Von Inzell durch die Weißbachschlucht
Wandern auf den Spuren von Eiszeit, Trift und Salz
Auf dieser Wanderung von Inzell nach Bad Reichenhall lässt sich ein wenig von der harten Arbeit der Salzsäumer und Triftknechte erahnen. Ob diese wohl etwas für die malerische Landschaft, die einzigartigen Weißbachfälle oder die wilde Weißbachschlucht übrig hatten? Wir jedenfalls können uns heutzutage unbeschwert daran erfreuen und zugleich einiges über die Geschichte des weißen Goldes lernen. (Stand: )
Völlig zu Recht gilt die sechste Etappe des SalzAlpenSteigs von Inzell nach Bad Reichenhall als eine der abwechslungsreichsten. Auf dem ersten Teilstück weicht meine Beschreibung allerdings vom SalzAlpenSteig ab und führt stattdessen durch das idyllische Weittal, wo man am Falkensee sowie der Weißbachquelle vorbeikommt.Die Gegend hat letztlich so viel Naturschönheit zu bieten, dass es gar nicht leichtfällt, sich für den ein oder den anderen Weg zu entscheiden.Der spannendste Abschnitt ist dann die Weißbachschlucht. Nahe am tosenden Wasser wandern wir auf dem ehemaligen Triftsteig durch die enge Schlucht. Im letzten Drittel geht es schließlich auf dem gemütlichen Soleleitungsweg nach Bad Reichenhall.
Geschichte des Salzwesens
Ein wichtiges Thema stellt unterwegs die Geschichte des bayerischen Salzwesens dar. Informationstafeln berichten von dem mühsamen Transport der Salzfässer (Kufen) auf den Saumpfaden, der gefährlichen Trift des Brennholzes zu den Salzsiedepfannen und der ältesten bayerischen Soleleitung von Reichenhall nach Traunstein.Die Soleleitung entstand zwischen 1617 und 1619 unter der Leitung des Hofbaumeisters Hanns Reiffenstuel.Sie war damals eine absolute technische Innovation, weil die Sole im Gegensatz zu anderen zeitgenössischen Leitungen mit Hilfe der Wasserkraft bergauf gepumpt wurde. Herzog Maximilian I. beauftragte den Bau dieser ersten Pipeline der Welt, um die Salzproduktion zu steigern. In Reichenhall mangelte es nämlich an Holz, weswegen oft nicht alle Sudpfannen für die Siedesalzgewinnung in Betrieb waren. In Traunstein gab es dagegen noch genug Holz.
Die Soleleitung bestand aus Holzdeicheln. Diese bedurften einer ständigen Wartung und Kontrolle, damit von der kostbaren Sole kein Tropfen verloren ging. Heute laden die dafür angelegten Betriebswege zum Wandern ein.
Tourcharakter und Schwierigkeit
Für die zwanzig Kilometer lange Wanderung braucht man auf jeden Fall viel Ausdauer. Dabei sind die möglichen Abstecher noch gar nicht mit eingerechnet. Wenigstens halten sich die Höhenmeter in Grenzen. Es gibt nur zwei kleine Anstiege. Tendenziell verläuft der Weg bergab, weil Inzell höher liegt als Bad Reichenhall.
Vorsicht ist auf dem teils recht schmalen Steig in der Weißbachschlucht geboten, besonders bei Nässe. Elementare Trittsicherheit sollte also vorhanden sein. Im Übrigen sind die Wege einfach.
Wegbeschreibung
Von Inzell zum Falkensee im Weittal
Wir begeben uns von der Bushaltestelle ins Ortszentrum von Inzell, wo es bei der Kirche eine Unterführung gibt. Auf der anderen Seite geht es ein paar Hundert Meter entlang der Adlgasser Straße bis zum Falkenseebach. Genau vor dem Bächlein muss man rechts zum Ortsteil Hausmann abzweigen. Hinter den Häusern von Hausmann beginnt am Waldrand unterhalb des Söldenbergs der beschilderte Wanderweg ins Weittal zum Falkensee.
