Drama - Gustav Freytag
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Der pyramidale Bau des Dramas
nach
Gustav Freytag

Der Schriftsteller und Literaturwissenschaftler Gustav Freytag hat 1863 in seinem Buch �Die Technik des Dramas“ 1) die Theorie des klassischen Dramas in stark schematisierter Form zusammengefasst, indem er die Dramenstruktur als �pyramidalen Bau“ beschrieb:

"Durch die beiden H�lften der Handlung, welche in einem Punkt zusammenschlie�en, erh�lt das Drama, - wenn man die Anordnung durch Linien verbildlicht, - einen pyramidalen Bau. Es steigt von der Einleitung mit dem Zutritt des erregenden Moments bis zu dem H�hepunkt, und f�llt von da bis zur Katastrophe. Zwischen diesen drei Teilen liegen die Teile der Steigung und des Falles. Jeder dieser f�nf Teile kann aus einer Szene oder aus einer gegliederten Folge von Szenen bestehen, nur der H�hepunkt ist gew�hnlich in einer Hauptszene zusammengefasst. Diese Teile des Dramas, a) Einleitung, b) Steigerung, c) H�hepunkt, d) Fall oder Umkehr, e) Katastrophe, haben jeder Besonderes in Zweck und Baurichtung. Zwischen ihnen stehen drei wichtige szenische Wirkungen, durch welche die f�nf Teile sowohl geschieden als verbunden werden. Von diesen drei dramatischen Momenten steht eines, welches den Beginn der bewegten Handlung bezeichnet, zwischen Einleitung und Steigerung, das zweite, Beginn der Gegenwirkung, zwischen H�hepunkt und Umkehr, das dritte, welches vor Eintritt der Katastrophe noch einmal zu steigern hat, zwischen Umkehr und Katastrophe. Sie hei�en hier: das erregende Moment, das tragische Moment, das Moment der letzten Spannung. Die erste Wirkung ist jedem Drama n�tig, die zweite und dritte sind gute, aber nicht unentbehrliche Hilfsmittel." (S. 102)  1)

Seitdem ist Freytags Schema in Form eines axial-symmetrischen Dreiecks zur Veranschaulichung der Struktur des klassischen Dramas immer wieder verwendet worden.

Wesentlich f�r die Struktur des klassischen Dramas ist die von Aristoteles geforderte Einheit der Handlung. Jede Szene (Auftritt), das kleinste Aufbauelement des Dramas, ist eng mit den Nachbarszenen verkn�pft. So wird ein Sinnzusammenhang aufgebaut, in dem keine Szene fehlen bzw. umgestellt werden darf. Alles erweist sich als Teil des geradlinigen, zeitlich relativ eng begrenzten einen Haupthandlungsstranges. Die gesamte Szenenfolge ist in f�nf Sequenzen unterteilt, die Akte (Aufz�ge) genannt werden. Diese f�nf Akte stehen in einem die Spannung aufbauenden Funktionszusammenhang, sie bilden die Etappen, die den dramatischen Prozess in seiner idealtypischen Verlaufsform gliedern.

Der 1. Akt enth�lt die Exposition, der Zuschauer wird in die zeitlichen und �rtlichen Verh�ltnisse eingef�hrt, er lernt die Vorgeschichte und die f�r die Handlung wesentlichen Personen kennen, und seine Aufmerksamkeit wird auf den Keim des Konfliktes und der Spannung gelenkt.

Im 2. Akt erfolgt das erregende Moment, die Sch�rzung des Knotens. Die Handlungsf�den werden verkn�pft und verschlungen: Interessen sto�en aufeinander, Intrigen werden gesponnen, die Entwicklung des Geschehens beschleunigt sich in eine bestimmte Richtung, die Spannung auf den weiteren Verlauf der Handlung und auf das Ende (Finalspannung) steigt.

