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SPD München: Warum eine Pflegerin in den Bundestag will

Seija Knorr-Köning ist 27 Jahre alt und Krankenpflegerin. Ihr Berufsfeld ist durch die Corona-Pandemie stärker in den Fokus gerückt. Nun will die Münchnerin für die SPD in den Bundestag und dort für bessere Arbeitsbedingungen kämpfen.
von Jonas Jordan · 7. Mai 2021
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Seija Knorr-Köning ist durch und durch Sozialdemokratin. Erst 27 Jahre alt, trotzdem schon rund zehn Jahre in der SPD aktiv. „Ich bin wirklich mit der Partei verheiratet“, sagt sie lachend, wohl wissend, dass eben jene Partei nicht ganz unschuldig daran war, dass sie ihren tatsächlichen Ehemann kennenlernte. Auf einem Juso-Bundeskongress waren sie zusammen für den Themenbereich Sozialpolitik zuständig. Seinetwegen ist sie nach München gezogen. Ihren neun Monate alten Sohn Levi Paul haben die beiden nach dem früheren SPD-Politiker Paul Levi benannt.

Die Sensation im Blick

Nun sagt die junge Mutter: „Ich bin bereit, der SPD mein Gesicht zu geben. Den Leuten taugt das Profil, das ich zu bieten habe.“ Sie will in den Bundestag. Zwar steht sie auf der Landesliste der bayerischen SPD nur auf Platz 32. Doch das ist ihr egal. Sie hat sich etwas vorgenommen, was zuletzt 1972 ein Sozialdemokrat geschafft hat: den Wahlkreis im Münchner Westen direkt zu gewinnen.

Das käme wohl einer Sensation gleich. Vor vier Jahren gingen alle Direktmandate in Bayern und Baden-Württemberg ausnahmslos an CDU und CSU. Im Münchner Westen gewann Stephan Pilsinger mit gerade einmal 30 Jahren für die Union und lag mehr als zehn Prozentpunkte vor seinem Kontrahenten von der SPD. Doch Knorr-Köning rechnet vor: „Seit 2002 gab es immer eine progressive Mehrheit im Wahlkreis. Zudem sind die Kandidatin der Linken und der Kandidat von den Grünen über die Landesliste abgesichert. Wer will, dass der Wahlkreis an eine progressive, junge Frau geht, kann guten Gewissens SPD wählen.“

Im Kampf gegen ökonomischen Druck

Zur Kandidatur motiviert hat sie auch ihr beruflicher Hintergrund, der seit Beginn der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 stärker in den medialen Fokus gerückt ist. Die Sozialdemokratin ist Krankenpflegerin. „Es hat mich sehr politisiert, dass es in meinem Beruf so einen krassen ökonomischen Druck gibt. Dem möchte ich den Kampf ansagen und die Arbeitsbedingungen für meine Kolleginnen und Kollegen verbessern“, sagt sie.

In den vergangenen Jahren sei es nicht immer leicht gewesen, den beruflichen Alltag inklusive Schicht- und Wochenenddiensten mit ihrem parteipolitischen Engagement in Einklang zu bringen. In manchen Jahren habe sie nur sechs Wochenenden frei gehabt und diese dann der SPD oder den Jusos gewidmet. Knorr-Köning sagt: „Ich habe hart darum gekämpft, dort hinzukommen, wo ich jetzt bin, aber ich habe auch gemerkt, dass viele Menschen mich auf meinem Weg unterstützen, weil sie es vermissen, dass auch ein Kind aus der Arbeiterklasse für den Bundestag kandidiert.“

„Es ist ein wunderbarer Job“

Wenn es klappt mit dem Einzug in den Bundestag, will sie trotzdem regelmäßig weiter in ihrem Beruf arbeiten. Zwar kritisiert sie: „Es war schon vor der Pandemie keine Luft mehr da. Jetzt geht vielen Kolleginnen und Kollegen endgültig die Puste aus, weil die Belastung noch mehr zugenommen hat. Das ist schon bitter, weil ich viele Kolleginnen und Kollegen verloren habe, die keine Lust mehr auf den Job haben.“

Doch gleichzeitig wirbt sie offensiv für den Pflegeberuf: „Es ist ein wunderbarer Job. Ich arbeite auf einer Intensivstation in der Neurochirurgie, sehe viele Sachen, die nichts für zart besaitete Personen ist, aber mein Job erdet mich. Er ist total abwechslungsreich. Wenn wir immer nur erzählen, wie beschissen es ist, wird keiner in diesem Beruf arbeiten wollen. Aber es ist nicht nur beschissen, sondern auch ein verdammt geiler Job.“

Ansprechpartnerin für Familien und junge Frauen

Als Bundestagsabgeordnete will sie Ansprechpartnerin sein für Menschen aus dem Gesundheitssektor, für Familien und junge Frauen. Sie will „Politik machen für alle, die auf Lohnarbeit angewiesen sind“, sagt sie. Schon jetzt ist sie dafür eifrig unterwegs. An 140 Standorten im Wahlkreis hängen ihre Veranstaltungsplakate. „Da kommt niemand mehr an mir vorbei“, sagt sie.

Die Initiative „BrandNewBundestag“ unterstützt sie im Wahlkampf, zum Beispiel bei der Wahlkreisanalyse oder in Bezug auf ihre Social-Media-Arbeit. „Support zu bekommen von außerhalb ist eine super schöne Erfahrung. Das gibt mir noch mal Wind unter den Flügeln“, sagt sie. Und wenn sie doch mal eine Auszeit braucht, sitzt sie am Nymphenburger Kanal und genießt die Ruhe.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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