Die schwarze Rose by Dirk Schümer | Goodreads
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Die schwarze Rose

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Als Ketzer denunziert, muss sich im Jahr 1328 der berühmte deutsche Prediger Eckhart von Hochheim am Hof des Papstes in Avignon der Inquisition stellen.
In Begleitung seines Novizen Wittekind wird Meister Eckhart Zeuge eines blutigen Raubüberfalls. Als Wittekind selbst angegriffen wird, ahnen die beiden, dass sie in einen Finanzbetrug von europäischem Ausmaß hineingezogen werden. Im Schatten des Papstpalasts ist auch der geheimnisvolle Franziskaner William von Baskerville den Tätern auf der Spur.

Dort, wo Umberto Ecos „Der Name der Rose“ aufhört, setzt Dirk Schümers packender historischer Roman an. Wir erleben eine finstere Metropole der Religion, in der nur ein Credo gilt: Gold.

608 pages, Hardcover

Published February 14, 2022

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Dirk Schümer

11 books12 followers

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Displaying 1 - 10 of 10 reviews
Profile Image for Tristram Shandy.
762 reviews234 followers
April 11, 2022
“Wenn Menschen aus ihrer Gemeinschaft gemeinsame Vorteile ziehen können, dann ist das eine gute Voraussetzung für Glück. Darum ist Glück so selten.“ (S.590)

Ich habe zweifellos schon einmal in einem oder zweien meiner kleinen Texte von meinem geschätzten Freund und Arbeitskollegen erzählt, der mir in all der Zeit, die wir uns kennen, nie auch nur ein schlechtes, dafür aber manch ausgezeichnetes Buch empfohlen hat und dessen literarischer Feinsinn sich allein schon darin ausweist, daß Joseph Conrad bereits einer seiner Lieblingsautoren war, ehe er auch nur ein einziges Wort von ihm gelesen hatte. Er spüre, daß ein Buch ein besonderes sei, wenn er es nur ansehe, so versicherte mir mein Kollege auf mein ungläubiges Staunen hin, und das muß wohl stimmen, denn vor zwei Wochen sagte er mir, ich solle mal Die schwarze Rose von Dirk Schümer lesen. Ein historischer Roman aus der Zeit des Avignonesischen Papsttums, der Autor habe vorher nur Sachbücher verfaßt, und er spinne, wie der Buchtitel schon verrate, Motive aus Ecos Der Name der Rose weiter. Auch William von Baskerville tauche darin auf.

Wie das Buch ihm denn gefallen habe, fragte ich ihn, um die oft gehörte Antwort zu erhalten, daß er selbst es noch nicht gelesen habe, dies aber bald nachholen wolle. Da wußte ich: Wenn J. mir dieses Buch in seiner Eigenschaft als Augur ans Herz legt, dann konnte nichts mehr schiefgehen, und so marschierte ich denn in die Buchhandlung und erwarb mein Exemplar. Und das war beileibe kein Fehler!

