Total Control: Review der Pilotfolge zur australischen Politdramaserie auf arte
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Total Control: Review der Pilotfolge zur australischen Serie

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Das zentrale Duo aus der australischen Serie „Total Control“
Das zentrale Duo aus der australischen Serie „Total Control“ © ABC TV

Das australische Politdrama „Total Control“, die durch arte nach Deutschland kommt, erzählt die Geschichte einer mutigen Indigenen, die zunächst als PR-Gag ins Parlament berufen wurde, sich aber im Laufe der Zeit als Senatorin immer mehr emanzipiert. Lest im Review, warum wir die Serie empfehlen.

Spoilerwarnung - diese Meldung kann Hinweise auf die Fortführung der Handlung enthalten!

Das passiert in der Serie „Total Control“

In der Serie Total Control ist Alex Irving (Deborah Mailman) eine indigene Frau, die in Australien als Nationalheldin gefeiert wird, weil sie sich mutig einem Amokschützen entgegenstellte. Als die Premierministerin Rachel Anderson (Rachel Griffiths) sie als Senatorin ins Parlament beruft, sieht sie darin nicht mehr als einen PR-Trick, um ihre angeschlagene Regierung zu retten. Doch im Laufe ihrer Amtszeit emanzipiert sich Alex immer mehr von ihrer Rolle als Quoten-Indigene und beginnt ihren Sitz für die Benachteiligten der Gesellschaft zu nutzen.

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Rassismus in Australien

Gerade erst stimmte in einem historischen Referendum die Mehrheit der rund 18 Millionen Australier gegen ein in der Verfassung verankertes Mitspracherecht von Indigenen im Parlament. Betroffen sind von dieser Entscheidung 530.000 Menschen, denen damit weiterhin das fundamentale Recht auf Selbstbestimmung verwehrt bleibt. In einer Zeit, in der der in Australien allgegenwärtige Rassismus offensichtlicher denn je zu Tage tritt, schmerzt eine Serie wie „Total Control“ daher besonders. Bereits 2019 auf dem Toronto International Film Festival gezeigt, schaffte es die pfiffige Politserie erst jetzt auf die hiesigen Bildschirme und offenbart dabei einen Blick auf Down Under, den nicht nur viele weiße Australier als durchaus unangenehm empfinden dürften.

„Total Control“ erzählt die Geschichte einer intelligenten, mutigen indigenen Frau, die sich permanent rassistisch und frauenfeindlich motivierten Ressentiments ausgesetzt sieht. Alex ist Krankenschwester und hat eine soziale Ader. Geschlechterrollen, Hautfarbe oder Handicaps zählen für sie nicht, wenn es darum geht, zu helfen. Dennoch erlebt sie, wie nicht nur ihre Gemeinde, sondern ihr ganzes Volk verzweifelt und chancenlos um Anerkennung in einer von Weißen dominierten Gesellschaft kämpft. Im Kleinen engagiert sie sich und erzielt sogar gewisse Erfolge. Doch wirkliche Veränderungen lassen sich so natürlich nicht herbeiführen.

Diese Möglichkeit bietet sich erst durch die mutige Tat, sich einem Amokläufer entgegenzustellen, die viral geht. Damit wird Alex plötzlich für die Premierministerin des Landes, Rachel Anderson interessant, die nach dem Tod eines ihrer Senatoren praktisch handlungsunfähig ist und ihre Wiederwahl gefährdet sieht. Eine Nationalheldin - und dazu noch eine Indigene - kommt also gerade recht, um die miesen Umfragewerte zu pushen und sich so vielleicht in die nächste Amtszeit zu retten.

Doch Alex lehnt zunächst ab, da sie den Braten riecht und nicht als Quotenschwarze herhalten möchte. Erst als Anderson persönlich vor ihrer Tür steht und ihr versichert, dass sie nur aus ihrer neuen Position als Senatorin heraus Veränderungen initiieren kann, sagt Irving schließlich zu.

