sodann verliert die Welt einen streitbaren und unbequemen Geist, der, aus der Arbeiterschaft stammend, für die Kunst brannte und auch politisch, wo er durchaus hart anzuecken wusste (für seine Haltung saß er in der DDR zehn Monate in Haft; seine Kandidaturen für den Bundestag und das Bundespräsidenten-Amt waren nicht unumstritten), aktiv war ... Zuletzt war Sodann als Schauspieler in Andreas Dresens Biopic Gundermann zu sehen. Er hinterlässt vier erwachsene Kinder. Als Mitglied der Pirckheimer-Gesellschaft dürfte er wohl mithin das größte Sammelgebiet samt riesigem Bestand besessen haben.

(André Schinkel)

Do, 14.03.2024

Soeben erschien die 252. Ausgabe der "Marginalien", der Zeitschrift der Pirckheimer. | © Katrin Aepler

Marginalien: Heft 252 erschienen

Frisch zur Leipziger Buchmesse und zum morgen anstehenden Tag der Druckkunst auf den Tisch kommt die neue Ausgabe der Marginalien, Heft 252 (2024/1). Üppig ist, was Chefredakteur Till Schröder mit seiner Crew zusammengebaut hat: Um Künstlerbücher und was das denn sei, geht es im Startheft des neuen Jahrgangs, um Shakespeare, Gerd Sonntag, Matthias Gubig, um Abecedarien, um Grandville, antike Kräuterbücher und um Lug und Trug und Hinterlist, aufs Buch beklopft und editorisch besehen. Die Typografische Beilage ist als de facto Sündenregister mit den Letternteufelchen von Typografiegroßmeister Albert Kapr gespickt; und die Originalgrafische Beilage ist in zwei Ausführungen ein Ereignis: Kein Geringerer als der Maître Rolf Münzner, der in je 325 Stücken Schablithografien beisteuerte, um die Ausgaben mit dem Ruch der großen Kunst zu füllen, ist da in den Heften der Mitglieder der Pirckheimer zu finden! Kathrin Nitzschkes Beitrag würdigt den bewegten, schweren Weg von Gert und Alfred Eberlein in und aus der DDR. Das Heft wird beschlossen mit Rezensionen, Pirckheimer-Nachrichten, der Einladung zum Jahrestreffen in Magdeburg (13. bis 15.09.2024) sowie den Nachrufen auf Elke Lang und Bernd-Ingo Friedrich.

(André Schinkel)

Mi, 28.02.2024

Ruth Wolf-Rehfeldt (unten rechts) ist gestorben. Ihr Werk wird u. a. vom Verlag Lutz Wohlrab gepflegt.

Trauer um Ruth Wolf-Rehfeldt

Ihr Ruhm begann spät, aber nachhaltig – erst mit 85 Jahren wurde Ruth Wolf-Rehfeldt (1932–2024) mit ihrer Type-Art, kunstvollen Bild- und Letternarrangements, mit der Schreibmaschine getippt, von einem größeren Publikum wiederentdeckt. Da war ihr Mail-Art-Wechsel, angeregt durch ihren Mann Robert Rehfeldt (1931–1993), schon durch die ganze Welt gekommen. 2021 wurde die gebürtige Sächsin mit dem Gerhard-Altenbourg- und 2022 mit dem Hannah-Höch-Preis geehrt. Eine Auswahl ihres Werks erschien nach einer großen Retrospektive im Weserburg-Museum in Bremen in zwei Buchausgaben bei Lutz Wohlrab. 2017 nahm Ruth Wolf-Rehfeldt, die ihre künstlerische Arbeit bereits um 1990 erheblich reduziert hatte, an der documenta 14  in Kassel teil. Wie ihre Galerie vermeldet, starb sie am 26.02. in ihrer langjährigen Wahlheimat Berlin.

(André Schinkel/Pressemeldung)

Mi, 07.02.2024

Helga Paris – hier porträtiert von Nobert Kaltwaßer (Serie "Fotografen vor ihren Bildern"), ist gestorben.