Die Haupthandlung spielt sich in einer Woche im Frühjahr 1328 zu Avignon ab, wohin der Chronist, ein junger westfälischer Dominikanernovize namens Wittekind mit einer bewegten Vergangenheit, seinen Meister Eckhart von Hochheim begleitet hat, weil dieser wegen seiner angeblich ketzerischen Lehren vor den Papst Johannes XXII. geladen wurde, um sich vor dem Haupt der Christenheit zu verantworten. Doch der Papst läßt Eckhart schmoren, und während die zwei Dominikaner in Avignon warten, finden sie in einer kleinen Kapelle den übelzugerichteten Körper eines Mannes, der kurz darauf im Dominikanerkloster seinen Verletzungen erliegt – nicht ohne Wittekind noch ein paar rätselhafte Worte mit auf den Weg zu geben, die in dem Novizen schon aus Selbsterhaltungstrieb das Jagdfieber anfachen, scheinen doch auch sein Meister und er selbst ins Visier des brutalen Mörders geraten zu sein. Bei seinen Nachforschungen lernt Wittekind das päpstliche Avignon mit allen seinen Gesichtern kennen, vom Judenviertel über die verschiedenen Klöster bis hin zum Papstpalast, und trifft auf eine weitgefächerte Palette unterschiedlicher Menschen, von denen er nie weiß, wie weit er ihnen trauen darf, denn kaum einer kann der Versuchung widerstehen, sein eigenes Süppchen zu kochen, und mancher hält sich an die Maxime, daß es klug ist, mehrere Eisen im Feuer zu haben. Schümer entfaltet hier nicht nur ein faszinierendes Bild einer mittelalterlichen Stadt, sondern er läßt auch eine Vielzahl historischer Figuren auftreten, wie den Mystiker Meister Eckhart und den geldgierigen Juristenpapst Johannes XXII., für den schon Dante nur Verachtung übrighatte. Wittekind freundet sich unter anderem mit einem jungen italienischen Dichter namens Francesco an, der plant, mit einer Reihe von Sonetten über ein junges adliges Fräulein, das ihm eigentlich nichts bedeutet, einen Publikumserfolg zu landen, und lauscht im Palast des intriganten Papstfeindes Napoleone Orsini einem Konzert des aufstrebenden Komponisten Philippe de Vitry. Er setzt sich immer wieder mit dem zynischen William von Occam auseinander, der ihm zu beweisen sucht, wie töricht sein Meister Eckhart doch sei, und der gleichzeitig mit einer Handvoll anderer Franziskaner trachtet, seinen Ordensgeneral Michele de Cesana aus dem Verlies des Papstes zu befreien. Er schließt Freundschaft mit dem Juden Shimon und seiner Cousine Lorena, die sich in einen Christen verliebt hat, sowie mit dem Laienbruder Ramon, der bei den Dominikanern als Gärtner arbeitet und ihm zeigt, was es heißt, ein zufriedenes Leben zu führen, und er verliebt sich, wie so mancher, in die betörende und gefährliche Sängerin Lisabeta, der Geliebten des päpstlichen Marschalls Arnaud de Trian, die sich mit einer schwarzen Rose schmückt.

Den Detailreichtum an historischem Wissen, den Schümer auf 600 Seiten in seine Geschichte einflicht, versteht der Autor stets geschickt und unaufdringlich unterzubringen, so daß stets die Handlung und die Entwicklung der Hauptfigur im Vordergrund steht. Besonders sympathisch ist, daß Schümer oftmals trotz des sehr pessimistischen Grundtons dieses Buches auch mit einem leichten Augenzwinkern erzählt, wenn er Wittekind etwa William von Baskervilles Bekanntschaft in der franziskanischen Klosterbibliothek machen läßt, die von einem alten Mönch namens Humbert von Alexandria geleitet wird, der es sich zur Aufgabe macht, verbotene Bücher heimlich zwischen den Texten langweiliger Traktate des Aquinaten zu kopieren, damit sie nicht verlorengehen. Umberto Eco wurde in der piemontesischen Stadt Alessandria geboren! Eine meiner Lieblingsstellen in dem Roman ist die, an der Occam mit Hilfe seines Rasiermessers sich, seine Gefährten und den Erzähler aus einer besonders verwickelten Lage befreien kann. Wahre Parsimonie!

Bei alldem merkt man aber auch, daß Schümer – vielleicht noch mehr als Eco, mit dem man ihn gar nicht erst vergleichen sollte – ein Kind der modernen Zeit ist, denn sein Chronist Wittekind ist ein desillusionierter Mensch, für den es kaum ein Heil in einer Doktrin, ja nicht einmal in einem Glauben zu geben scheint, sondern der die kulturelle Identität eines jeden Menschen als einen Spiegel begreift, der nur für denjenigen als Spiegel erkennbar ist, der einmal in einen völlig anderen kulturellen Spiegel geschaut hat – was Wittekind infolge seiner Abenteuer im heidnischen Lande Litauen vergönnt gewesen ist. Ein Staat existiert nur, um seine Bevölkerung mehr oder minder geschickt oder brutal auszuplündern, und die Religion erscheint dabei als bloßer Vorwand – Punkt! Der nicht gerade sympathisch gezeichnete Occam bringt dies folgendermaßen auf den Punkt:

