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Goldbulle von Rimini 1226

Mit der Goldenen Bulle von Rimini verlieh Kaiser Friedrich II. dem Deutschen Orden die Herrschaft über das Kulmer Land östlich der unteren Weichsel, zwischen dem Gebiet des Herzogs von Masovien und dem noch zu erobernden Gebiet der Preußen.

Im Namen der heiligen und unteilbaren Dreifaltigkeit Amen. Friedrich II. von Gottes Gnaden Kaiser der Römer, allezeit erhaben, König von Jerusalem und Sizilien. Dazu hat Gott unser Kaisertum hoch über die Könige des Erdkreises gestellt und die Grenzen unserer Herrschaft über verschiedene Zonen der Welt ausgedehnt, auf daß unsere mühevolle Sorgfalt sich auf die Verherrlichung seines Namens in dieser Welt und auf die Verbreitung des Glaubens unter den Heiden richte, wie er denn das Heilige Römische Reich zur Predigt des Evangeliums geschaffen hat, damit wir nicht weniger die Unterwerfung wie die Bekehrung der Heiden erstreben wir gewähren also die Gnade der Verleihung, durch die rechtgläubige Männer für die Unterwerfung barbarischer Völker und die Besserung des Gottesdienstes beständige, tägliche Mühen auf sich nehmen und Mittel und Leben unablässig einsetzen.

Daher wollen wir durch den Wortlaut dieses Schreibens allen (Gegenwärtigen und Künftigen unseres Reiches kundtun, daß Bruder Hermann, der ehrwürdige Meister des heiligen Hauses vom Spitale St. Mariens der Deutschen zu Jerusalem, unser Getreuer, uns den ergebenen Willen seines Herzens genauer offenbart und vor uns dargelegt hat, daß unser Ergebener Konrad, Herzog von Masowien und Kujawien, versprochen und angeboten hat, ihn und seine Brüder mit dem sogenannten Kulmer Lande sowie in einem andern Land zwischen seiner Mark und dem Gebiet der Preußen auszustatten, und zwar so, daß sie die Mühe auf sich nehmen, standhaft in das Preußenland einzudringen und es zu Ehre und Ruhm des wahren (Gottes in Besitz zu nehmen. Er hatte die Annahme dieses Versprechens aufgeschoben und bat unsere Hoheit sehr, seinen Wünschen zuzustimmen, daß er auf unsere Vollmacht gestützt daran ginge, ein solches Werk zu beginnen und fortzuführen, und daß unsere Erhabenheit ihm und seinem Hause sowohl das Land, das besagter Herzog schenken wollte, einräumen und bestätigen möge, wie auch das ganze Land, das sie in Preußen durch eigenes Bemühen gewinnen würden, und darüber hinaus seinem Hause alle Immunitäten, Freiheiten und andere Zugeständnisse, die er von dem Geschenk des Herzogs und der Eroberung Preußens erstrebte, durch ein Privileg befestigten: dann wollte er das angebotene Geschenk des Herzogs annehmen und Mittel und Menschen des Hauses in steter und unermüdlicher Arbeit an den Einmarsch und die Eroberung des Landes setzen.

Wir indes beachten die sichtbar bereite Frömmigkeit des Meisters, in der er die Erwerbung dieses Landes für sein Haus im Heim glühend erstrebt, und die Tatsache, daß dieses Land in die Herrschaft des Reiches einbegriffen ist; wir vertrauen auch auf die Klugheit des Meisters, der ein Mann ist mächtig in Werk und Wort und durch sein und seiner Brüder Bemühen kraftvoll beginnen und die Eroberung des Landes mannhaft durchführen und nicht nutzlos vom Begonnenen ablassen wird, wie mehrere andere, die viel Mühe an die gleiche Sache verschwendeten und, während sie Fortschritte zu machen schienen, Fehlschläge erlitten, daher haben wir dem Meister die Vollmacht erteilt, in das Preußenland mit den Kräften des Ordenshauses und mit allen Mitteln einzudringen, und überlassen und bestätigen dem Meister, seinen Nachfolgern und seinem Hause für immer sowohl besagtes Land, das er von dem Herzog gemäß seinem Versprechen erhalten wird, und ein anderes Gebiet, das e ihnen geben wird, wie auch alles Land, das er mit Gottes Zutun in Preußen erobern wird, als ein altes und gebührliches Recht des Reiches an Bergen, Ebenen, Flüssen, Wäldern und am Meere, auch daß sie es frei von allem Dienst und Steuer und lastenfrei behalten und gegen niemanden verpflichtet sein sollen.