Berlin: Trauer um Helga Paris

Die Fotografin Helga Paris (1938–2024), bekannt geworden als eigensinnige und unbestechliche Dokumentaristin des Alltags in der DDR, ist am 05. Februar in ihrer Wahlheimatstadt Berlin, in der sie mehr als ein halbes Jahrhundert den Prenzlberg bewohnte, gestorben. Die gebürtige Pommerin, die 1961–1974 mit dem Maler Ronald Paris verheiratet war, hatte bereits vor Jahren ihren Vorlass, der 230.000 Negative umfasst, an die Berliner Akademie der Künste gegeben. Berühmt wurden ihre Porträts von Werktätigen, aber auch der alternativen und Punkszene in den 80ern sowie eine Serie Selbstbildnisse – nach dem anfänglichen Verbot einer Ausstellung mit Fotografien der dem Verfall preisgegebenen Stadt Halle avancierte das daraus resultierende Buch Diva in Grau, vermehrt um die Texte zahlreicher Autoren der Ära, in der Wendezeit zum Kultobjekt. Die Original-Ausgabe des Bands ist bis heute gesucht, Nachauflagen folgten 1993, 2000 und 2006. Helga Paris wurde 85 Jahre alt – ihre stille und zugleich große Künstlerschaft war legendär. 

(André Schinkel/Pressemitteilung)

Mi, 24.01.2024

Berlin · Halle: Trauer um Elke Erb

Trotz ihres mehr als sechs Jahrzehnte währenden Werks und entgegen dem Gebaren so mancher, die es immer schon wussten, war Elke Erb (1938–2024) eine Spätentdeckte. Ihren ersten Literaturpreis erhielt sie im Alter von 50 Jahren und nicht in der DDR, in der sie unbeirrt und in einer Nische aus Widerborst und Gerechtigkeit erst an der Seite von Adolf Endler, dann allein ‚ihr Ding‘ machte ... Immerhin war es der Huchelpreis, den sie für Kastanienallee, 1987 bei Aufbau erschienen, bekam. Nach der Wende wählte sie den Weg über die kleinen und schönen Verlage, Urs Engeler etwa, den Poetenladen Verlag, in denen ihr umfängliches und ganz und gar eigenständiges Werk erschien. In den renommierten und angemessenen Suhrkamp-Verlag trat sie erst spät ein, 2021, mit Das ist hier der Fall, einer Auswahl für die BS – sicher auch der Vergabe des Büchnerpreises geschuldet, den sie dreißig Jahre zu spät, aber immerhin bekam. Und die es schon immer wussten, sie hatten ja auch recht. In der Lyrik- und alternativen Szene war die Erb immer eine Große, von Anfang an. Ihre launige Anwesenheit auf diesem sich vom Licht wegdrehenden Planeten wird fehlen, es bleiben uns ihre mit ihren Texten bekauzten Bücher, denen zu wünschen ist, dass man sie auch fürderhin sammelt und ehrt, auch das immerhin. Am 22. Januar starb Elke Erb, kurz vor ihrem 86. Geburtstag. 

(André Schinkel)

Sa, 20.01.2024

Bernd-Ingo Friedrich (2019) | © bei Hagen Schnauss

Bernd-Ingo Friedrich gestorben

Bereits am 09. Januar starb der Autor und Kulturhistoriker Bernd-Ingo Friedrich (1952–2024) in seiner Heimatstadt Weißwasser. Friedrich, der auf ein bewegtes, durch äußere Verwerfungen teils tragisches Leben zurückschaute, galt als ein streitbarer Intellektueller und Bibliophiler sowie als ausgewiesener Spezialist für die Epochen von Aufklärung und Biedermeier – seine Forschungen zu Fürst Hermann von Pückler-Muskau (1785–1871), Leopold Schefer (1784–1862) und Heinrich Stieglitz (1801–1849) setzten Standards. Ein Teil seiner Exegesen zur Buchkunst erschien auch in Publikationen der Pirckheimer-Gesellschaft wie auch in den Marginalien (dort vorrangig in den ersten anderthalb Jahrzehnten des dritten Jahrtausends). Die Resultate seiner weitgefassten Kultur-Interessen erschienen in den unterschiedlichsten, inhaltlich zum Teil geradezu diametralen Medien.

(André Schinkel/Pressemeldung) 

Elke Lang (1942–2024) | © bei Marcel Gäding (MOZ)
Elke Lang, hier bei einem Galeriegespräch im April 2023 in Chemnitz, pflegte das Erbe von Lothar Lang und war u. a. als Autorin und Herausgeberin aktiv.