“Christus hat seinen Antichrist. Der Papst hat jetzt seinen Gegenpapst. Und jede These hat ihre Antithese. Das ist die Logik der Welt. Wir kleinen Sünder zwischen Christus und Teufel müssen uns aus Papst und Gegenpapst einen aussuchen, müssen neben jeder These ihre Antithese ertragen. […] Es gibt in der Welt niemals schwarz oder weiß. Am Ende mischen sich die Kaiser und die Päpste und die Thesen, und alles wird grau und schmutzig wie unsere Kutten. Gehüllt in Grau, winden und lügen wir uns alle bis zum Tod hindurch. […] Das ist meine Lehre der Kontingenz: Wir alle leben nach vorne durch Zufälle, die wir im Rückblick zu Notwendigkeiten erklären. In Wahrheit ist alles ein großes Kuddelmuddel.“ (S.561f.)


Occam leitet aus diesem Relativismus die Maxime ab, daß man nehmen solle, was man kriegen könne, und rechtfertigt damit seinen eigenen Opportunismus. Wittekinds Freund Ramon, der sich ebenfalls mit den moralischen Grautönen des Lebens abgefunden hat und dem Papst und Kaiser beide gleich egal sind, erklärt sich das Unerklärliche mit dem Willen Gottes und kommt zu einer viel angenehmeren und weiseren Lebenseinstellung, nämlich der, in aller Ruhe seinen Garten zu bestellen und von dessen Früchten zu leben. Wittekinds Schlußfolgerung aus diesem Dilemma sei an dieser Stelle indes nicht verraten.

Ein Roman, der eine Hommage an eines von Ecos Hauptwerken sein möchte, wartet natürlich nicht zufällig mit einem hohen Maß an Intertextualität auf, und so sind denn philosophische und literarische Anspielungen Legion, manchmal auch wohl bewußt anachronistisch. So fordert William von Baskerville Wittekind beispielsweise dazu auf, den Mut zu haben, sich seines Verstandes zu bedienen, und das Gespräch zwischen dem Papst und dem Mystiker Eckhart, in dem ersterer endgültig die Maske der Heuchelei fallen läßt – fast schon so schamlos, daß man sich des Eindrucks nicht erwehren kann, mit dem Autor gingen ein wenig die Pferde durch –, erinnert sehr stark an den Dialog zwischen Christus und dem Großinquisitor, den wir in Dostojewskijs Meisterwerk lesen dürfen.

Kurzum, Die schwarze Rose ist ein Roman, der nicht nur eine spannende Geschichte erzählt und viele detaillierte Kenntnisse über das Mittelalter vermittelt, sondern auch noch zu einem literarisch-philosophischen Versteckspiel einlädt. Mein Freund J. hat wieder mal den Nagel auf den Kopf getroffen!
Profile Image for Markus.
224 reviews77 followers
June 2, 2023
Nachdem sich William von Baskerville im Jahre 1327 mit dem Kriminalfall in Umberto Ecos "Der Name der Rose" befasst hat, muss er ein Jahr darauf wohl nach Avignon gereist sein, um einen weiteren mysteriösen Fall zu untersuchen. Dort trifft er auf den Novizen Wittekind Tentronk, der hier den Erzähler gibt. Wittekind ist Schüler und Begleiter von Meister Eckhart, der von Papst Johannes XXII der Ketzerei bezichtigt und nach Avignon vor das Inquisitionsgericht beordert wurde.

Wie auch bei Umberto Eco ist der sogenannte "Armutsstreit" zwischen dem raffgierigen Papst und den Spiritualen der Franziskaner der historische Hintergrund zu einem spannenden Plot voller Mord und Intrige. Der Roman bietet ein reichhaltiges und authentisches Bild der Zeit - viele Details und ein Großteil der handelnden Personen sind historisch, er ist aber ebenso ein philosophisches Lehrstück und vollgepackt mit kulturgeschichtlichen Anspielungen.

