Rezension
Samba-Senior Antonio Carlos Jobim nannte sie schon bei ihrem ersten Vor- spielen in Rio "ein sehr talentiertes Mädchen". Ana Caram, beboren 1958 in Sao Paulo, zählt zu den faszinierendsten jungen Stimmen des an Talenten wahrlich nicht armen Brasilien. Das entging auch dem kubanischen Trompeter Paquito D'Rivera nicht, als er Ana in Finnland auf einem Jazzfestival hörte. Er lud die Latin-Lady zu einem Auftritt mit seiner Band in die New Yorker Carnegie Hall. Dort wiederum erregte sie die Aufmerksamkeit des Produzenten David Chesky, der die Sängerin und Gitarristin auf der Stelle unter seine Fittische nahm. "Amazonia" ist bereits Anas zweites Album auf dem Chesky-Label, und wieder findet sich hier jene Mischung aus zeitlos schönen, Jazz-durchtränkten Latin-Sounds und makelloser Tonaufzeichnung, das für die Chesky-CDs im allgemeinen und für ihre Musik im besonderen gilt. In zwölf Klangskizzen entsteht ein Portrait Amazoniens, und so reich wie diese Region um den großen Strom Südamerikas an seltener Vegetation und exotischen Tierarten ist, so schillernd vielseitig in Rhythmik und Melodik sind die vorliegenden Titel. Sechs davon - darunter das zauberhaft leichte "Mae Terra" - hat sie selbst geschrieben, den Rest steuerten die populären Autoren Ivan Lins, Djavan und Jobim bei. Die selbstverständliche Heiterkeit, die aus diesen Klangmosaiken spricht, hat aber auch einen nachdenklichen Unterton. Das Paradies "Amazonia" ist durch Rodung der Regenwälder bedroht. Ana Caram widmet diese CD der "Mother Earth", ihrer wichtigsten Inspirationsquelle - und sie stellt ihre zweite "Maiden Voyage" in den Dienst eines Weltbürgertums: "auf daß die Welt mehr wie Musik wird - ohne Pässe und ohne Grenzen", schreibt sie im Booklet. Dem Ideal unzerstörter Natur kommt die Chesky-Aufnahme verführerisch nahe: Stimme und Gitarre, Bässe, Perkussion, Flöten und Tasteninstrumente fügen sich in einer harmonischen Schönheit zusammen, wie sie bei einem Livekonzert nicht perfekter denkbar wäre.
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