Grünheide: Trauer um Elke Lang

Unsere Pirckheimer-Freundin Elke Lang ist, wie die Märkische Oderzeitung gestern mitteilte, am 16. Januar im Alter von 81 Jahren gestorben. Mit Elke Lang (1942–2024) verliert die Pirckheimer-Gesellschaft eine engagierte Mitstreiterin und Sammlerin, die das Erbe ihres Mannes Lothar Lang (1928–2013) fürsorglich pflegte, aufarbeitete und bewahrte, sich zugleich einmischte als Essayistin und Rezensentin im Pirckheimer-Blog wie in den Marginalien, zu Sommerfesten in den idyllischen Künstlerort Grünheide bei Berlin einlud und so vielen Pirckheimern nah und vertraut war. Auch als Autorin der MOZ war sie beliebt und hoch geachtet. Die in Sachsen Geborene wurde und arbeitete zunächst als Lehrerin, ging mit der Berufung Lothar Langs nach Museum Schloss Burgk mit ihm ins Thüringische und war eine wichtige Zeitzeugin, was die Kulturgeschichte der letzten Jahrzehnte auch im Hinblick auf die Künstlerszene der DDR und ehemaligen DDR im Allgemeinen und der Gesellschaft im Speziellen bedeutet. In ihren späteren Jahren war sie immer wieder in die kulturellen Belange Brandenburg-Berlins involviert. Unter anderem gab sie die Erinnerungen Lothar Langs 2009 bei Faber und Faber in Leipzig und 2021 den Briefwechsel zwischen Carlfriedrich Claus und Lang heraus. In der kommenden, sich im Satz befindenden Ausgabe der Marginalien (Heft 252) ist sie mit ihren zwei jüngsten Texten vertreten. Der Tod dieser klugen und agilen Frau kommt für viele der Mit-Pirckheimer unerwartet und trifft die, die sie kannten und schätzten, schmerzlich.

(André Schinkel)

Mo, 08.01.2024

Harry Oberländer ist gestorben. | © Alex Englert/EF

Trauer um Harry Oberländer

Er galt in der Kollegenschaft und letztlich Nachfolge von Paulus Böhmer und Werner Söllner als eine der guten Seelen des Mousonturms in Frankfurt am Main und dürfte vielen Schriftstellern zu Bekanntheit verholfen haben: Harry Oberländer. Der Dichter und Übersetzer leitete das Haus viele Jahre und war in Personalunion auch Herausgeber des hochrenommierten Literaturboten. Seine Bücher erschienen in kleinen Verlagen als Nachdichter und Herausgeber arbeitete er jedoch auch mit großen Häusern wie Schöffling oder der Büchergilde Gutenberg. 2016, nach seinem Rückzug ins Private, ging er in seine Geburtsstadt, nach Bad Karlshafen in Nordhessen, er blieb der Szene aber über die Edition Faust verbunden. Oberländers Wort hatte Gewicht unter Freunden und Kollegen; wie am Sonntag bekannt wurde, starb er am Wochenende im Alter von 73 Jahren.

(André Schinkel/Pressemitteilung)

So, 07.01.2024

Ein Bild aus besseren Tagen: Hendrik, Manfred und Sebastian te Neues. Der jüngste Spross der Verleger- und Künstlerdynastie wurde nun tot in Eckernförde aufgefunden. | © teNeues-Verlagsgesellschaft

Sebastian te Neues gestorben

Die Tragödie in der Edelverleger-Familie te Neues scheint kein Ende zu nehmen ... Die Medien melden heute den Tod von Sebastian te Neues, der im Alter von 54 Jahren starb. Bereits im Jahr 2019 hatte sich sein achtzehn Jahre älterer Bruder und Compagnon Hendrik te Neues das Leben genommen, Alt-Verleger Manfred te Neues starb im Mai 2023. Die teNeues Publishing Company vertrieb weltweit Publikationen vor allem zu den Themen Fotografie, Kunst, Starporträts, Society, der deutsche teNeues-Verlag ist bekannt für seine Foto-, Glamour-, Reise-, Kunstbände, Karten, Poster und Blankbooks. Seit einer Insolvenz im Jahr 2020 ist das Unternehmen unter dem Dach von Weltbild zu finden. Schauspieler Frank te Neues konnte nun nur noch den Tod seines Bruders bestätigen. Sebastian te Neues verstarb in der Nacht zum Samstag in seinem Büro in Eckernförde.

(André Schinkel/Pressemitteilung)

Do, 09.11.2023

Ein Freund der Bücher: Jürgen Engler (1945–2023).