Nur Wittekind, der Erzähler, passt nicht wirklich ins Mittelalter, seine Heldentaten könnten auch der Aufschneiderei eines Karl May entsprungen sein. Dass nicht alles ganz ernst gemeint ist, wird spätestens klar, wenn William von Ockham sein Rasiermesser zieht. Die Doppelbödigkeit verleiht dem Roman einen zusätzlichen Witz und gibt ihm in Bezug auf sein Vorbild einen eigenständigen Charakter.
Profile Image for Emanuel.
106 reviews
April 24, 2022
Anfangs tat ich mich schwer hineinzufinden. Doch wenn man erstmal mit Zeit, Schauplatz, Personen und den vielen kirchlichen Begriffen und Gegebenheiten vertraut ist, nimmt die Spannung und das Lesevergnügen kontinuierlich zu. Ab spätestens der Hälfte entwickelt sich dieses Buch zu einer rasanten Achterbahnfahrt. Zugleich strotzt Die Schwarze Rose nur so von philosophischen und Spirituellen Weisheiten, die zum Nachdenken anregen. Und ist gleichzeitig gespickt mit kirchlich-geschichtlichen Informationen dieser Zeit (so weit ich das beurteilen kann). In der die Kirche und der Pabst keineswegs gut davon kommen. Wenn auch nur die Hälfte der Grausamkeit und der Machenschaften von Pabst, Kirche und all ihren Protagonisten wahr ist, dann war es in der damaligen Zeit ein einzelnes Geflecht aus Habgier, Machtmissbrauch und scheinheiliger Gauklerei, in dem das Volk wie eine Herde Schaafe unten gehalten wurde, während amtsinhabende Personen voller Gier und Machtbesessenheit im Namen Gottes gemordet und sich am Leid und der Habe anderer ergötzt haben.

Fazit: erster Teil: etwas langatmig. Zweiter Teil: genial!
Profile Image for Edgar.
443 reviews37 followers
January 17, 2023
Sehr schöner historischer Roman aus dem vergangenen Jahr, der weitgehend in Avignon des Jahres 1328 vor dem Hintergrund des Streits zwischen Papst Johannes XXII und Kaiser Ludwig, dem Bayern, spielt (inklusive Gegenpapst) und gekonnt eine ganze Reihe von Handlungssträngen (etwa 8) miteinander verklöppelt und gespickt ist mit tatsächlichen historischen Figuren der Zeit.

Manchmal sind sie etwas getarnt wie der italienische Dichter Francesco di Arezzo, bei dem es sich um keinen anderen als Francesco Petrarca aus Arezzo handelt, einem der drei berühmten mittelalterlichen Italiener Dante Alighieri, Giovanni Bocaccio und eben Petrarca. Soweit mir ausgefallen, wurde lediglich der Auftritt des berüchtigten Inquisitors Bernard Gui hingeschummelt, der in der Tat schon fünf Jahre lang tot war zu der Zeit, in der der Roman spielt.

Ich will nicht die Geschichte nacherzählen, es geht aber weitgehend um die Machenschaften von Papst Johannes XXII, dem ersten Papst von neun, der seine komplette Amtszeit in Avignon verbrachte und der als wahrhafter Teufel dargestellt ist.

Natürlich kommt die katholische Kirche sehr detailreich sehr schlecht weg. Judenverfolgung, Menschenjagden auf die Litauer durch Ordensritter, Verfolgung der franziskanischen Bettelmönche, Vernichtung der Templer, der Katharer, der Beginen, der Begarden und und und. Die Kirche unter den geldgierigen Päpsten rottet jeden aus, der ihr im Weg steht, sich das Geld und die Ländereien der Gläubigen (und Ungläubigen) unter den Nagel zu reißen.

Die Inquisition als Mittel der Durchsetzung der Deutungshoheit wird beschrieben und mehreren angeblichen Häretikern (damals ging es noch nicht um Hexen) wird ein kleines Denkmal gesetzt samt theologischer und philosophischer Betrachtungen (aber nicht sehr tief oder systematisch).

