Wildbarren (1448 m) und Bichlersee
Wandergenuss bei Oberaudorf
Die Rundwanderung von Oberaudorf auf den Wildbarren und weiter zum Bichlersee führt durch eine malerische Voralpenlandschaft. Der Gipfel bietet eine großartige Aussicht zum Kaisergebirge. Unterwegs kann man zudem zwei geologische Naturdenkmäler der Gegend kennenlernen, den so genannten Grauen Stein bei Niederaudorf und die Höhle im Höhlenstein. (Stand: )
Der Wildbarren ist ein leicht zu besteigender, überaus beliebter Aussichtsgipfel in den Bayerischen Voralpen. Gemeinsam mit dem gegenüberliegenden Kranzhorn flankiert er den Eingang ins Unterinntal. Das Tal zieht sich dort zwischen Flintsbach und Oberaudorf auf gerade einmal einen Kilometer Breite zusammen.Im Vorbeifahren fällt der Wildbarren vor allem durch die etwas felsigen, vom Inn-Gletscher übersteilte Ostabfälle auf.Die Charakterisierung als wild verdankt er wohl seiner unwegsamen Ost- und Nordseite. Ansonsten wirkt der dicht bewaldete Berg eher unscheinbar. Doch man sollte ihn nicht unterschätzen, denn sein Gipfel ermöglicht einen wirklich fantastischen Kaiserblick und eine Fernsicht bis zum Alpenhauptkamm.
Auf dem Weg zum Wildbarren gibt es neben der abwechslungsreichen Landschaft außerdem ein touristisch bedeutendes Geotop zu sehen.An einem Berghang über dem Audorfer Ortsteil Agg liegt ein großer erratischer Block aus Granit, der unter dem Namen Grauer Stein bekannt ist. Er wurde vom Inn-Gletscher aus den Zentralalpen mitgebracht.
Dass das Gestein nicht zur Umgebung passt, fiel den Menschen natürlich schon immer auf. Mangels einer plausiblen Erklärung dachten sie sich verschiedene Geschichten aus. Bei so einem gewaltigen Stein musste entweder der Riese vom Wildbarren oder der Teufel mit der Pfarrersköchin am Werk gewesen sein. Erst im 19. Jahrhundert lösten Geologen im Zuge der Gletscherforschung das Rätsel um die Findlinge.
Schwer zu interpretieren ist der ungewöhnliche Bergname Barren. Mit Bär jedenfalls, wie manchmal behauptet wird, hat Barren sicher nichts zu tun. Die älteren Schreibweisen Wildborm Berg (Anich), Wildborn, Wildbarn und Wildbarm deuten stattdessen eher auf das bairische Barn für Futtertrog hin. Eine Verwandtschaft mit dem romanischen Felswort balma für Grotte oder Unterstand, im übertragenen Sinne eine einfache Behausung, wäre denkbar.
Tourcharakter und Schwierigkeit
Bei Trockenheit stellt der Wildbarren kaum nennenswerte Ansprüche. Wenn es nass ist oder noch Schnee liegt, können die teils steilen und schmalen Steige aber an einigen Stellen unangenehm werden. Trittsicherheit sollte auf jeden Fall vorhanden sein. Ansonsten wird vor allem die Ausdauer strapaziert. Anfang und Ende der Tour sind hatschert. Wer mit der Wendelstein-Ringlinie oder dem Auto anreist, spart sich etwa sechs Kilometer.
Durch ihre südseitige Ausrichtung ist die Wanderung gerade im Frühling oder Herbst ein Genuss. Im Sommer findet man beim Rückweg sowohl am Bichlersee als auch am Auerbach Abkühlung.
Wegbeschreibung
Am Auerbach nach Agg
Wir starten am Bahnhof Oberaudorf und spazieren auf der Reisacher Straße nach Norden zum Auerbach. Dort unter der Bahnstrecke hindurch und über den Auerbach. Anschließend geht es auf einem Fußweg knapp zwei Kilometer lang bachaufwärts.
Im Ortsteil Trißl1 mündet der Fußweg bei der Klinik in eine Nebenstraße, die weiter nach Agg führt. Wenn man Pech hat, knattern gerade Motorräder über die Deutsche Alpenstraße. Abgesehen davon liegen die Höfe von Agg sehr idyllisch. Im Sommerhalbjahr hält in Agg übrigens die Wendelstein-Ringlinie. Bei der Bushaltestelle muss man rechts zum Bauern in Agg.
Beim Grauen Stein
Ab Agg sind der Graue Stein und der Wildbarren regelmäßig ausgeschildert. Vorbei an einer Baumgruppe geht es diagonal über die Wiese in den Wald hinein. Es gibt zwei Varianten zum Naturdenkmal, die beide ungefähr eine halbe Stunde dauern.
Der rechte Weg verläuft über einen hölzernen Aussichtspavillon. Angesichts der eher bescheidenen Aussicht lohnt sich der Pavillon aber kaum.
Mit einem geschätzten Gewicht von 25 Tonnen macht der Graue Stein2 ganz schön etwas her. Bearbeitungsspuren lassen vermuten, dass er nicht mehr vollständig erhalten ist.
Auf der Rückseite des Findlings sind mehrere Keiltaschen in Reihe eingeschlagen, auf der Vorderseite zwei Kreise eingeritzt. Offenbar gab es Versuche, ihn zu spalten, um Mühlsteine herzustellen.
