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München Luca Verhoeven

"Eigentlich wollte ich Fußballprofi werden"

Luca Verhoeven ist der Sohn von Schauspielerin Senta Berger und Regisseur Michael Verhoeven Luca Verhoeven ist der Sohn von Schauspielerin Senta Berger und Regisseur Michael Verhoeven
Der Münchner Schauspieler Luca Verhoeven, Sohn von Senta Berger und Michael Verhoeven
Quelle: Hans-Rudolf Schulz
Der Name Verhoeven verpflichtet: Statt Fußballprofi zu werden, eifert Luca Verhoeven seinem Vater, dem Regisseur Michael Verhoeven, nach. Und macht nun seine ersten Schritte als Produzent.

Es ist, wahrscheinlich, gar nicht einschüchternd gemeint. Dafür hängen die Plakate zu wild durcheinander. Jemand hat sie in schmucklose Wechselrahmen gesteckt, ein System ist nicht erkennbar. Und doch verschlägt es einem im Büro der Münchner Produktionsfirma Sentana erst einmal die Sprache.

Schon im Entree wird man hier mit mehreren Jahrzehnten deutscher Filmgeschichte konfrontiert: "Das schreckliche Mädchen", ausgezeichnet mit dem Silbernen Bären der Berlinale 1990, ein Film, der von den Schwierigkeiten einer jungen Frau erzählt, die sich an einem Aufsatzwettbewerb ("Meine Stadt im Dritten Reich") beteiligt und dabei die Erfahrung macht, dass von der Vergangenheit keiner etwas wissen will.

"Ein unheimlich starker Abgang" von 1973, der Film zur damals schwelenden Abtreibungsdebatte.

Oder: "Paarungen", eine Adaption von Strindbergs "Totentanz" fürs Kino – kein Aufreger, möchte man meinen, doch auch um diesen Film gab es 1967 Diskussionen: Die zuständigen Stellen fanden den Titel zu frech. Wenn es nach ihnen gegangen wäre, hätte der Film ganz bieder-konventionell "Paare" heißen müssen.

Prominenter Spross

"Ich weiß gar nicht, wie der Streit damals ausgegangen ist", sagt Luca Verhoeven. Auch er lernt praktisch jeden Tag dazu. Der 33-Jährige, jüngster Sohn des Regisseurs Michael Verhoeven und der Schauspielerin Senta Berger, ist erst vor Kurzem hier eingezogen.

Die Sentana gehört seinen Eltern, Luca Verhoeven hat sich zusammen mit einem ehemaligen Studienkollegen von der Bayerischen Akademie für Fernsehen in einem der hinteren Zimmer provisorisch eingerichtet. Ihre Produktionsfirma "New Move Films" hat gerade die ersten konkreten Projekte eingetütet – wieder einmal steht alles auf Anfang bei einem Verhoeven. Wieder einmal war das so nicht vorgesehen.

"Ich bin ja eher ein Spätberufener, was den Film betrifft", sagt Luca Verhoeven: "Denn eigentlich wollte ich Fußballprofi werden."

Vor wenigen Jahren noch, 2006, als er mit einer Hilfsorganisation in Asien war, kickte er in seiner Freizeit in der vietnamesischen Liga. "Die einheimischen Profis waren nicht viel besser als ich." Und für 5000 Dollar im Monat, Durchschnittssalär eines Berufsfußballers in Vietnam, hätte er sich sogar vorstellen können, zu bleiben.

"Na ja", sagt Verhoeven, "ich bin halt oft auch ein Träumer gewesen." Seit er Familie hat und Verantwortung – Gattin Stephanie brachte ein Kind mit in die Ehe – sei er "gereift im Kopf".

Film als Schicksal

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Träume oder: feste Vorstellungen hatte auch Michael Verhoeven. Und wie bei Luca kam das Kino darin nur am Rande vor. Es ist die Ironie dieser Vater-Sohn-Geschichte, dass beide eher zufällig mit dem Film in Berührung gekommen sind.

Für Michael Verhoeven waren die Engagements in 50er-/60er-Jahre-Streifen wie "Der Pauker" oder "Das Haus in Montevideo" mehr Mittel zum Zweck, weil sein Vater, der Schauspieler und Regisseur Paul Verhoeven, ihm das Medizinstudium nicht finanzieren wollte.

"Ich hab’ Großvater nie kennengelernt", sagt Luca Verhoeven, "weiß nur, dass er ein imposanter Mann, ein großer Künstler und scheinbar auch ein ziemlicher Womanizer gewesen ist. Und es war wohl so, dass er einen genauen Plan für meinen Vater hatte."

Ärzte wie Sand am Meer

Für Paul Verhoeven, der sich als Schauspieler vor allem im Kino einen Namen machte ("Der Kaiser von Kalifornien", "Hoheit lassen bitten") und drei Jahre lang, von 1945–1948, auch Intendant am Münchner Staatsschauspiel gewesen ist, stand fest, dass auch Sohn Michael irgendwann ein Theater leiten würde, "dass er für die Bühne, den Film, überhaupt für die Kultur da sein würde". Ärzte, soll er gesagt haben, gäbe es doch wie Sand am Meer.

