"Wie das Monster unter dem Bett": Neue Show, erwachsener Luke?
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Interview: Luke Mockridge

"Wie das Monster unter dem Bett": Neue Show, erwachsener Luke?

Schwerin / Lesedauer: 8 min

Kaum einer hat die deutsche Comedylandschaft gleichermaßen geprägt und gespalten wie der 35-jährige Luke Mockridge. Nachdem die Anzeige gegen seine Person zurückgewiesen wurde, wagt er ein Comeback auf der Bühne. In seiner neuen Show "Trippy" verarbeitet der gebürtige Bonner seine Erfahrungen mit dem vermeintlichen "Erwachsenwerden" und der "Realität des Lebens". Wir haben uns kurz vor seinen Auftritten in Schwerin und Rostock mit ihm getroffen und über das Comeback, die damit verbundenen Sorgen, seine Familie und die neue Show gesprochen.
Veröffentlicht:09.04.2024, 18:00

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Dein neues Programm heißt „Trippy“, was genau verstehst du darunter? 

Für mich ist es gerade das Stichwort Kinder der 90er. Ich hatte das Gefühl, unser Leben [Anm. d. Redaktion: Das Leben der 90er-Kinder] wird niemals von der Fahrbahn abkommen. Alles war eigentlich immer gut. Alle waren glücklich. Man dachte, es wird ewig so weitergehen. Und jetzt merkt man, dass das Leben halt echt abgefahren ist. Das, was in irgendwelchen Science-Fiction-Filmen oder auf irgendwelchen Drogentrips beschrieben wurde, ist jetzt einfach Realität. Wenn jemand vor fünf Jahren gesagt hat, dass es in fünf Jahren Krieg in Europa gibt, dazwischen einen Virus, der die Menschen fast wie zu Zombies macht und dafür sorgt, dass wir alle paar Jahre zu Hause bleiben müssen. Und so weiter und so fort. Dann hätte man ihn für verrückt erklärt. Und mittlerweile sind das alles Realitäten, denen man sich entweder ergeben kann, oder versucht alles mit Optimismus zu füllen. Mein Auftrag ist es zu sagen, in einer pessimistischen Welt ist es umso besser, Optimist zu sein und bedingungslos optimistisch zu sein. Und das ist so ein bisschen die Mission des Programms. Und das bedeutet Trippy für mich.

Die Vorwürfe deiner Ex-Freundin gegen dich haben große Wellen im Netz und der Öffentlichkeit geschlagen. Welche Erkenntnisse ziehst du für dich selbst bzw. wie hat das Geschehene deine persönliche Entwicklung vorangebracht?

Ich bin mittlerweile einfach total dankbar, dass sich alles geklärt hat. Man hat ja irgendwie medial total Bock darauf gehabt, mir Etiketten auf die Stirn zu tackern. Und da hätte ich machen können, was ich wollte, es musste einfach Zeit ins Land gehen. Irgendwann, und das ist der Fluch oder Segen an diesem Social-Media-Kram, kommt die Wahrheit halt immer irgendwie durch. Für mich war es einfach wichtig, sich in dieser Zeit zurückzuziehen, mich abzuriegeln und auf mich zu konzentrieren. Die Erkenntnis für mich ist einfach zu sagen, mein Selbstwert speist sich nicht darauf ab, wie die Menschen mich öffentlich wahrnehmen, sondern der Selbstwert speist sich daraus, wie ich mich selber finde, wie meine Freunde und Familie, meine engsten Angehörigen mich sehen. Und alles andere da draußen ist einfach ein mediales Spiel. Ich habe auch an mir selbst gearbeitet und habe jetzt das Gefühl, dass sowohl für mich, als auch für alle da draußen, das Ding durch ist und es jetzt witzig und optimistisch weitergehen kann.