In der Gegend bildeten Mühlsteine einst ein wichtiges Exportprodukt. Dank des Inns war die schwere Last per Schiff transportierbar. Mühlsteinbrüche wurden beispielsweise an der Biber in Brannenburg und bei Neubeuern betrieben. Am sehenswertesten ist der Mühlsteinbruch Hinterhör bei Altenbeuern.
Zur Felixalm
Vom Findling wandern wir der Beschilderung für den Wildbarren folgend bergauf zur Weide von Zaglach. Unwillkürlich schweift der Blick hinüber zum Brünnstein, der irgendwie an einen umgedrehten Schiffsbug erinnert.
Am oberen Rand der Weidefläche leitet ein Forstweg in den Wald. Ein paar Kurven weiter wechselt die Wanderroute unter dem Felixköpfl auf einen schmäleren Weg, der einen beeindruckend steilen Hang quert. Der Inn-Gletscher leistete dort ganze Arbeit. Dann öffnet sich eine kleine, heimelige Lichtung mit den zwei Hütten der Felixalm3 und der Riedleitneralm. Eine Beweidung findet keine mehr statt. Die Felixalm gehört zum Münchner Priesterseminar.
Über den Oberen Holzplatz auf den Gipfel
Ab der Felixalm kommt noch einmal kurz ein Stück Forstweg, bevor rechts der steile Steig zum Gipfel abzweigt. Beim Absatz am Oberen Holzplatz, einst Standort der abgegangenen Heinzenalm, schwenkt die Route in die Ostflanke. Kurz vor dem Gipfel gewinnt man dann den Südrücken.Alternativ könnte man vom Holzplatz auch den Jagdsteig nehmen, der direkt den Südrücken hinaufführt. Allerdings lässt er sich bergauf schwerer finden als der markierte Weg. Einen echten Vorteil hat er ohnehin keinen.Der höchste Punkt am Wildbarren4 befindet sich an seiner Ostspitze. Von dort reicht der Blick an klaren Tagen über das Unterinntal bis in die Zentralalpen.
Abstieg zum Bichlersee
Bergab nehmen wir den Weg nach Westen. Beiderseits stehen und liegen zahllose silbergraue Baumskelette herum, die von einem schon länger zurückliegenden Windbruch zeugen. Zwischen dem Totholz wachsen wieder junge Bäume heran. Leider wurden auch Douglasien gepflanzt, die auf einem bayerischen Berggipfel eigentlich nichts zu suchen haben.
Hinter einem Bildstock wird das Gelände ziemlich abschüssig. Das viele Wurzelwerk mahnt zur Vorsicht. Bald kommt der schwindelerregende Aussichtspunkt am Dreifaltigkeitsfelsen5. Von ihm überblickt man fast das komplette Wendelsteingebiet. Später schwenkt der Steig nach rechts und mündet schließlich in einen Forstweg. Diesem folgen wir nun eine Zeit lang. An einer Kreuzung dann am besten rechts Richtung Hohe Asten halten.Wer nicht nach Oberaudorf zurückmuss, könnte über die Hohe Asten nach Flintsbach wandern. Das ist weiter, aber auch schöner.Gleich nach der Bichleralm geht es beim Wegweiser spitz links auf einem Steiglein zum Bichlersee6 hinab. Der See lädt an warmen Tagen zum Baden ein.
Abstecher zum Höhlenstein
Etwa 200 Meter westlich des Bichlersees ragt eine Felswand auf, die bezeichnenderweise Höhlenstein heißt. Man betritt die Haupthöhle durch ein mächtiges Portal. Von der großen Eingangshalle zweigt ein Seitengang mit einem von Sinter reich verzierten Schlot ab. Wie die Versinterungen zeigen, wäre eine Höhlenbildung durch Verkarstung bei dem anstehenden Oberrhätkalk möglich. Doch die eigentliche Ursache scheint eine tektonische Bruchstelle zu sein. Neben der Haupthöhle existieren in der Wand noch kleinere Auswitterungslöcher.
Der Höhlenstein ist ein Fledermausbiotop und darf während der Schutzzeit von 01.10. bis 31.03. nicht betreten werden. Das Schild mit dem ganzjährigen Verbot entbehrt laut einem Artikel von Peter Hofmann in der Münchner Höhlengeschichte II zwar jeglicher Rechtsgrundlage, hat allerdings den Vorteil, dass das Objekt so vor Vermüllung bewahrt bleibt.
Rückweg über Regau
Unweit des Bichlersees befindet sich der Weiler Regau mit einem Berggasthof7. Ab Regau verläuft die Wanderung gut zwei Kilometer auf einer wenig befahrenen Teerstraße. Entlang der Straße liegen einige Anwesen in lockerer Anordnung. Die Struktur dieser Streusiedlung am Großen Audorfer Berg ähnelt derjenigen drüben am Hocheck. Die Einödhöfe entstanden im Hochmittelalter, als der Platz im Tal knapp wurde.
An einer scharfen Rechtskurve unterhalb von Zaglach kann man die Straße wieder verlassen. Gleich danach, kurz vor einem einzelnen Haus, links über die Wiese. Das ist ganz in der Nähe des Grauen Steins, wo wir uns ja bereits auskennen. Von da auf dem Hinweg über Agg zurück nach Oberaudorf.