Der Roman nimmt in gewisser Weise Anknüpfung an »Der Name der Rose«, indem William von Baskerville mitspielt und der Bibliothekenbrand mehrmals erwähnt wird, aber gleichzeitig auch William von Ockham, der als historisches Vorbild für Umberto Ecos Figur gilt. Nennen wir es eine Persönlichkeitsspaltung. Baskerville bekommt die guten Seiten und Ockham die schlechten ab. Als Novize führt uns nicht Adson von Melk, sondern Wittekind Tetronk aus Soest durch die Geschichte. Die Ähnlichkeit zum Roman von Eco ist insgesamt natürlich ein Marketinggag. Gleichwohl hat der Roman relativ wenig Erfolg gehabt, viel zu wenig nach meinem Dafürhalten, denn der Roman ist spannend, facetten- und detailreich gemacht.
Profile Image for Herrn Chilling.
18 reviews
March 5, 2024
„Die schwarze Rose” ist ein mitunter fesselnder
historischer Roman, der in die dunklen Gassen und prunkvollen Höfe des mittelalterlichen Europas entführt. Die Geschichte, die sich um den berühmten Theologen Meister Eckhart und seinen Novizen Wittekind dreht, ist reich an Intrigen und historischen Details, die das 14. Jahrhundert lebendig werden lassen. Schümer findet eine gute Balance zwischen historischer Genauigkeit und erzählerischer Freiheit. Die Charaktere sind gut entwickelt und ihre Motivationen glaubwürdig. Besonders interessant ist die Darstellung der politischen und religiösen Konflikte der Zeit, die einen Einblick in die Komplexität der mittelalterlichen Gesellschaft bieten. Sprachlich ist der Romans zeitweise anspruchsvoll und in Teilen auch vorhersehbar. Die eine oder andere Stelle „knarzt“ ein wenig und macht das Buch, trotz seiner bildhaften und atmosphärisch dichten Schreibweise, leider etwas unrund. Nichtsdestotrotz ist “Die schwarze Rose” ein Buch, das sowohl Unterhaltung als auch intellektuelle Herausforderungen bietet. Ganz besonders für diejenigen, die sich für Geschichte, Theologie und Philosophie interessieren.
Profile Image for Karin.
64 reviews1 follower
March 30, 2023
Ein fesselnder historischer Roman, ganz nach meinem Geschmack. Er spielt  1328 im damaligen Papstsitz  Avignon unter Papst Johannes XXII. Die Geschichte des Romans ist eng verflochten mit  im Frühjahr 1328  tatsächlich stattgefundenen Ereignissen. Wie dem Prozess wegen Häresie gegen den deutschen Dominikanermönch Meister Eckhardt von Hochheim vor dem Inquisitionsgericht, dem Disput wegen der Armutsfrage zwischen dem Papst und einem Zweig des Franziskanerordens (den Spiritualen), dem zu der Zeit im Kerker des Papstpalastes einsetzenden Generalminister der Franziskaner Michele de Cesena, der Flucht aus Avignon von vier der Häresie angeklagten Franziskanermönchen (u.a. Michele de Cesena, William von Ockham, Bongrazio de Bergamo und einem weiteren), der Ernennung eines Gegenpapstes in Rom durch den Deutschen Kaiser des Römischen Reiches Ludwig IV. von Bayern.

Neben den bereits genannten historischen Persönlichkeiten begegnen wir im Roman auch dem unbarmherzigen Inquisitor Bernard Gui, dem Kardinal und Gegenspieler des Papstes Napoleone Orsini, dem Marschall des Papstes Arnaud de Trian und den Mitgliedern des päpstlichen Inquisitionsgerichts.

