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Westerwelle bereut die „spätrömische Dekadenz“

M. Lengemann M. Lengemann
14,6 Prozent! Guido Westerwelle am Abend der erfolgreichen Bundestagswahl 2009. „Mir fallen viele Fehler in meinem Leben ein. In der Politik und auch außerhalb", sagt der Außenmini...ster heute
Quelle: M. Lengemann
Guido Westerwelle hat freimütig über seine Fehltritte gesprochen. Als er 2009 einen BBC-Journalisten aufforderte, Deutsch zu sprechen, seien „Dinge“ im Spiel gewesen, „die man in Promille misst“.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle hat in einem Interview ungewöhnlich offen über seine Fehler während seiner politischen Laufbahn gesprochen. So gestand er eine Mitverantwortung für den Ansehensverlust der FDP ein. Zu deren Absturz in den Umfragen hätten zweifelsohne auch seine „Fehler und Unzulänglichkeiten“ beigetragen, sagte der Ex-Parteichef der „Süddeutschen Zeitung“.

Westerwelle sagte: „Mir fallen viele Fehler in meinem Leben ein. In der Politik und auch außerhalb.“ Mit seinen „wirklich wichtigen Entscheidungen“ sei er aber „im Reinen“.

Ausdrücklich bereue er eine Interviewaussage aus dem Jahr 2010, in der er den Missbrauch des Sozialstaats mit „spätrömischer Dekadenz“ in Verbindung gebracht habe. „Darüber gräme ich mich heute noch“, sagte Westerwelle. „Hätte ich das gewusst, was die beiden Worte auslösen, hätte ich es gelassen.“

Der FDP-Politiker betonte, er habe mit seiner Äußerung „nicht Menschen kritisiert, die ein schweres soziales Schicksal haben“. Stattdessen habe er zum Ausdruck gebracht, „dass wir uns nicht nur an der Verteilungsgerechtigkeit orientieren dürfen, sondern auch die Leistungsgerechtigkeit im Blick behalten müssen“.

„Es waren nicht nur Endorphine im Spiel“

Westerwelle stufte es auch als Fehler ein, dass er am Tag nach der Bundestagswahl 2009 einen BBC-Journalisten öffentlich aufgefordert hatte, seine Fragen auf Deutsch zu stellen. Die „unfreundliche Antwort“, so Westerwelle, habe er gegeben, nachdem der Journalist ihn zum dritten Mal gefragt hatte, ob er auf Englisch antworten könne.

Bei seinem Verhalten damals habe wohl auch der Alkohol eine Rolle gespielt: „Ich war völlig übermüdet nach einer Siegesfeier, die bis vier Uhr morgens ging und bei der nicht nur Endorphine im Spiel waren, sondern auch Dinge, die man in Promille misst“, sagte Westerwelle.

„Das hat mich ein Jahr lang geärgert.“ Seitdem lache er aber darüber.

„Phantomschmerzen“ nach Sturz vom Parteithron

Dass ihn die FDP vor zwei Jahren vom Parteivorsitz verdrängte, habe er inzwischen verkraftet, sagte Westerwelle. „Die Partei war mit mir durch und ich mit dem Parteivorsitz“, sagte er. „So einfach ist das.“ Die Umstände seiner Ablösung seien „nicht erfreulich“ gewesen.

„Und natürlich hat man eine Zeit lang auch Phantomschmerzen“, fügte Westerwelle hinzu. Es sei dann aber ein „sehr befreites und beglückendes Gefühl“ gewesen, nur noch Außenminister zu sein.

Westerwelle gestand ein, kurz mit einem Ausstieg aus der Politik geliebäugelt zu haben. Er sei aber von Parteifreunden aufgefordert worden weiterzumachen. „Damit war klar, dass ich ab Sommer mit allen PS in den Wahlkampf ziehe.“

AFP/jw

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