Im 3. Akt erreicht die Entwicklung des Konfliktes ihren H�hepunkt, der Held steht in der entscheidenden Auseinandersetzung; der Umschlag, die dramatische Wende zu Sieg oder Niederlage, zu Absturz oder Erh�hung, Peripetie genannt, erfolgt.

Im 4. Akt f�llt die Handlung auf das Ende zu (fallende Handlung). Dennoch wird die Spannung noch einmal gesteigert, indem die Entwicklung im so genannten retardierenden Moment verz�gert wird. Der Held scheint doch noch gerettet zu werden (Trag�die), bzw. sein Sieg wird noch einmal in Frage gestellt (Schauspiel).

Der 5. Akt bringt dann die L�sung des Konfliktes, sei es durch die Katastrophe, den Untergang des Helden (Trag�die), sei es durch seinen Sieg und seine Verkl�rung (Schauspiel.


Weitere Ausz�ge aus Gustav Freytag: Die Technik des Dramas:  1)

Gustav Freytag versucht in seiner Abhandlung Die Technik des Dramas noch einmal das �berlieferte Standardschema der Dramatik festzuschreiben. Zu diesem Schema geh�ren eine spezifische Art der Handlung, eine entsprechende Handlungsf�hrung und eine Akt-Struktur.

Zur Art der dramatischen Handlung:

"Das Drama stellt in einer Handlung durch Charaktere, vermittelst Wort, Stimme, Geb�rde diejenigen Seelenvorg�nge dar, welche der Mensch vom Aufleuchten eines Eindruckes bis zu leidenschaftlichem Begehren und zur Tat durchmacht, sowie die inneren Bewegungen, welche durch eigene und fremde Tat aufgeregt werden.

Der Bau des Dramas soll diese beiden Gegens�tze des Dramatischen zu einer Einheit verbunden zeigen, Ausstr�men und Einstr�men der Willenskraft, das Werden der Tat und ihre Reflexe auf die Seele, Satz und Gegensatz, Kampf und Gegenkampf, Steigen und Sinken, Binden und L�sen." (S. 93)
 

Zur Akt-Struktur:

"In dem modernen Drama umschlie�t, im ganzen betrachtet, jeder Akt einen der f�nf Teile des Dramas, der erste enth�lt die Einleitung, der zweite die Steigerung, der dritte den H�hepunkt, der vierte die Umkehr, der f�nfte die Katastrophe. Aber die Notwendigkeit, die gro�en Teile des St�ckes auch in dem �u�eren Umfang einander gleichartig zu bilden, bewirkte, dass die einzelnen Akte nicht ganz den f�nf Hauptteilen der Handlung entsprechen konnten. Von der steigenden Handlung wurde gew�hnlich die erste Stufe noch in den ersten Akt, die letzte zuweilen in den dritten, von der sinkenden Handlung ebenso Beginn und Ende bisweilen in den dritten und f�nften Akt genommen und mit den �brigen Bestandteilen dieser Akte zu einem ganzen gegliedert. Allerdings hat bereits Shakespeare seine Abteilungen in der Regel so gebildet.

Die F�nfzahl der Akte ist also kein Zufall. Schon die r�mische B�hne hielt auf sie. Aber erst seit Ausbildung der neueren B�hne bei Franzosen und Deutschen ist ihr gegenw�rtiger Bau festgestellt.

Nur nebenbei sei bemerkt, dass die f�nf Teile der Handlung bei kleineren Stoffen und kurzer Behandlung sehr wohl ein Zusammenziehen in eine geringere Zahl von Akten vertragen. Immer m�ssen die drei Momente: Beginn des Kampfes, H�hepunkt und Katastrophe, sich stark voneinander abheben, die Handlung l�sst sich dann in drei Akten zusammenfassen. Auch bei der kleinsten Handlung, welche in einem Akte verlaufen kann, sind innerhalb desselben die f�nf oder drei Teile erkennbar." (S. 170f.)

1) Gustav Freytag: Die Technik des Dramas, unver�nderter Nachdruck, Darmstadt 1969

Link:   Die Technik des Dramas nach Gustav Freitag

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