Es sei ihnen ferner von uns aus erlaubt, im ganzen Lande ihrer Erwerbung, wie sie es erworben haben oder erwerben werden, nach dem Vorteil des Hauses Wegeabgaben und Zölle anzuordnen, Wochenmärkte und andere Märkte einzurichten, Münze zu schlagen, Steuern und andere Rechte festzusetzen, eine Abgabe zu Lande, auf den Flüssen und zur See, wie es nützlich scheint, anzusetzen, sowie Bergwerke an Gold, Silber, Eisen und anderen Metallen sowie an Salz, die in ihren Ländern sich finden oder finden werden, ewiglich zu besitzen und innezuhaben. Wir gestehen ihnen ferner zu, die Richter und Rektoren zu wählen, die das ihnen untertänige Volk, die Bekehrten ebenso wie die in ihrem Aberglauben Beharrenden, gerecht regieren und lenken, Vergehen der Übeltäter feststellen und bestrafen, wie es die Ordnung der Gerechtigkeit verlangt; außerdem sollen sie Zivil- und Kriminalsachen anhören und gemäß der Vernunft entscheiden. Wir fügen ferner aus unserer Gnade hinzu, daß der Meister und seine Nachfolger eben die Gerichtsbarkeit und Obrigkeit in ihren Ländern haben und ausüben, wie sie kein Reichsfürst in seinem Lande besser haben kann, daß sie gute Bräuche und Gewohnheiten setzen, Gesetze und Statuten erlassen, durch die sowohl der Glaube der Gläubigen gestärkt wird wie sich alle Untertanen eines ruhigen Friedens erfreuen.

Durch die Vollmacht dieses Privilegs verbieten wir, daß irgendein Fürst, Herzog, Markgraf, Graf, Dienstmann, Schulze, Vogt oder irgendeine andere Person, hoch oder nieder, geistlich oder weltlich, gegen den Wortlaut dieser unserer Verleihung und Bestätigung etwas zu unternehmen wagt; wer es aber wagt, der mag wissen, daß ihn eine Strafe von tausend Pfund Gold trifft, von denen die eine Hälfte unserer Kammer, die andere den Geschädigten zu zahlen ist.

Zur Erinnerung und steten Festigung dieser Genehmigung und Bestätigung ließen wir dieses Privileg herstellen und mit goldener, durch unseren Majestätsstempel aufgeprägter Bulle befestigen.

Hierfür sind Zeugen: Die Erzbischöfe von Magdeburg, Ravenna, Tyrus, Palermo und Reggio; die Bischöfe von Bologna, Rimini, Cesena, Mantua und Tortosa [in Syrien]; die Herzöge [Albert] von Sachsen und Spoleto, der Markgraf von Montferrat, die Grafen Salinguerra von Ferrara, Heinrich von Schwarzburg, Günther von Kevernburg, Werner von Kiburg, Albrecht von Habsburg, Ludwig und Hermann von Froburg und Thomas von Acerra; Albrecht von Arnstein, Gottfried von Hohenlohe; Richard der Marschall und Richard der Kämmerer am kaiserlichen Hof und andere mehr.

Das Zeichen des Herrn Friedrichs des Zweiten, von Gottes Gnaden nie besiegten Kaisers der Römer, immer [Monogramm] erhaben, des Königs von Jerusalem und Sizilien. Dieses geschah im Jahre des Herrn tausendzweihundertsechsundzwanzig, im Monat März, in der vierzehnten Indiktion, unter der Herrschaft Herrn Friedrichs, von Gottes Gnaden erhabensten Kaisers der Römer, des allezeit Erhabenen, Königs von Jerusalem und Sizilien, im sechsten Regierungsjahre seines Kaisertums, dem ersten im Königreich Jerusalem und sechsundzwanzigsten [fälschlich statt 28.] im Königreich Sizilien. Amen. Gegeben zu Rimini im obengenannten Jahre, Monat und Indiktion.

Quelle
Goldbulle von Rimini 1226, in: Philippi, Rudolf (Hrsg.): Preußisches Urkundenbuch, Bd. I,1, Königsberg 1882, S. 41-43. 
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Erstellt
03.04.2013 
Zuletzt geändert
25.04.2016 

Es wird empfohlen, die Quellen stets in der Originalsprache zu zitieren.

Goldbulle von Rimini 1226, in: Herder-Institut (Hrsg.): Dokumente und Materialien zur ostmitteleuropäischen Geschichte. Themenmodul "Deutscher Orden und Preußen im Mittelalter", bearb. von Marcus Wüst. URL: https://www.herder-institut.de//digitale-angebote/dokumente-und-materialien/themenmodule/quelle/1154/details.html (Zugriff am )