Die Geschichte wird erzählt aus Sicht des jungen deutschen Novizen Wittekind, der seinen Meister (Eckhardt) zum Inquisitionsprozess nach Avignon begleitet hat. In einer abgelegenen Kapelle finden der Novize und sein Meister eines Tages  einen brutal zusammengeschlagenen Kleriker. Damit beginnt ein Abenteuer in dem der Novize hineingezogen wird in Mord, Totschlag, Betrug und die Machenschaften verschiedener Fraktionen in Avignon.
Dabei trifft er auch auf William von Baskerville, den fiktiven Franziskanermönch mit messerscharfen Verstand, der bereits  in Umberto Eco's Roman Der Name der Rose   die Morde an mehreren Mönchen in einer abgelegenen Abtei im Jahr 1327 aufgeklärt hatte. Diese Bekanntschaft kann dem jungen Novizen nur von Nutzen sein.

Der Roman spielt vor dem Hintergrund eines sehr  dunklen Kapitels der Kirchengeschichte, der Inquisition, der Anmaßung immer größerer Macht und der Anhäufung von immer mehr Reichtum durch die Päpste und hohen Würdenträger der Kirche und der damit einhergehenden Unterdrückung und Ausbeutung der Gläubigen und erst recht der Andersgläubigen. Dem Autor gelingt es, diese Gemengelage eindrucksvoll und atmosphärisch darzustellen. Die philosophischen Betrachtungen beleuchten alles, was in der Kirchengeschichte falsch lief und zeigen die Parallelen zum Verhalten der weltlichen Herrscher wie Königen, Kaiser und wer sonst so an der Macht ist. 

Wie beliebt es der Bibliothekar des Franziskanerordens im Buch auszudrücken:

"Eine Welt ohne Geistliche wäre auch nicht friedlicher oder gerechter. Aristoteles ging von einem Wohlergehen aller Untertanen als höchstes Ziel des Staates aus. Aber hat man jemals einen Staat gesehen, dessen Herrscher an etwas anderem gelegen wäre als an ihrem eigenen Wohlergehen?"


 Dies ist ein interessanter und  spannender, aber auch äußerst lehrreicher Roman, den ich nur schwer aus der Hand legen konnte, und der mich neugierig machte.  So habe ich die historischen Ereignisse und Personen im Detail recherchiert  und habe  alles vom Beginn der avignonischen Päpste über das abendländische Schisma und dessen Auflösung im Konstanzer Konzil Mitte des 15. Jh. erfahren. 
Was will man mehr von einem Buch? 4 Sterne, nur deswegen, weil die 5 Sterne der Genialität von Der Name der Rose vorbehalten sind.
October 8, 2022
Auf jeden Fall lesenswert. Hier stimmen die historischen Fakten, in die die Geschichte eingewoben ist, bis auf Details. Sowohl was Realitäten des täglichen Lebens - und Sterbens - als auch die vorkommenden Personen, ihre Biographien oder Lehren angeht.
Die sprachliche Souveränität wie Umberto Eco bzw. sein deutscher Übersetzer, mit dessen Werk Der Name der Rose verglichen wird, erreicht er jedoch nicht. Da kommt dann doch der Wissenschaftler hinter dem Literaten durch.
Ein bisschen stört mich Schümers zu dick aufgetragene Religionsfeindlichkeit, die er auch allen Figuren unterschiebt, die halbwegs bei Verstand sind. Ebenso die Anflüge von political correctness, die er seinem Protagonisten bzw. dessen Blick auf z. B. Frauen oder Homosexualität unterstellt. Witzig dagegen der Zirkelschluss der Geschichte im letzten Kapitel, wo er schlitzohrig sogar J.J. Voskuil ins Spiel bringt. Aber das wird eine ganz andere Geschichte….
Profile Image for Christine.
1,013 reviews29 followers
Read
December 8, 2023
Das Buch fand ich rechts zu lang. Ich liebe es, über Geschichte zu lernen auch durch Romanen, aber hier ist manchmal so viel Information, dass die Handlung verloren geht. Leider musste ich deswegen aufhören, das Buch zu lesen.
1 review
May 7, 2023
Ein Wiedersehen mit William von Baskerville aus „Der Name der Rose“…
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