Gleich zu Beginn kommt eine Kneippanlage direkt im frischen Bergbach. Nach einem kurzen Fußmarsch liegt dann auch schon der stille, von Mooren umgebene Falkensee1 vor uns. Der See ist ein Relikt der Würm-Kaltzeit. Er besteht aus mehreren miteinander verbundenen Toteislöchern. Gespeist wird er von Quellen.
Abstecher zur Weißbachquelle
Gegen Ende des Weittals kann man noch links beim so genannten Wasserloch2 vorbeischauen. Das sind nur wenige Minuten. Der Abstecher lohnt sich vor allem für geologisch Interessierte. Aus der Karstquelle entspringt der Weißbach. Vermutlich stammt das Quellwasser teilweise aus dem verkarsteten Gebiet um die Kohleralm am Hinterstaufen. Das Wasserloch gilt als Überlauf der Falkenseequellen weiter nördlich. Während deren Wasser über den Falkenseebach in die Traun fließt, mündet der Weißbach in die Saalach. Das Weittal bildet also eine regionale Wasserscheide. Höhlenforscher konnten den Quellgang bei Niedrigwasser etwa zwanzig Meter tief bis zu einer unpassierbaren Verengung befahren.
Gletschergarten bei Weißbach
Bei der Gabelung am Südende des Weittals hat man die Qual der Wahl. Der rechte Weg führt zu den Weißbachfällen, der linke am Gletschergarten vorbei zur Himmelsleiter, einer historischen Stiege an der Soleleitung. Beides hat seinen Reiz.
Links kreuzt der Weg zunächst den Weißbach. Bereits ein paar Minuten hinter Scharmann kommt an einer Talenge der Weißbacher Gletschergarten3. Das Geotop wurde in den 1930er Jahren beim Straßenbau freigelegt und wäre fast gesprengt worden. Zu sehen gibt es einen Gletscherschliff mit Schrammen, Töpfen und Rundhöckern. Das Kalkgestein gehört zu den Partnachschichten der Trias.
Über die Himmelsleiter
Vom Gletschergarten folgen wir weiter der Trasse der ehemaligen Soleleitung Richtung Weißbach, und zwar über die oben erwähnte Himmelsleiter4.
Die mehrere Hundert Stufen lange Stiege bildet zusammen mit dem Solehochbehälter und den Resten der Metallrohre ein wertvolles Industriedenkmal. Die Anlage entstand im Zuge der Erneuerung der Leitung um 1800. Aus der Niederreserve unten bei Nagling, inzwischen Nägling geschrieben, wurde die Sole mit Hilfe einer Reichenbach'schen Wassersäulenmaschine zum Hochbehälter gepumpt. Von da floss sie bergab bis zur Saline Traunstein. Vom Brunnhaus Nagling blieb relativ viel erhalten. Ebenfalls lohnend ist in diesem Zusammenhang die Besichtigung des letzten noch komplett originalen Brunnhauses Klaushäusl bei Rottau.
Nach dem Abstieg über die Himmelsleiter muss man unten in Nägling entsprechend der Beschilderung die Straße überqueren und neben dieser nach links.
Alternative über die Weißbachfälle
Die alternative Route über die Weißbachfälle beginnt wie gesagt am Ende des Weittals rechts und knickt nach 300 Metern spitz links ab. Der Weg leitet anschließend unter der Deutschen Alpenstraße hindurch. Kurz darauf tauchen im Wald die wundervollen Kaskaden der Weißbachfälle auf. Auch wenn es in den Chiemgauern deutlich höhere Wasserfälle zu bestaunen gibt, mir persönlich gefallen diejenigen am Weißbach von allen am besten. Ein ausgesprochen schöner Platz für eine Pause.
Ab den Wasserfällen geht es dann einfach immer bachabwärts.
