Kammerflimmern | Symptome | Ursachen | Defibrillation | Meine Gesundheit

Kammerflimmern

Kammerflimmern ist eine lebensbedrohliche Herzrhythmusstörung mit stark erhöhter Herzfrequenz (schnellem Herzschlag). Ohne schnelle Behandlung (Defibrillation) endet Kammerflimmern mit Herzstillstand und Tod. Menschen mit erhöhtem Risiko für Kammerflimmern kann vorbeugend ein Defibrillator implantiert werden. Wer gehört zur Risikogruppe? Wie sehen Warnzeichen aus – und wie Erste Hilfe? Hier finden Sie Antworten auf diese und andere Fragen.

Synonyme

Ventrikuläre Fibrillation (VF), V-fib, Herzkammerflimmern

Kammerflimmern auf einen Blick

Kammerflimmern

Bei Kammerflimmern schlägt das Herz extrem schnell (bis zu 800 Mal pro Minute), pumpt aber kaum Blut in den Kreislauf. Dadurch gelangt zu wenig Sauerstoff in den Körper. Das führt schnell zu Bewusstlosigkeit und endet tödlich, wenn die Herzfrequenz nicht schnell gesenkt wird.

  • Ursachen: Kammerflimmern kann in seltenen Fällen ohne erkennbare Ursache auftreten. Viel häufiger wird es als Folge von Herzinfarkten, Koronarer Herzkrankheit, Herzmuskelentzündungen oder anderer Schädigungen des Herzmuskels ausgelöst.
  • Behandlung: Die einzig wirksame Behandlung von Kammerflimmern besteht in einer sogenannten Defibrillation. Bei der Defibrillation werden Stromstöße verwendet, um die elektrische Steuerung des Herzschlages wieder zu normalisieren.
  • Erste Hilfe: Steht kein Defibrillator zur Verfügung, kann die Zeit bis zur Defibrillation mit Herzdruckmassage überbrückt werden.
  • Prognose: Ohne schnelle Defibrillation verläuft Kammerflimmern fast immer tödlich. Je eher die professionelle Hilfe einsetzt, umso größer ist die Überlebenschance.

Definition: Was ist Kammerflimmern?

Als Kammerflimmern bezeichnen Mediziner eine Herzrhythmusstörung mit einer besonders hohen Herzschlagfrequenz von bis zu 800 Herzschlägen pro Minute. Das sind mehr als zehn Kontraktionen pro Sekunde. Ein so stark rasender Herzschlag führt dazu, dass das Herz seine wichtigste Funktion nicht mehr erfüllen kann: nämlich Blut in den Körper zu pumpen.

Warum ist Kammerflimmern gefährlich?

Das Herz hat die Aufgabe, Blut durch den menschlichen Körper zu pumpen, um Organe und Gewebe mit Sauerstoff und wichtigen Nährstoffen zu versorgen. Dazu schlägt ein gesundes Herz etwa 60- bis 90-mal pro Minute. Dabei sammelt sich das im Lungenkreislauf mit Sauerstoff angereichertes Blut in den beiden Herzkammern (Ventrikel) und wird durch Zusammenziehen (Kontraktion) des Herzmuskels in den Körper transportiert. Um diese Pumpfunktion zu gewährleisten, müssen sich die Herzkammern in regelmäßigen Abständen zusammenziehen und wieder entspannen. Bei Kammerflimmern ist das nur noch sehr eingeschränkt möglich.

Wie entsteht Kammerflimmern?

Der Herzschlag wird durch kleinste elektrische Impulse gesteuert. Das elektrische Signal kommt aus dem sogenannten Sinusknoten. Der Sinusknoten ist eine Ansammlung spezialisierter Zellen im rechten Herzvorhof. Er erzeugt selbstständig elektrische Impulse, die sich über das Reizleitungssystem des Herzens verbreiten und so die Muskelfasern der Herzkammern zur Kontraktion bringen. Ist dieser natürliche (physiologische) Rhythmus gestört, kommt es zu Herzrhythmusstörungen – und im schlimmsten Fall zu Kammerflimmern. Bei Kammerflimmern schaukelt sich das Steuerungssystem so weit auf, dass sogenannte kreisende Erregungen entstehen. Die treiben den Herzschlag immer weiter in die Höhe – bis das Herz überfordert ist und Herzstillstand eintritt.

