Philipp Amthor: Trotz Lobbyimus-Affäre steigt er zum CDU-Spitzenkandidaten auf
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Trotz Lobbyimus-Affäre: Philipp Amthor steigt zum CDU-Spitzenkandidaten auf

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Philipp Amthor: Bedeutet der Lobby-Eklat das Ende seiner Karriere?
Philipp Amthor: Bedeutet der Lobby-Eklat das Ende seiner Karriere? © dpa / Jens Büttner

Mit Lobbyarbeit geriet die Karriere von Philipp Amthor ins Schlingern. Jetzt macht ihn die CDU in Mecklenburg-Vorpommern zum Spitzenkandidaten.

  • Mit lukrativer Lobbyarbeit für Augustus Intelligence zog Philipp Amthor viel Kritik auf sich.
  • Amthors Fraktionskollegen Georg Nüßlein und Nikolas Löbel ziehen Konsequenzen aus der Masken-Affäre.
  • In Mecklenburg-Vorpommern wird Amthor trotzdem mit großer Mehrheit Spitzenkandidat der CDU für die Bundestagswahl 2021.

Güstrow – Philipp Amthor wird Spitzenkandidat der CDU in Mecklenburg-Vorpommern. Sein Heimatverband sprach sich mit großer Mehrheit dafür aus, den jüngsten direkt gewählten Abgeordneten des aktuellen Bundestages auch für die kommende Legislaturperiode in das höchste deutsche Parlament zu entsenden. Die Deutlichkeit der Abstimmung, über 90 Prozent der Delegierten votierten pro Amthor, zeigt, dass die Nordost-CDU sich nicht von der Lobbyismus-Affäre ihres Hoffnungsträgers beeindrucken lässt.

Augustus Intelligence: Philipp Amthor verstrickte sich 2020 in eine Lobbyimus-Affäre

Dabei ist es kein Jahr her, als Philipp Amthor im Juni 2020 eingestand, einen „Fehler“ gemacht zu haben, indem er sich mit mehreren teuren Reisen und Aktienoptionen im Wert von rund einer Viertelmillion Euro dafür entlohnen ließ, für das US-amerikanische IT-Unternehmen Augustus Intelligence unter anderem gegenüber Wirtschaftsminister Peter Altmaier Lobbyarbeit betrieben zu haben. Und nicht nur das: Im Vorfeld der Veröffentlichung der Ausmaße der Amthor-Affäre hatte der junge Bundestagsabgeordnete zu Protokoll gegeben, für seine Tätigkeiten im Dienste des US-Unternehmens „kein Gehalt“ erhalten zu haben.

Ganz unbeschädigt kam Philipp Amthor dann auch nicht aus der Sache: Mit zunehmendem politischen Druck verzichtete Amthor zunächst auf seinen Sitz im Untersuchungsausschuss des Bundestages zum Fall Anis Amri, auch weil mit Hans-Georg Maaßen ein ehemaliger Verfassungsschutzpräsident befragt werden sollte, dem ebenfalls Verbindungen zu Augustus Intelligence nachgewiesen wurden. Anschließend zog Amthor zudem seine Kandidatur zum Landesvorsitz der CDU in Mecklenburg-Vorpommern zurück, nachdem er zuvor eine längere Zeit versucht hatte, trotz der Lobbyismus-Affäre an seiner Kandidatur festzuhalten.

Brief von Philipp Amthor an Wirtschaftsminister Altmaier: Augustus Intelligence verhindert Herausgabe

Die Affäre Amthor schlug so stark Wellen, dass sich die „große“ Koalition aus CDU und SPD noch im Sommer auf die Einführung eines Lobbyregisters verständigte, nachdem sich die Union lange gegen die Forderungen aus der SPD, den Grünen, der FDP und der Linkspartei gestemmt hatte, ein solches Transparenz-Werkzeug einzuführen. Pikanterweise einigten sich die Koalitionspartner rund ein Dreivierteljahr später auf eine gemeinsame Linie – nur drei Tage, bevor Philipp Amthor in Güstrow seinen triumphalen Wahlsieg auf dem Listenparteitag der CDU Mecklenburg-Vorpommern einfuhr. Doch auch die zeitliche Nähe dieser Ereignisse vermochte es nicht, die Delegiertenversammlung der Nordost-CDU von ihrem klaren Signal pro Amthor abzuhalten.