Dass er durch seine Verweigerungshaltung zumindest indirekt dazu beigetragen hat, den Sohn fürs Kino zu gewinnen, dürfte ihm gefallen haben. Michael Verhoeven wurde zwar ein engagierter Arzt, gab den geliebten Beruf aber später auf, weil sein Engagement als Drehbuchschreiber, Regisseur und Produzent ihm dafür keine Zeit mehr ließ – und weil er sich mit jedem Film, den er machte, mehr und mehr zu einer Instanz des gesellschaftskritischen deutschen Autorenkinos entwickelte.

Komplexe Themenwahl

Verhoeven befasst sich mit Sujets, die andere nicht mit der Kneifzange anfassen würden. Er hinterfragte in seinen Filmen den Zölibat, konfrontierte das (Fernseh-) Publikum schon in den 90er-Jahren mit einem Thema wie Transsexualität, das erst heute langsam zum Gegenstand eines breiteren Diskurses wird.

Sein bekanntester Film, "Die weiße Rose", über die Geschwister Scholl, wurde in den 80er-Jahren von der Filmförderung fünfmal abgelehnt – er boxte ihn trotzdem durch.

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"Vater ist ein Workaholic", sagt Luca Verhoeven über den mittlerweile 74-Jährigen: "Zum Beispiel liest er noch heute das ‚Ärzteblatt‘ und die ‚Apotheken-Umschau‘. Und ich kann mich, ehrlich gesagt, an keinen Urlaub erinnern, in dem er nicht mindestens drei, vier Drehbücher dabeigehabt hätte."

Michael Verhoeven und seine mindestens ebenso umtriebige Ehefrau Senta Berger werden oft um ihre skandalfreie, glückliche Ehe beneidet. Sie sind seit 1966 miteinander verheiratet. Tatsächlich, sagt Sohn Luca, passt zwischen die beiden kein Blatt: "Das Geheimnis ist, glaube ich, dass sie nicht aneinander kleben. Sie sind durch ihre Arbeit ja oft getrennt. Aber es ist, umgekehrt, eben auch die Arbeit, die sie verbindet."

Gegenseitiges Begeistern

Es gibt im Verhoeven-Clan immer einen, der den anderen mit dem Film-Bazillus infiziert. Für Großvater Paul Verhoeven zum Beispiel dürfte es ein schönes, unverhofftes Happy End gewesen sein, als er 1967 in den von Sohn Michael inszenierten "Paarungen" noch einmal eine Hauptrolle spielte.

Und Luca Verhoeven, der wie Vater Michael nie eine Schauspielschule von innen gesehen hat, hätte den Bogen zum Film wohl nicht gekriegt, wenn ihn nicht sein älterer Bruder, Simon Verhoeven, immer mal wieder auf den Set geholt hätte.

Bei den Dreharbeiten zu "Männerherzen", Simon Verhoevens bislang erfolgreichstem Film, für den er unter anderem den Bayerischen Filmpreis bekam, holte der ältere Bruder den jüngeren 2009 sogar hinter der Kamera hervor.

"Ich hab’ damals bei ihm ein Praktikum gemacht", sagt Luca, "in der Produktion, nicht als Schauspieler. Aber als es darum ging, wer den Zivi spielen sollte, der Wotan Wilke Möhrings Papa verbieten will, im Altenheim Kekse zu backen, fiel Simon wieder ein, dass ich auch mal Zivi war. Und dass ich meinen Zivildienst im Altenheim abgeleistet habe."

Gastauftritt in "Männerherzen"

Es ist nur eine kurze Szene, die Luca in "Männerherzen" hat, und eine undankbare noch dazu – eigentlich geht es nur darum, sich von Möhring passgenau eins auf die Mütze geben zu lassen.

Die erste Chance, als Schauspieler im Business Fuß zu fassen, war eigentlich die bessere. Aber mit Simons Verhoevens Kinodebüt "100 pro" hatten 2001 weder der Regisseur noch sein Darsteller das nötige Quäntchen Glück. Im Gegenteil. Bei "100 pro" ging so gut wie alles schief.

"Der Film, der eigentlich eine wunderschöne Coming-of-Age-Geschichte zweier Jungs erzählt, wurde als Teenie-Klamotte und Partyfilm verkauft. Als er im September ins Kino kommen sollte, kam 9/11 dazwischen. Und als er schließlich im Oktober doch noch startete, war kein Geld für eine neuerliche PR-Kampagne mehr da." "100 pro" ging unter.

"Ein verkannter Film", sagt Luca Verhoeven, der darin neben Ken Duken die Hauptrolle spielte.

Dokus statt Spielfilme

Jetzt, bei "New Move Films", stehen erst mal andere im Mittelpunkt. Verhoevens Firma produziert nacheinander zwei Dokus. Die Geschichte vom Aufstieg und Fall des Franz Trojan (Ex-"Spider-Murphy-Gang") und eine Hommage an den Schauspieler Helmut Berger zu dessen 70. Geburtstag 2014.

Und dann gibt es da noch das Drehbuch für einen Film, den Luca Verhoeven als interessante Genrearbeit bezeichnet, "eine Mischung aus Krimi und Psychothriller, mit Horrorelementen, wie es das in Deutschland eher selten gibt". Das Buch stammt von Bruder Simon Verhoeven, die Regie ist noch offen.

"New Move Films" wird produzieren. Der Verhoeven-Clan? Ist busy. Wie eh und je.

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