Wie gefährlich ist Kammerflimmern?

Kammerflimmern ist immer ein lebensbedrohlicher Notfall. Ohne schnelle Erste Hilfe und möglichst schnelle Defibrillation verläuft Kammerflimmern tödlich. Die wichtigste Erste-Hilfe-Maßnahme ohne Defibrillation ist eine Herzdruckmassage. Die beste Aussicht auf Lebensrettung bei Kammerflimmern bietet die Soforthilfe durch eine Defibrillation mit anschließender Notarztversorgung und stationärer Aufnahme im Krankenhaus (siehe Behandlung).

Was ist der Unterschied zwischen Vorhofflimmern und Kammerflimmern?

Im Gegensatz zu Kammerflimmern ist Vorhofflimmern nicht akut lebensbedrohlich. Vorhofflimmern bleibt oft sogar unbemerkt. Zuweilen kommt es zu Symptomen wie Herzrasen, Schwindel, unregelmäßigem Puls oder Atemnot. Von Vorhofflimmern sprechen Ärzte, wenn die Rhythmusstörung in den Herzvorhöfen entsteht. Kammerflimmern hat seinen Ursprung in den Herzkammern.

Häufigkeit: Viele Herztote durch Kammerflimmern

Kammerflimmern ist der häufigste Auslöser für den plötzlichen Herztod. Nach Schätzungen sterben in Deutschland jährlich zwischen 100.000 und 200.000 Menschen am sogenannten Sekundentod. Es wird angenommen, dass rund 80 Prozent dieser Todesfälle durch Kammerflimmern ausgelöst werden.

Kammerflimmern: Symptome

Die Symptome von Kammerflimmern sind identisch mit den Symptomen eines Herzstillstands. Nach einem kurzen Krampfanfall verlieren Menschen mit Kammerflimmern innerhalb von wenigen Sekunden das Bewusstsein. Sie reagieren nicht mehr auf Ansprache, sind blass, die Pupillen starr und geweitet. Aufgrund der Sauerstoffnot verfärben sich die Lippen blau. Meist kommt es innerhalb von einer Minute zum Atemstillstand und es ist kein Puls mehr tastbar.

Symptome und Warnzeichen: Wie bemerke ich Kammerflimmern?

Kammerflimmern kann plötzlich und ohne jedes Warnzeichen auftreten. Oft wird es aber durch Erkrankungen des Herzens ausgelöst, die ihrerseits Symptome verursachen. Dazu zählen etwa:

  • Linksseitige und/oder in den Rücken ausstrahlende Brustschmerzen, Engegefühl in der Brust (Angina Pectoris) und Atemnot als Vorzeichen eines Herzinfarkts
  • Wiederkehrender Schwindel und Ohnmachtsanfälle (Synkopen) als Folge einer koronaren Herzerkrankung (KHK) oder eines Infarkts
  • Atemnot und Herzrasen schon bei geringer Anstrengung als Symptome unterschiedlicher Erkrankungen von Herz oder Lunge (siehe Ursachen)

Was ist Kammerflattern?

Als Kammerflattern bezeichnen Mediziner eine Erhöhung der Herzfrequenz auf 250 bis 320 Schläge pro Minute. Die Ursachen sind ähnlich wie beim Kammerflimmern: Meist ist der Herzmuskel bereits geschädigt, bevor es zu den charakteristischen starken Rhythmusstörungen kommt. Unbehandelt geht Kammerflattern häufig in Kammerflimmern über. Es stellt deshalb ebenfalls einen medizinischen Notfall dar und erfordert wie das Kammerflimmern unverzügliche Behandlung.

Ursachen: Was verursacht Kammerflimmern?