Und auch Augustus Intelligence zeigt sich kaum tangiert von den Ereignissen im Sommer 2020. Knapp eine Woche vor der Nominierung Amthors zum Spitzenkandidaten der CDU in Mecklenburg-Vorpommern, wurde bekannt, dass sich das Unternehmen juristisch dagegen wehrt, den Lobbyismus-kritischen Onlineportalen fragdenstaat.de und abgeordnetenwatch.de Einsicht in eine größtenteils ungeschwärzte Version des Schreibens, das Philipp Amthor unter dem Briefkopf des Bundestages an Peter Altmaier versendet hatte, zu gewähren. Zuvor hatte das Bundeswirtschaftsministerium die Bereitschaft signalisiert, das Schriftstück gemäß einer Informationsfreiheits-Anfrage von fragdenstaat.de herauszugeben.

Lobbyismuskritiker: Augustus Intelligence will Herausgabe von Amthor-Brief nicht vor Bundestagswahl

Die Lobbyismuskritiker:innen vermuten, dass die Klage gegen die Herausgabe des Briefes keinen Erfolg haben, Augustus Intelligence „sein Ziel“, die Veröffentlichung damit zumindest bis nach der Bundeswahl herauszuzögern, allerdings „erreichen“ werde. Dieses Vorgehen könnte je nachdem, welche Brisanz das Schreiben von Amthor an Altmaier tatsächlich beinhaltet, durchaus im Interesse des frisch gewählten CDU-Nordost-Spitzenkandidaten Philipp Amthor sein, für den etwaige Enthüllungen im Vorfeld der Wahl im September 2021 politisch ungemütlich werden könnten.

Laut abgeordnetenwatch.de zeigte sich das Bundeswirtschaftsministerium bereits im Oktober 2020 bereit, den Brief von Philipp Amthor an das Portal und fragdenstaat.de (beide hatten unabhängig voneinander Einsicht beantragt) herauszugeben, allerdings hätten „Dritte“ Einwände erhoben. Dabei handelte es sich um Augustus Intelligence. Das Unternehmen berief sich dabei auf den „Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen“.

Philipp Amthor wollte zwischen Augustus Intelligence und Wirrtschaftsminister Altmaier vermitteln

Der Inhalt des Briefes von Philipp Amthor an Peter Altmaier ist bis heute nicht völlig bekannt. Dem „Spiegel“, der die Affäre im Mai 2020 öffentlich gemacht hatte, liegt lediglich ein Entwurf des Schreibens vor, der laut agbeordnetenwatch.de bei Augustus Intelligence kursierte. Beim IT-Startup selbst soll Philipp Amthor mit seinem Schreiben auf Begeisterung gestoßen sein. Laut dem „Spiegel“ soll einer der Mitgründer des Unternehmens in einem internen Chat von Amthor geschwärmt haben: „So ein geiler Typ, wir müssen uns echt bei ihm bedanken.“

Im Entwurf des Schreibens verweist Philipp Amthor gegenüber Altmaier auf ein gemeinsames Gespräch am Rande einer Fraktionssitzung der CDU im Bundestag und kündigt an, dem Wirtschaftsminister ein „spannendes und politisch vielversprechendes Investitionsvorhaben“ von Augustus Intelligence vorstellen zu wollen. Sein eigenes Bundestagsbüro bietet Amthor laut Angaben des „Spiegel“ in diesem Schreiben dazu an, „jederzeit“ für eine Terminfindung für ein Gespräch zwischen Altmaier und dem damaligen Firmenchef Wolfgang Haupt zur Verfügung zu stehen. Haupt lässt seine Funktion seit dem 19. Juni 2020 ruhen, offiziell so lange, bis der „Vorgang um Amthor“ durch eine Untersuchung aufgeklärt sei.

