Formen des Rap in Musik | Schülerlexikon | Lernhelfer

Formen des Rap

Rap ging aus Stadtteil-Parties in Problemvierteln New Yorks wie der South Bronx und Teilen Brooklyns hervor, mit denen in nachbarschaftlicher Selbsthilfe versucht wurde, die gewaltsamen Auseinandersetzungen rivalisierender Jugendgangs in die friedliche Form akrobatischer Tanzwettspiele zu verwandeln. Dieser pragmatische Ausgangspunkt hat einer Form von musikalischer Kreativität den Weg geebnet, die sich wenig um die etablierte Musikbranche mit ihren Regeln kümmerte und aus vorhandener Musik mit Hilfe des Plattenspielers und dazu gerappten Slogans Neues entstehen ließ. Die damit verbundene Öffnung der Musikkultur auch für jene, die über die herkömmlichen Formen des Musizierens nie den Weg in ein Studio gefunden hätten, hat Rap für viele Jugendliche aus den marginalisierten sozialen Bevölkerungsschichten US-amerikanischer Großstädte als Weg zu sozialer Anerkennung sehr attraktiv gemacht. Es hat dieser Musik eine Vielzahl verschiedener Formen und Ausprägungen eingebracht, die unmittelbar auf diese Öffnung zurückzuführen sind. Zu den wichtigsten gehören nach dem inzwischen als „Old School“-Rap bezeichneten Rap der ersten Hip-Hop-Generation

  • der Eastcoast Rap und,
  • der Westcoast Rap sowie,

die verschiedenen Ausprägungen des „New School“-Rap wie etwa

  • Alternative,
  • Rapcore und
  • Jazz Rap und

als Sonderformen

  • Freestyle und
  • Metal Rap.
DJ GRANDMASTER FLASH (* 1958, 2. v. l., mit Mitgliedern seiner Gruppe GRANDMASTER FLASH & THE FURIOUS FIVE 2007 in New York): Er gilt als einer der Urväter der Hip-Hop-Musik, erfand das „Backspinning“ und führte als einer der Ersten das „Scratching“ ein.

DJ GRANDMASTER FLASH (* 1958, 2. v. l., mit Mitgliedern seiner Gruppe GRANDMASTER FLASH & THE FURIOUS FIVE 2007 in New York): Er gilt als einer der Urväter der Hip-Hop-Musik, erfand das „Backspinning“ und führte als einer der Ersten das „Scratching“ ein.

Acid House - Foto DJ GRANDMASTER FLASH und Mitglieder seiner Gruppe

Old School Rap

Die erste Form des Rap, die zugleich die Urform der gesamten sich daraus entwickelnden Jugendkultur darstellt, die dann als Hip-Hop bekannt wurde, wird von Musikern wie

  • KURTIS BLOW (* 1959) und
  • GRANDMASTER FLASH (JOSPEH SADDLER, * 1958) & THE FURIOUS FIVE

repräsentiert. Sie tauchte ab Mitte der 1970er-Jahre zunächst in den lokalen Medien New York Cities auf und war ab 1976 als Rap bekannt. In musikalischer, vor allem rhythmischer Hinsicht war sie noch vergleichsweise simpel, gemessen an der späteren rhythmischen Komplexität des Rap. Hier stand noch völlig das Event im Vordergrund, die Party. Die DJs agierten gleichzeitig als MCs (Masters of Ceremonies), animierten das Publikum und konzentrierten sich in ihren Mixen aus Disko-, Soul- und Funk-Titeln auf die rhythmisch intensiven instrumentalen Überleitungspassagen (Breaks) als Vorlage für die Tänzer (Breakdance).

Ursprünglich fand sich diese Musik deshalb auch als Breakbeat bezeichnet, später die Bezeichnung für eine Variante des Rap. Die instrumentalen Überleitungspassagen in Disko-, Soul- und Funk-Titeln waren häufig von einer Sequenz eingeleitet, die von den Rhythmusinstrumenten Schlagzeug und Bass allein bestritten wurde (break beat). Wird eine solche Sequenz mithilfe zweier identischer Platten verlängert bzw. geloopt, entsteht Breakbeat-Musik. Der zwar rhythmisch intensive, aber klanglich reduzierte Breakbeat bringt zugleich die Stimme des Rappers in den Vordergrund. Politische und sozialkritische Aspekte, wie sie später im Rap eine große Rolle spielen sollten (GIL SCOTT-HERON, BOOGIE DOWN PRODUCTIONS, PUBLIC ENEMY), finden sich in dieser frühen Phase allerdings noch kaum.