Vorwürfe aus 2021 gegen Luke Mockridge 

Nach mehr als zwei Jahren Auszeit hat Entertainer Luke Mockridge im letzten Jahr sein Comeback auf der Bühne gefeiert. Die Ex-Freundin von Luke Mockridge hatte dem Comedian 2021 versuchte Vergewaltigung vorgeworfen. Er wies sämtliche Anschuldigungen zurück und die Staatsanwaltschaft Köln stellte das Verfahren schließlich ebenfalls ein. Juristisch war der Fall damit beendet. Dennoch erfuhr er viel Hass und Anfeindung – vor allem im Netz. Die öffentlich und in den sozialen Medien stattfindende Diskussion forderte Konsequenzen von einem der erfolgreichsten Comedians des Landes. Im Interview mit dem "stern" sprach er über sein "exzessives Partyleben" und "Fehlverhalten" im Umgang mit Frauen, trennte dieses Verhalten jedoch klar von der öffentlichen Debatte um seine Person ab. 


Wann hast du für dich selbst den Punkt definiert, dass du wieder auftreten möchtest?

Eigentlich die ganze Zeit schon. Ich wusste aber auch nicht, ob das irgendwie jemals wieder gehen wird. Aber da sind wir dann auch beim Thema Optimismus. Ich habe ja nur das eine Leben und das ist auch unser allererstes Leben, wo Fehler passieren und wo Dinge nicht immer perfekt laufen. Bisher war in meinem Leben oder meiner Karriere alles so harmonisch und easy gelaufen, dass es irgendwie einen lauten Knall brauchte. Davon lasse ich mich aber nicht in Geiselhaft nehmen. Ich spreche auch viel mit Freunden darüber oder wenn Kinder von Freunden in der Schule Probleme haben. Dann sage ich auch immer, im Leben sind viele Situationen, wie diese Monster unterm Bett, wo du erst Angst hast, aber dann guckst du nach und da ist eigentlich nichts. Sich von einem Scheinriesen irgendwie in die Schranken weisen zu lassen, wäre auch vertane Zeit und deswegen wollte ich einfach zurück auf die Bühne, weil man dann auch eine ganz andere Dankbarkeit hat, was nicht selbstverständlich ist.

Luke Mockridge zieht es wieder zurück auf die Bühne
Luke Mockridge zieht es wieder zurück auf die Bühne (Foto: Thomas Rabsch)

Wie war das erste Mal wieder auf der Bühne für dich?

Das war Hammer, weil ich ab dem Moment gemerkt habe, was mein Job eigentlich ist. Also diese ganze Promi-Öffentlichkeit, Statements, Interviews, diese Rote-Teppich-Kacke, das ist ja gar nicht mein Job. Mein Job ist, auf die Bühne zu gehen und Leute zu unterhalten. Und in dem Moment, wo das wieder möglich war, dazustehen und Menschen zu unterhalten, da habe ich wieder gemerkt, das ist eigentlich das, was ich kann. Alles andere sind so künstliche Nebengeräusche, die irgendwie von anderen kommen, die eben kein Bühnenprogramm haben, die das für ihren Inhalt brauchen. Mich als Antagonisten zu installieren in ihrem Leben. Und ja, das ist dann einfach deren Game und nicht meins. Meins ist auf der Bühne.

Du hast vor kurzem deinen 35. Geburtstag gefeiert. In der Branche bist du allerdings als „Kindskopf“ bekannt. Wie fühlt es sich für dich an, älter zu werden?

Ich versuche immer älter zu werden, aber mir irgendwie so ein inneres Kind und eine Spielfreude zu bewahren. Dafür ist die Bühne natürlich ein tolles Vehikel. Je ernster das Leben draußen ist, desto toller und bunter kann ich mir mein Innenleben gestalten. Und ich glaube, mit Trippy habe ich echt eine bunte, psychedelische Welt geschaffen, die vielleicht erst mal anmutet, dass sie sehr kindlich und wie ein Kindergeburtstag ist, aber hier und da einen ernsteren Unterton hat. Und das macht Spaß, beide Welten miteinander zu vermischen. Also ich habe das Gefühl, man wird sich im Alter immer ähnlicher und ich hab Bock, mich selbst und meine Programme immer weiterzuentwickeln.

Bei einer deiner Shows saßen sogar deine Eltern und dein Bruder im Publikum. Bist du dann besonders aufgeregt, da du auch oft über deine Familie auf der Bühne sprichst?