Lobbyismus: Georg Nüßlein (CSU) und Nikolas Löbel (CDU) verstrickt in Masken-Affäre

Mit seiner gut dotierten und aufgeflogenen Lobbyarbeit ist Philipp Amthor in der Fraktion von CDU und CSU nicht allein. Der stellvertretende Fraktionschef der gemeinsamen Fraktion, Georg Nüßlein (CSU) sowie CDU-Parlamentarier Nikolas Löbel sind derzeit in eine Lobbyismus-Affäre um den Ankauf von Corona-Masken verstrickt. Beide Politiker kündigten an, für den nächsten Bundestag nicht mehr kandidieren zu wollen, Nüßlein legte sein Amt als Vizechef der CDU/CSU-Fraktion nieder, nachdem er es zunächst „ruhen“ lassen wollte. Ex-CDU-Chefin und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) forderte daraufhin auf Twitter, dass beide Politiker alle Ämter niederlegen und den Bundestag umgehend verlassen sollten: „Es gibt überhaupt nichts schönzureden. Und Ämter ‚ruhen‘ zu lassen, reicht nicht.“

Während Georg Nüßlein vorgeworfen wird, eine von ihm geführte Firma mittels eines „Beraterhonorars“ um 660.000 Euro mit dem staatlichen Ankauf von Corona-Schutzmasken bereichert zu haben, soll eine von Nikolas Löbel geführte Firma als Vermittler eines Masken-Deals zwischen einem baden-württembergischen Lieferanten und zwei Privatunternehmen in Mannheim und Heidelberg rund 250.000 Euro eingestrichen haben.

Trotz Lobbyismus: Georg Nüßlein (CSU) und Nikolas Löbel (CDU) behalten Bundestagsmandat

Das Festhalten am Bundestagsmandat der Politiker wird unterdessen scharf kritisiert. Linken-Fraktionchef Dietmar Bartsch moniert auf Twitter die „Pensionsansprüche“ Löbels und nennt ihn einen „Vorteilsoptimierer“. Mona Neubaur, Landeschefin der Grünen in Nordrhein-Westfalen twittert: „Nicht wieder für ein Mandat anzutreten ist kein Rücktritt, Löbel! Wann bricht Armin Laschet sein dröhnendes Schweigen zu den abstoßenden und gefährlichen Vorgängen in der CDU, die dort offenbar verbreitet sind? Handeln, Aufklärung und schonungslose Offenlegung sind gefragt.“ Simon Lavo-Braumann, Mitarbeiter der SPD-Fraktion im Bundestag fragt: „Amthor verzichtet auf Kandidatur Landesvorsitz - behält Bundestagsmandat. Georg Nüßlein verzichtet auf Kandidatur nächste Wahl - behält Bundestagsmandat. Löbel: verzichtet auf Ausschuss - behält Bundestagsmandat. Das sollen „Konsequenzen“ sein?“

Unterdessen haben sowohl Nikolas Löbel als auch Georg Nüßlein angekündigt, die Fraktionsgemeinschaft der CDU und CSU im Bundestag zu verlassen und bis August als fraktionslose Abgeordnete im Bundestag bleiben zu wollen - an ihrem Abgeordnetengehalt und Pensionsansprüchen ändert das freilich nichts. Medienforscher und „BILDblog“-Autor Lorenz Lorenz-Meyer fasst diesen Umstand auf Twitter zusammen: „CDU-Abgeordneter Löbel zieht sich aus Politik zurück - oder wie man es auch ausdrücken könnte: Er räumt noch die komplette Legislaturperiode ab und zahlt sich mit der Viertelmillion aus dem Maskendeal quasi selbst eine Abfindung.“

Bundestagsabgeordneter Axel Fischer (CDU): „Anfangsverdacht der Bestechlichkeit“

Doch nicht nur Philipp Amthor, Georg Nüßlein und Nikolas Löbel stehen für ihre Lobbyarbeit in der Kritik. Auch gegen den Bundestagsabgeordneten Axel Fischer wird ermittelt. Grund: „Anfangsverdachts der Bestechlichkeit“. Laut Generalstaatsanwaltschaft wird dem CDU-Politiker vorgeworfen, zwischen 2008 und 2016 „unter anderem Gelder aus Aserbaidschan über britische Briefkastengesellschaften mit baltischen Konten erhalten zu haben.“

Für die CDU und CSU könnten die sich häufenden Fälle aufgedeckter Lobbyismus-Affären im Superwahljahr 2021 zur Belastung werden. Es bleibt abzuwarten, welche Konsequenzen die Wählerschaft daraus ziehen wird. Zuletzt hatte die CDU laut Umfragen mehre Prozentpunkte verloren. (Mirko Schmid, Sebastian Richter)

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