Tyche: Göttin des Zufalls - Infos & Sagen - mythenwelt.info

Tyche, Göttin des Zufalls

Göttin Tyche ist in der griechischen Mythologie die Göttin des Zufalls, der unberechenbaren Fügung und des Schicksals. Je nach Laune hat sie die Macht in den Lauf der Dinge einzugreifen und diesen auf die ein oder andere Weise zu beeinflussen.

Wer ihre Eltern sind ist nicht ganz klar. Sie wurde erstmals bei Hesiod gegen 700 v. Chr. und in den Homerischen Hymnen aus der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts v. Chr. erwähnt. Zu dieser Zeit wurde sie noch als Tochter des Okeanos und der Tethys beschrieben. Damit gehört sie zu den Titanen und ist somit eine alte und mächtige Gottheit der Griechen. Später, um 470 v. Chr., nannte Pindar dann Zeus als ihren Vater. Sie ist außerdem Enkeltochter der Gaia und des Uranos.

Fakten über die griechische Göttin Tyche

Göttin des Zufalls, der glücklichen (oder bösen) Fügung, des Schicksals
Römischer Name Fortuna
Geschlecht Weiblich
Erkennungsmerkmale & Symbole – Füllhorn (Symbol für Fülle, für Speicherkräfte sowie Reichtum)
– Ruder & Flügel (als Lenkerin des Schicksals)
– mit einer Mauerkrone (als Stadtgöttin und Stadtbehüterin)
– mit Rad oder rollender Kugel (für Balance und als Sinnbild des sich drehenden, wandelbaren Schicksals)
– Manchmal hält sie auch den als Knaben dargestellten Plutos, den Gott des Reichtums, im Arm.
Eltern Tethys und Okeanos (evtl. Zeus)
Kinder nicht bekannt

Charakterzüge von Tyche

Göttin Tyche wird als launisch und unberechenbar beschrieben. Immer wenn sich etwas zum Guten oder Schlechten wendet, hat sie die Finger im Spiel. Dabei geht es ihr jedoch nicht darum, jemanden zu bestrafen oder zu belohnen, sondern um den Wandel an sich und um zu sehen, wie Menschen damit umgehen und was sie daraus lernen.

Als eine der Okeaninen, der vielen Töchter der Tethys und des Okeanos, hat auch sie eine bestimmte Aufgabe und ist „die, die das Gute treffen lässt“. Laut Hesiod, einem bekannten griechischen Dichter aus der Zeit um 700 v. Chr., gab es insgesamt 3000 Okeaniden. Er nennt jedoch nur die ältesten 41.

Sie teilen sich ihr Reich (das Salzwasser) mit den Nereiden und sind von diesen auch nicht immer eindeutig zu unterscheiden. Die meisten treten nie wirklich in Erscheinung, wenn überhaupt wird nur ihr Name erwähnt. Die Okeaniden werden außerdem als Frauengestalten beschrieben. Nur Eurynome weicht davon ab und wird mit einem Fischschwanz dargestellt.

Verehrung von Göttin Tyche

Ab der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts v. Chr. lässt sich eine Verehrung der Göttin Tyche nachweisen. Seitdem finden sich verschiedene Darstellungen von ihr mit ihren Symbolen. Bevor sie zur Schicksalsgöttin wurde, galt Tyche als Trägerin des Wohlstands. Ursprünglich war sie außerdem eine nautische Göttin und galt als Glücksbringerin und Göttin der Seefahrt. Auf Münzen findet man sie deshalb mit gespanntem Segel und auf einer Weltkugel balancierend, mit Anker und Schiff in ihrer Nähe. Tyche soll die Mutigen und Abenteurer besonders wertgeschätzt haben. Sie hatten sich ihrer Gunst erwiesen und wurden eher beschützt.

Göttin Tyche spielt im Leben aller Menschen eine Rolle. Sie behütet Reisende, Geschäftsleute und Händler und deren Fracht auf ihren Wegen. Laut dem altgriechischen gelehrten Eratotosthenes ist sie außerdem das Urbild des Sternzeichens der Jungfrau. Wahrscheinlich weil dieses Sternbild bei der Seefahrt dabei half, die Orientierung zu behalten.

Tyche wurde auch außerhalb Griechenlands verehrt. Im Hellenismus erreichte die Verehrung dann ihren Höhepunkt. Jedem Menschen wurde eine Tyche zugeschrieben. Göttin Tyche wurde in dieser Zeit außerdem immer mehr zu einer Stadtgöttin, so zum Beispiel für die Städte Antiochia, Alexandria und Skythopolis. Die Verehrung als Stadtgöttin fand in der römischen Fortuna, die der griechischen Göttin Tyche entspricht, ihre Fortsetzung.

Auch kleinasiatische Städte in der römischen Kaiserzeit, wie zum Beispiel Kibyra in Phrygien, Aspendos und Side in Pamphylien und Karallia in Kilikien, verehrten ihre jeweilige Tyche weiter als Schicksalsgöttin ihrer Stadt. Immer wieder bildeten sie stilisierte Tempel mit dem Kultbild der Tyche auf den Rückseiten der Bronzemünzen ab, die als lokale Zahlungsmittel verwendet wurden.

Im Laufe der Zeit verschwand dann die personale Vorstellung von Tyche zunehmend. So stand das Wort „týchē“ schließlich auch für „Schicksal“, „Zufall“ oder „zufällige Begegnung“ und wurde sogar manchmal als eine Art Ausruf bei einem Fehler oder Versehen verwendet.

Unterschied zur römischen Göttin Fortuna

Die griechische Göttin Tyche entspricht in etwa der römischen Göttin Fortuna. Es gibt jedoch ein paar Unterschiede. Während Fortuna bewusst Glück und Segen bringt, verkörpert Tyche den unberechenbaren Aspekt des Glücks. Sie favorisiert den Zufall, der dann über Glück oder Unglück entscheidet. Es bringt also auch nichts, ihr Opfer darzubringen, denn für sie spielt allein der Zufall eine Rolle und nicht die Beeinflussung in Richtung Glück oder Unglück.

Wer dennoch ihre Gunst haben möchte, kann dies nur durch ein unstetes, abenteuerliches Leben erreichen, bei dem das Schicksal immer wieder herausgefordert wird. Ob das Zufallspendel dann eher Richtung Glück oder Unglück ausschlägt, ist jedoch auch dann nicht vorhersehbar. Doch Tyche lehrt damit, mit Zufällen, Unvorhersehbarem und Unberechenbarem umzugehen, denn das einzig Beständige ist der Wandel.