Täglich drängen sich Gläubige am Grab von Johannes Paul II.

Neuer Pilgermagnet im Petersdom

Seit mit der Seligsprechung am 1. Mai die sterblichen Überreste von Johannes Paul II. aus der Gruft des Petersdoms in die Oberkirche transferiert wurden, hat sich die Zahl der Besucher vervielfacht, die dem polnischen Papst ihre Reverenz erweisen.

Autor/in:
Johannes Schidelko
 (DR)

Der enge Raum der Unterkirche begrenzte die Zahl derer, die am Papstgrab defilieren konnten, sagt ein Wächter am Rand der Holzbarriere. "Jetzt kommen am Sarkophag des Wojtyla-Papstes praktisch alle Besucher des Petersdoms vorbei." Im vergangenen Jahr waren das laut Vatikanangaben 18 Millionen. In diesem Jahr sorgte die Seligsprechung für einen neuen Schub.



Dicht gedrängt schieben sich die Ströme von Gläubigen und Touristen durch ein Eingangsbereich der Vatikanbasilika. Neben der Pieta Michelangelos befindet sich in der zweiten Seitenkapelle rechts das Grab des seligen Johannes Paul II.  Unter dem Monumentalbild des frühchristlichen Märtyrers Sebastian verkleidet eine weiße Marmorplatte die moderne Grablege. "BEATUS JOANNES PAULUS PPII", lautet die von Strahlern erhellte Inschrift in dunkelroten Lettern.



Das neue Papstgrab stellte den Vatikan vor logistische Herausforderungen. Lange wurde überlegt, wo der neue Selige seine letzte Ruhestätte finden sollte. Da die Besucherströme am Grab nicht die Gottesdienste in der Kirchenapsis oder am Papstaltar beeinträchtigen dürfen, sollte es in der Nähe des Eingangsbereichs liegen. Dazu musste freilich die Grabstätte des ebenfalls seligen Vorgängers Innozenz XI. (1676-89) aus der Sebastians-Kapelle verlegt werden. Der Papst, der 1683 am Zustandekommen der Koalition gegen die Türken bei Wien beteiligt war, hat nun unter dem riesigen Mosaik von Raffaels "Verklärung Christi" im vorderen Vierungspfeiler eine ebenfalls würdige Ruhestätte erhalten.



Langes Verweilen nicht möglich

Anfang Mai hat die Dombauhütte für den Petersdom eine neue Einbahnregelung eingeführt. Trotzdem stauen sich selbst an Tagen mit mäßigem Besucherandrang gerade in den Mittagsstunden die Menschenmassen vor dem Grab von Johannes Paul II. "Es tut uns leid, die Besucher oft zur Eile drängen zu müssen, damit sie den Platz für die nächsten freigeben", meint der Vatikan-Gendarm. Und in der Tat gibt es an der heiligen Stätte immer wieder unheilige Szenen.



Ein längeres Verweilen vor dem Papstgrab ist so nicht möglich, auch nicht zum stillen Gebet. In die fünf langen Kniebänke hinter der Absperrung lassen die Ordner tagsüber grundsätzlich nur Priester und Ordensleute. Jedoch besteht jeden Morgen die Möglichkeit zu einer Messe am Papstgrab. Um 7 Uhr, um 8.15 und 8.45 Uhr werden Gottesdienste in der Sebastians-Kapelle gefeiert. Es seien vor allem Gruppen polnischer Pilger, die oft mit eigenem Geistlichen diese Möglichkeit nutzten. Sofort danach müssen die Gläubigen jedoch die Kapelle wieder verlassen, so der Wachhabende.



Römische Pilgerführer meinen daher, der Ort für das Grab des seligen Johannes Paul II. sei nicht optimal gewählt. Direkt am Eingang und zudem neben Michelangelos Pieta, einem weiteren Besuchermagneten, komme es unvermeidlich zu ständigen Rückstaus. Nur bietet sich kein anderer, geeigneterer Platz innerhalb der Basilika. Und so werden die Besucher das Grab des Glaubenszeugen Johannes Paul II. weiterhin zwischen den beiden Monumentalskulpturen seiner Vorgänger Pius XI. (1922-39) und Pius XII. (1939-58) finden - und unter dem Gemälde des christlichen Hauptmanns Sebastian, der 288 unter Kaiser Diokletian für seinen Glauben den Märtyrertod erlitt.