Die ersten Platten, die wie das „Rapper’s Delight“ (1979) der SUGARHILL GANG auf „Sugarhill Records“ diese Entwicklung dokumentierten und sie international bekannt machten, waren jedoch von Musikern eingespielte und den DJ-Mixen nur nachempfundene Produktionen, während später der Live-Mix im Studio mittels der gesamten Palette der digitalen Aufnahme- und Samplingtechnik ein elektronisches Pendant erhielt.

Vor allem Musikjournalisten haben den Begriff „Old School“ im Gegensatz zum Gebrauch durch die Musiker häufig auf den gesamten Rap der 1980er-Jahre ausgedehnt. Musikalisch macht ein solcher Begriffsgebrauch jedoch wenig Sinn, da er wichtige Stilunterschiede nur verdeckt, selbst wenn die Bezeichnung „New School“ tatsächlich erst für den Rap der 1990er-Jahre aufgekommen ist.

Eastcoast Rap

Mit der Verbreitung des Rap und seiner musikalischen Ausdifferenzierung bürgerte sich in den 1980er-Jahren die Bezeichnung „Eastcoast Rap“ zur Unterscheidung der insbesondere in New York City entstandenen Formen dieser Musik von der Entwicklung an der amerikanischen Westküste (Los Angeles) ein. Obwohl auch das kein einheitlicher Stil und auch kein identifizierbarer Sound war, tendierten die Rap-Artisten hier, wie etwa

  • AFRIKA BAMBAATAA (KEVIN DONOVAN, * 1960),
  • die Gruppe DE LA SOUL oder
  • das einflussreiche Duo ERIC B. & RAKIM

zu komplexen rhythmischen Gebilden und extensiv gesampelten Sound-Collagen, die Rap als eine besondere musikalische Kunstform durchsetzten. Im Zusammenhang damit wurden auch die Texte relevanter, verloren den Party-Bezug und entwickelten sich zu einer vielschichtigen Poesie, die dann von Gruppen wie PUBLIC ENEMY mit einer aggressiven politischen Programmatik verbunden wurden.

In den 1990er-Jahren entstanden in anderen Regionen der Ostküste eigenständige Varianten, wie etwa

  • die als „Crunk“ bekannt gewordene frenetische Dancefloor-Version des Rap aus Atlanta von LIL JON & THE EAST SIDE BOYZ u.a. oder
  • der „Pop Rap“ von WILL SMITH (* 1968) aus Philadelphia.

Westcoast Rap

Etwa ab Mitte der 1980er-Jahre wurde in Los Angeles und in der Bay Area um San Francisco, Oakland und Berkeley eine eigenständige Entwicklung des Rap sicht- und hörbar, nachdem bis dahin vor allem der Party-Rap der Old School imitiert worden war. Eine große Rolle für die Transformation des Rap in eine ausgeprägt gesellschaftskritische und engagiert politische Form der künstlerischen Äußerung spielten die sich verschärfenden ethnischen Konflikte, die sich 1992 in mehrtägigen gewalttätigen Krawallen in dem von Farbigen und Latinos besiedelten Stadteilen South Central Los Angeles (Watts) und Compton entluden.

ICE-T (TRACY MARROW, * 1958) gehörte zu den ersten Musikern aus der Region, die die ihnen von der Gesellschaft entgegengebrachten Vorteile in der stilisierten Form einer ausgesuchten Gossenlyrik an diese zurückgaben und so aus Rap ein aggressives Instrument zur Okkupation von Öffentlichkeit machten. Das Album „Straight Outta Compton“ (1989) der Gruppe N.W.A. (NIGGAZ WITH ATTITUDE) gab dann den Ton für das vor, was durch eine ausgeprägte Gewaltverherrlichung – verstanden und gemeint als Gegengewalt zu Rassismus und sozialer Ausgrenzung, – unter der Bezeichnung „Gangsta Rap“ bekannt wurde. Mit

  • ICE CUBE (O'SHEA JACKSON, * 1960),
  • DR. DRE (ANDRE YOUNG, * 1965) und
  • SNOOP DOGG (CALVIN BROADUS, * 1972)

– ehemaligen N.W.A.-Mitgliedern, die die Gruppe nacheinander verließen – liefert N.W.A. zugleich die wichtigsten und stilprägenden Musiker des Westcoast Rap.

Sowohl musikalisch wie vor allem durch die Texte lebt diese Form des Rap bis heute davon, den sozial ausgegrenzten farbigen Jugendlichen eine kulturelle und politische Identität zu vermitteln. Sie ist weniger komplex und kunstvoll wie ihr Pendant an der Ostküste, dafür gespeist von sozialen Erfahrungen und einer Vielzahl musikalischer Bezüge der in Kalifornien ansässigen Minderheitenkulturen. Diese multikulturelle Prägung ist neben der Aggressivität ein besonders markantes Kennzeichen für den Rap von der amerikanischen Westküste.