Zweierlei. Zum einen sind sie natürlich inhaltlich Thema und ich habe auch so ein Ding über älteste Geschwister, wo ich sage, dass Geschwister auch manchmal ihre Rolle übertreiben und sich als die Außenminister der Eltern sehen. Sowas dann vor meinem ältesten Bruder oder meinen Eltern zu erzählen, das ist schon irgendwie spannend. Aber das war bei uns schon immer die Vereinbarung, dass wir unser Leben einfach auf der Bühne verarbeiten und dass das Teil unserer Kunst ist, bei all meinen Geschwistern und meinen Eltern. Mein Vater ist ja auch Regisseur und hat lange ein Comedy-Theater in Bonn geführt. Er liebt einfach Comedy so sehr, dass ich danach [Anm. d. Redaktion: nach der Show] auch noch einen Anruf von ihm kriege, wo er mir sagt, was ich besser machen kann, oder wo meine Haltung nicht gestimmt hat. Das ist dann schon cool. Ich freue mich natürlich immer über alles, was von meiner Familie kommt, weil es einfach bedeutet, dass es eben wichtig ist.

Luke Mockridge genießt die Zeit mit den Fans und auf der Bühne. 
Luke Mockridge genießt die Zeit mit den Fans und auf der Bühne.  (Foto: dpa/Axel Heimken)

Du hattest deine eigene TV-Show, stehst auf der Bühne, bist Podcaster, hast in einem Film mitgewirkt... Auf welches Projekt hättest du noch richtig Lust?

Ich liebe tatsächlich alle Formen des Entertainments und sie machen mir alle großen Spaß. Die Bühne ist tatsächlich das ehrlichste Medium. Beim Film, Fernsehen, Podcast, da kann man auch schneiden, da kann man immer noch nach konfigurieren. Die Bühne ist das Unmittelbarste. Ich sage immer, in allem anderen wird gelogen, auf der Bühne findet die unmittelbare Wahrheit statt. Ich finde Musicals wahnsinnig spannend, weil ich viel mit Musik groß geworden bin. In Kanada gab es mal tolle Sachen, die wir uns sehr viel angeguckt haben. Deutsche Musik ist immer noch sehr in so einem "Disney-Reich" und ich finde da könnte man noch viel mehr und spannendere Sachen erzählen und vielleicht auch mal eine abgefahrene Comedy-Story als Musical auf die Bühne bringen. Das ist so ein Projekt, was mich irgendwie total reizen würde, weil man da auch Musik und Schauspiel und Comedy kombinieren kann. Man kann sehr viel verbinden und hat trotzdem noch die unsichtbare Wahrheit der Bühne.

Warum sollten die Leute deine Show besuchen? Wo liegt der Reiz?

Ich finde, sie ist typisch, sie ist echt. Durch die ganze Medienerfahrung links und rechts, habe ich mittlerweile nicht mehr das Gefühl, dass ich meinem Publikum irgendwas vorspielen muss. Viele meiner Kollegen müssen eine Art politisch korrektes Theaterstück aufführen oder glauben, es tun zu müssen, um irgendeinem Zeitgeist zu entsprechen und privat sind sie eigentlich ganz anders. Und ich bin halt echt dankbar dafür, irgendwie durch eine Feuertaufe gegangen zu sein, weil ich das Gefühl habe, okay, jetzt kann ich tatsächlich ungefiltert einfach ich sein. Ich muss niemandem mehr was beweisen, sondern kann total aufatmen und sagen "Geil, jetzt, jetzt kann ich, ich sein" und das merke ich auch in meinem Programm. Mein Publikum merkt das auch. Es ist auf jeden Fall ein anderer Look, aber einer, der viel mehr mit sich verbunden ist und dadurch auch viel lustiger und auch in Teilen radikaler ist. Deswegen ist "Trippy" meine ehrlichste Show, die mir auch am meisten Spaß macht.

Luke Mockridge kommt mit seinem Programm am 10. April nach Rostock, am 12. April nach Schwerin und am 7. Juni nach Kiel. Weitere Termine und Tickets auf seiner Website.