Berlin: Trauer um Jürgen Engler

Große Betroffenheit löst die folgende Nachricht bei jedem Freund der guten Literaturzeitschrift, der Literatur, der Lyrik wie der Liebe zum schönen Buch aus: der Kulturwissenschaftler, Redakteur, Autor und Herausgeber Jürgen Engler, vor allem bekannt für seine langjährige Leitung eines der beiden maßgeblichen Literaturjournale im Osten von Deutschland, neue deutsche literatur (ndl), ist tot. Der gebürtige Dresdner, der in Leipzig studierte und promovierte, starb am 30.10. 78-jährig in Berlin; seine letzte Veröffentlichung, die Lyrische Menschenkunde, in der Anderen Bibliothek in diesem Jahr erschienen, ist somit zu seinem Vermächtnis geworden. Das Buch wurde im jüngsten Heft der Marginalien, denen Jürgen Engler als Kritiker, Essayist und stille Instanz für die vor allem lyrischen Ausgaben der Typografischen Beilage eng verbunden war, inhaltlich wie auch auf seine bibliophile Gestaltung hin besprochen. Von 1972 an, nach seiner Promotion, war Jürgen Engler als Redakteur unter anderem für die Weltbühne sowie die zweite große Literaturzeitschrift auf dem Gebiet der (ehemaligen) DDR, die Sinn und Form, tätig, nach der Wende auch verstärkt als Autor, Rezensent und Herausgeber. Von 1995 bis zu ihrer Einstellung 2004 leitete er die Redaktion der ndl. Die Titel vieler von ihm bei Aufbau herausgegebener Gedicht-Anthologien sprechen von seiner tiefen, innigen Liebe für die Gattung: Und in der Nacht ein Licht (Trostgedichte), In den sonnigen Beeten (Gartenlyrik), So knallvergnügt (Über das Glück), O süßes Nichtstun (Lob der Faulheit) ... Die literarische Welt verliert in dem Mann einen Freund der Dichter und großen Büchernarren

(André Schinkel)

Di, 31.10.2023

Der Autor Wulf Kirsten (1934–2022). | © Jens Kirsten
Der Band "Nachtfahrt" erschien im quartus-Verlag.

Bibliophiles des Monats: Wulf Kirstens „Nachtfahrt“-Prosa

Er war einer der bedeutendsten Lyriker der Gegenwart, ein akribischer und hochseismischer Bewahrer, Auffinder und Entdecker von Literatur, mithin der Nestor und Tribun der thüringischen Literaturszene: Wulf Kirsten, der, 1934 im sächsischen Klipphausen geboren, am 14. Dezember des letzten Jahrs im Alter von 88 Jahren in Bad Berka starb. Seit den sechziger Jahren war Weimar die Stadt seiner Wahl, hier entwickelte er zunächst ein hochwichtiges Wirken als Lektor des Aufbau-Verlags und reifte zugleich zum vielfach geehrten Dichter von hohen Graden, unter anderem mit dem Huchel-, dem Josef-Breitbach-Preis, einem Ehrendoktorat der Jenaer Universität und dem Thüringer Literaturpreis ausgezeichnet. Ein passionierter Wanderer und Landschafter, wurde seine Dichtung erinnernde Arbeit, Richtmaß, Vorbild einer Reihe jüngerer Dichter und Dichterinnen.

Kirsten, der auch ein hochambitionierter Herausgeber und Erfinder von Buchreihen war, ist auch für die auf Band Nr. 60 zulaufende Edition Muschelkalk verantwortlich zu machen, deren weitere und beherzte Herausgabe ich 2015 auf seinen Vorschlag als sein Nach-Nachfolger übernahm. So ist sein Wirken auf verschiedene Weise in der Welt geblieben und verankert. Dass das auch mit seinem Werk geschehe, ist nicht nur ein Wunsch der thüringischen Szene, die ihm so viel verdankt. Nun: Mit dem von Pirckheimer-Freund Jens-Fietje Dwars herausgegebenen ersten Nachlassband Nachtfahrt (Edition Ornament im quartus-Verlag, Bucha bei Jena 2023, 176 Seiten, ISBN 978-3-94764-652-4, 22 Euro) ist ein furioser Anfang gemacht. Das Buch enthält autobiographische Prosa und ist in der wunderbaren Essay-Unterreihe erschienen. Die Texte schließen an die vorhergehenden Prosa- und Essaysammlungen Kirstens an und zeigen ihn noch einmal in seiner ganzen Kraft des Schöpfens wie Erinnerns. In der Nachfolge seines 2000er Bands Die Prinzessinnen im Krautgarten widmet sich der Dichter in Nachtfahrt seiner erwachsenen Biografie. Das ist berührend, bewahrend, zuweilen skurril, immer authentisch und tief. Radierungen von Susanne Theumer begleiten das Buch, es sind mehrere Vorzugsausgaben erwerbbar. Regulär oder originalgrafisch: Eine bibliophile Kostbarkeit ist dieses Buch in jeder Ausführung. Und eine Empfehlung für alle Buch-Affinen!