Von Nägling durch Weißbach
Bei Nägling treffen die beiden Alternativen wieder zusammen. Der Wanderweg verläuft nun im Tal mehr oder weniger neben dem Weißbach – meistens am Ostufer, im Ort Weißbach5 vorübergehend auch auf der anderen Bachseite. Etwa einen Kilometer hinter dem Ort Weißbach führt beim Landhotel Mauthäusl der Steig hinab in die Weißbachschlucht.
Weißbachschlucht
Dank der guten Absicherung kann man das Naturschauspiel der Weißbachschlucht6 relativ gefahrlos erleben. Zwei Jahre lang musste der Weg schon einmal wegen maroder Brücken und Stege gesperrt werden. Im Herbst 2020 wurde er nach einer aufwändigen Sanierung wiedereröffnet und ist seitdem noch besser begehbar.
In die Schlucht fällt ausreichend Licht, so dass darin eine üppige Vegetation gedeiht. An einigen Stellen wird es fast so eng wie in einer richtigen Klamm. Bei der Holztrift bereitete das früher große Probleme, weil sich die Stämme an den Engstellen verkeilen konnten. Das Lösen dieser Verklausungen war eine äußerst harte, riskante Arbeit.
Soleleitungsweg zum Thumsee
Bald nach dem Ende der Weißbachschlucht zweigt spitz links der Weg nach Bad Reichenhall ab. Er leitet hinauf zum Straßendreieck von Wegscheid7. Dort treffen die Straßen aus Inzell, Schneizlreuth und Bad Reichenhall zusammen. Oben ist der Weiterweg zunächst etwas unklar. Man muss der Straße nach Bad Reichenhall folgen, und zwar am besten gleich auf der Südseite. Nach einem Parkplatz entfernt sich die Wanderroute wieder von der Straße.
Auf dem Soleleitungsweg geht es nun Richtung Thumsee. Der lichte Wald gewährt viele Ausblicke. Das seltsame Bauwerk im Tal unten ist übrigens eine Schießanlage der Bundeswehr.
Der Thumsee8 lädt dann vor dem letzten Wegstück zu einer Pause ein. Es gibt einen Badeplatz mit Liegewiese sowie eine Wirtschaft.
Zur Amalienruhe
Nach dem Thumsee folgt man am einfachsten weiter dem Soleleitungsweg.Zwar wäre es sicher noch interessant, die Burgruine Karlstein und die Wallfahrtskirche St. Pankraz zu besichtigen. Aber die Wanderung ist auch so schon weit genug. Besser macht man das im Rahmen des Reichenhaller Burgenwegs.Der Soleleitungsweg passiert einen Weiher, in dem Seerosen gezüchtet werden, und quert danach längere Zeit durch einen bewaldeten Hang.
Auf der Amalienhöhe gibt es den letzten Aussichtspunkt für heute. Laut Tafel ließ der Reichenhaller Bürger Alfred Nathan 1908 die kapellenartige Amalienruhe zum Andenken an seine Mutter Amalie errichten, die dort gerne die Aussicht genossen hatte.
Nach Bad Reichenhall
Der Wanderweg führt zuletzt noch am Burgstall Vager vorbei, auf den uns eine Tafel des Burgenwegs aufmerksam macht. Schließlich endet er beim Saalachkraftwerk9 im Reichenhaller Ortsteil Kirchberg. Von da gelangt man auf der Thumseestraße in ein paar Minuten zur Saalachbrücke. Gleich auf der anderen Flussseite befindet sich der Bahnhof Bad Reichenhall-Kirchberg.
Museumstipps: Ein Highlight für technisch Interessierte ist in Bad Reichenhall die Alte Saline. Sie wurde nach dem Stadtbrand von 1834 entsprechend den Vorstellungen von König Ludwig I. als repräsentative Anlage erbaut. Das Industriedenkmal kann im Rahmen einer Führung besucht werden. In der Saline befindet sich auch das Salzmuseum.
Ebenfalls vom Salzwesen handelt das ReichenhallMuseum. Außerdem geht es darin um die prähistorische Besiedlung bei Karlstein und die Entwicklung des Kurbads.