Nicht verbiegbar

Szenenfoto aus der australischen Serie „Total Control“
Szenenfoto aus der australischen Serie „Total Control“ © ABC TV

Die Landeschefin stellt der unerfahren Neu-Politikerin den mit allen Wassern gewaschenen Berater Jonathan Cosgrove (Harry Richardson) zu Seite, der schnell damit beginnt, seine neue Vorgesetzte zurechtzubiegen. Das australische Parlament wird von den Serienerfindern Stuart Page, Darren Dale und Miranda Dear als weiß dominierte, skrupellose Machtzentrale gezeichnet, in der jeder nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist und die Belange der gesamten Bevölkerung lediglich ein Lippenbekenntnis ist.

Indigene, so viel wird deutlich, sind nicht nur in der Politik sträflich unterrepräsentiert. So wirkt Irving nicht zufällig wie ein Fremdkörper, der man mittels Kleidung und zurechtgeschnittener Reden die Anpassung an ein System aufoktroyieren möchte, das sie eigentlich ablehnt.

Anstatt einer zündenden, leidenschaftlichen Rede lässt sie sich von Cosgrove dazu drängen, eine von ihm geschriebene allgemein gehaltene Ansprache zu verlesen, die nicht nur in ihrer ehemaligen Gemeinde, sondern auch bei ihrem Bruder Charlie (Rob Collins für Empörung sorgt. Als Alex davon erfährt, ist sie ob ihres unbeabsichtigten Opportunismus verstört und entschließt sich nach einer Panikattacke kurz vor ihrem ersten TV-Auftritt, als sie selbst aufzutreten.

In einem ebenso stark geschriebenen wie von Deborah Mailman vorgetragenen Statement gegen Rassenhass, Frauenfeindlichkeit und der Verbannung allem nicht weiß Normativen aus dem Öffentlichkeitsbild erkennt die neue Senatorin in Total Control, dass sie ihren eigenen Weg finden muss, wenn sie in der Gesellschaft etwas verändern möchte.

In der letzten Szene erfahren wir dann noch, wie Alex zur Nationalheldin wurde. Sie wollte lediglich bei der Stadtverwaltung einige Strafzettel für ihre Mutter bezahlen, was die dort sitzende weiße Beamtin jedoch mit dem Verweis ablehnte, dass eine Gerichtsverhandlung bereits angesetzt sei. Alles Bitten nützt nichts und als Alex wütend die Zettel zerreißt, wird sie von der Sachbearbeiterin als „schwarzes Miststück“ beschimpft. Damit ist deutlich, dass es bei der Entscheidung nicht um gesetzliche Bestimmungen, sondern um puren Rassismus geht. Als Alex das Amt verlässt, erlebt sie mit, wie eine weiße Frau von einem Pick-up absichtlich überfahren wird und eilt, ohne nachzudenken, zur Hilfe.

Hier steht die von Alex gelebte deontologische Ethik - das Helfen um des Helfens willen nämlich - konträr zu der Amoralität einer in Rassenkategorien denken Person, womit das Thema der Serie in der Finalszene noch einmal trefflich hervorgehoben wird.

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Fazit

„Total Control“ setzt starke Statements und beleuchtet mit dem Themenfeld Politik ein an sich moralisch schwieriges Milieu auf ebenso nachdenkliche, wie unterhaltsame und mitreißende Weise. Die mit einem AACTA-Award ausgezeichnete Deborah Mailman liefert eine schwungvolle, aber ernstzunehmende Darstellung einer Frau, die sich allen Widrigkeiten zum Trotz nicht in ein Korsett pressen lässt und damit das Potential hat, die Gesellschaft ihres Landes nachhaltig zu beeinflussen. Ein Schuss Dramedy würzt die Geschichte zudem auf angenehme Weise, so dass die dramatischen Elemente zwar stets präsent bleiben, aber nicht übermächtig werden. Viereinhalb von fünf Punkten.

Hier abschließend noch der Originaltrailer zur Serie „Total Control“:

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