Eine erste Lesung aus Nachtfahrt zum Gedenken an Wulf Kirsten fand am 01. Oktober in Gera statt, veranstaltet vom Herausgeber des Buches, Jens-Fietje Dwars, und Annerose Kirchner. Und weitere Veranstaltungen, unter anderem mit der Grafikerin Susanne Theumer oder dem halleschen Autor Wilhelm Bartsch, werden folgen. Im Übrigen ist auch ein originalgrafisches Buch mit Kaltnadeln Susanne Theumers zu acht nachgelassenen Gedichten Kirstens als 53. Druck in der Edition der Künstlerin in kleiner Auflage erschienen. Der Titel ist sympatrisch zur Nachlass-Publikation in der Edition Ornament: Abendlicht. Und auch ein Album amicorum, das Werk und den Nachhall Wulf Kirstens als Kollege und Freund in vielen Stimmlagen (Michael Krüger darunter, Volker Braun) würdigend, ist angekündigt und erscheint, herausgegeben von seinem Sohn Jens Kirsten, Wolfgang Haak und Christoph Schmitz-Scholemann, in Kürze. Ehre, wem sie gebührt ... So möge es sein.

(André Schinkel)

Do, 31.08.2023

Johann Wolfgang Goethes "Erotica" erschienen mit Zeichnungen von Gerd Mackensen in der Edition Ornament im quartus-Verlag Bucha bei Jena (2021).

Trauer um Gerd Mackensen

Für alle Freunde seiner unverwechselbaren Kunst noch schwer zu fassen, starb der Sondershäuser Künstler Gerd Mackensen (1949–2023) am 20. August dieses Jahres. Der in Nordhausen geborene Maler, Grafiker, Bühnenbildner, Fotograf und Bildhauer hatte Pirckheimer-Freund und Herausgeber einer Reihe von ihm gestalteter Bücher Jens-Fietje Dwars noch für den 21. September 2023 ein Künstlergespräch in der LiteraturEtage der Literarischen Gesellschaft Thüringen oberhalb der Weimarer Eckermann-Buchhandlung zugesagt – diese wird nun, im Angesicht des Trauerfalls, als Abend für Gerd Mackensen ausgerichtet. Dwars, der durch den Gedenk-Abend führen wird, und der Geschäftsführer der Literarischen Gesellschaft des Freistaats, Guido Naschert, schreiben dazu: „In Absprache mit der Familie möchten wir an dem Termin festhalten und zu einem Gespräch über sein Künstlerleben und Werk einladen.“ Weiter heißt es: „Dwars liest das Mackensen-Porträt aus seinem Buch Ateliergespräche, auf einer Leinwand zeigen wir Arbeiten des Bildermachers, und Freunde, Kollegen, Sammler und Bewunderer seiner Kunst sind eingeladen, miteinander ins Gespräch zu kommen ...“ Mackensen war sowohl mit freien Arbeiten als auch mit seinen Beiträgen zu Buchprojekten bekannt geworden, im quartus-Verlag, in dem J.-F. Dwars mehrere Buchreihen begründete und herausgibt und der auch Heimat der Zeitschriften Palmbaum und Marginalien ist, gab er unter anderem Bänden von Wolfgang Haak und Wilhelm Bartsch bildnerische Eleganz und Gestalt. Das schönste gemeinsame Projekt aber dürften die von Dwars ausgewählten und von Mackensen reich mit Zeichnungen ausgestatteten Erotica von Großmeister Johann Wolfgang Goethe gewesen sein, die als prächtiger Sonderband der Edition Ornament in mehreren feinen Formaten erschien und bei der sich bereits die gleichsam bibliophil zu nennende Normalausgabe lohnt. Der Abend für den Künstler am 21.09. beginnt um 19 Uhr, Karten für 8 (ermäßigt 5) Euro können im Vorfeld in der Eckermann-Buchhandlung im Untergeschoss, die sich wie das Büro der LGT und die LiteraturEtage in der Marktstraße 2–4 in 99423 Weimar befindet, erworben werden.

(André Schinkel)