Eine eigenständige Variante des Gangsta Rap wurde von dem Musiker DR. DRE aus der Synthese mit Funk-Elementen wie Synthesizer-Melodien und langsamen schwergewichtigen Grooves entwickelt, die auf sein Album „Chronic“ (1992) zurückgeht. Sie ist unter der von ihm erfundenen Bezeichnung „G-Funk“ (Gangsta-Funk) ab Mitte der 1990er-Jahren zu einem immens populären Markenzeichen der Region geworden.

New School

Die Bezeichnung „New School“ kam in den 1990er-Jahren in der Musikpresse auf, um das immens divers gewordene Erscheinungsbild des Rap, der sich in eine Fülle der unterschiedlichsten Varianten auffaserte, begrifflich zu bündeln. Im Gegenzug entstand der Begriff „Old School“ für die frühe, ursprüngliche Form dieser Musik. Gemeinsam sind den Rappern der New School allenfalls die Konsum orientierte Ausrichtung und der ungenierte Umgang mit dem Kommerz. Die vielen Bezeichnungen, die hier zirkulieren, fungieren andererseits aber vielfach nur als eine Art Markenzeichen und verweisen gar nicht wirklich auf identifizierbare musikalisch-stilistische Merkmale. Begriffe wie

  • Miami Bass,
  • hettotech,
  • Nerdcore

usw. verbinden sich zwar mit den Namen der Rapper, die sie aufbrachten, musikalisch Stilbegriffe sind es jedoch nicht.

Zu den identifizierbaren Ausprägungen des New School Rap gehört „Alternative Rap“, musikalisch ein zwar eher eklektischer Mischstil, der jedoch – anknüpfend an GIL SCOTT-HERON (* 1949), den Vater der Rap-Poesie – die literarische Seite dieses Genres zur Hochform brachte. Hierher gehört mit QUEEN LATIFA (DANA ELAINE OWENS, * 1970) auch eine der wenigen weiblichen Vertreterinnen des Rap in den USA, die sich in den letzten Jahren allerdings von ihren Wurzeln im Rap deutlich weg entwickelt hat.

  • STETSASONIC und
  • DE LA SOUL

gehören zu den Initiatoren von „Jazz Rap“, einer der vielen Version des Rap, die von der Synthese mit anderen Musikstilen leben, hier gesampelte, seltener gespielte Passagen diverser Jazzstile. „Rapcore“ ist eine andere solche Version, die aus der Verbindung von Rap mit Rockelementen gespeist ist und von Gruppen wie

  • BEASTIE BOYS oder
  • RED HOT CHILI PEPPERS

bekannt gemacht wurde. Dominant in der New School des Rap sind jedoch die Individualstile, darunter auch die Versionen der Rapper weißer Hautfarbe, die wie EMINEM (MARSHALL MATHERS, * 1972) eine große Rolle für die Etablierung des Rap als einer der Hauptformen der populären Musik der 1990er-Jahre spielten.

Sonderformen

Sowohl die nahezu nicht vorhandenen Zugangsbarrieren – rappen kann prinzipiell jeder und jeder hat eine reale Chance, damit erfolgreich zu sein – als auch die in den 1990er-Jahren sehr kleinteilig gewordenen Strukturen des Musikmarktes haben dazu geführt, dass sich die Entwicklung des Rap sowohl in mehr oder weniger fest umrissenen und etablierten Kategorien vollzieht, eine Vielzahl kaum verallgemeinerbarer Individualstile kennt, als auch Stilkategorien hervorgebracht hat, die einen Sonderstatus besitzen, weil sie sich jedem Einordnungsraster entziehen. Dazu gehört

  • Freestyle Rap“, jene sowohl in den USA, aber auch in den europäischen Immigranten-Communties (Türken in Deutschland, Nordafrikaner in Frankreich, Molukken in den Niederlanden) immens populäre Stehgreiferfindung von Texten, die mit oder ohne Musik als häufig virtuos rhythmisierter Sprechgesang vorgetragen werden, häufig in Form sogenannter „Battles“ als Wettkampfspiel.
     
  • Auch der „Metal Rap“ von RUN-DMC, ANTHRAX oder RAGE AGAINST THE MACHINE ist eine solche Sonderform, die zwar Rap heißt und auch den typischen Sprechgesang des Rap übernommen hat, musikalisch aber mit der Verankerung im Heavy Metal eigentlich ein Rockgenre bleibt.

Auch die Zahl solcher Sonderformen ist angesichts des Einflusses, den Rap auf die Entwicklung der populären Musik ausgeübt hat und immer noch ausübt, unüberschaubar geworden.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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