Die tiefere Ursache von Kammerflimmern liegt fast immer in schweren Herzerkrankungen, die den Herzmuskel oder das Erregungszentrums des Herzens (die elektrische Schaltzentrale) schädigen oder bereits geschädigt haben. Zu diesen Ursachen von Kammerflimmern zählen vor allem:

Seltene Ursachen von Kammerflimmern

  • Kreislaufschocks
  • Unfälle wie Stromstöße oder Ertrinken
  • Vergiftungen
  • Verletzungen des Brustraumes
  • Medikamente, die auf das Reizleitungssystem des Herzens wirken (beispielsweise Natrium- oder Kaliumkanalblocker, mitunter auch Antibiotika, Antidepressiva oder Neuroleptika und Drogen)
  • Kaliummangel (Hypokaliämie)

Diagnose von Kammerflimmern

Kammerflimmern ist ein medizinischer Notfall, der anhand der Symptomatik festgestellt wird. Für die Erstbehandlung ist keine ausführliche Diagnostik notwendig – wichtig ist vor allem, dass schnell gehandelt wird.

EKG bei Kammerflimmern

Das Elektrokardiogramm (EKG, Messung der elektrischen Signale im Herzen) zeigt bei Kammerflimmern eine markant flimmernde Welle, die sich deutlich von einem normalen Sinusrhythmus abhebt. Im Notfall fehlt aber in der Regel die Zeit, ein EKG zu erstellen. Selten kann Kammerflimmern als Zufallsbefund festgestellt werden, etwa bei plötzlichem Auftreten im Rahmen von Untersuchungen, bei denen ein Langzeit-EKG erhoben wird.

Behandlung: Wie behandelt man Kammerflimmern?

Die einzig lebensrettende Behandlungsmethode bei Kammerflimmern ist die Defibrillation (Entflimmerung). Nur die Stromstöße aus einem Defibrillator können das Herz so schocken, dass sich das Erregungsleitsystem – und damit die Herzfrequenz - wieder normalisiert. Im Anschluss an die Defibrillation müssen Menschen mit Kammerflimmern umgehend intensivmedizinisch versorgt werden. Idealerweise geschieht das in einer Intensivstation mit kardiologischem Schwerpunkt, beispielsweise in einem Herzzentrum.

Medikamente: Adrenalin bei Kammerflimmern

Während der Erstversorgung eines Herzstillstandes setzen Notärzte verschiedene Medikamente ein. Ein häufig eingesetzter Wirkstoff ist Adrenalin. Adrenalin wirkt unter anderem auf den Sinusknoten. Bei einem Kammerflimmern, dass durch Defibrillation beseitigt wurde, darf Adrenalin allerdings nicht angewendet werden. Bei wiederholtem Kammerflimmern hingegen kann es entsprechend den Leitlinien des Europäischen Rates für Wiederbelebung (European Resuscitation Council, ERC) eingesetzt werden.

Kammerflimmern: Erste Hilfe mit Defibrillatoren

An vielen öffentlichen Orten stehen für die Erste Hilfe bei Kammerflimmern automatische Defibrillatoren zur Verfügung, die auch von Laien leicht bedient werden können. Diese Geräte werden auch als AED bezeichnet. AED steht für „Automatisierte Externe Defibrillatoren“. Diese AED-Defibrillatoren geben Sprachanweisungen, denen auch Erstretter ohne Ausbildung folgen können. Für die Defibrillation entfernt der Helfer die Bekleidung am Oberkörper und klebt nach Anweisung Elektroden im Brustbereich auf. Der AED erstellt dann ein automatisiertes EKG und gibt bei Bedarf Stromstöße zur Defibrillation ab.

Kammerflimmern: Erste Hilfe durch Herzdruckmassage

Steht kein Defibrillator zur Verfügung, verbessert eine Herzdruckmassage die Überlebenschancen bei Kammerflimmern. Entsprechend ausgebildete Ersthelfer können die Herzdruckmassage durch eine Mund-zu-Mund-Beatmung ergänzen (nach 30 Kompressionen zweimal beatmen).

Für nicht ausgebildete Helfer empfehlen Notfallmediziner oder die Deutsche Herzstiftung, auf die Atemspende zu verzichten. Der Hintergrund: Herzdruckmassage und Atemspende überfordern viele Helfer. Daher sei es besser, die einfachere Herzdruckmassage anzuwenden: die Brust in der Mitte (wo die Rippen zusammenlaufen) senkrecht ca. 6 cm tief drücken, Frequenz 100 pro Minute.

Wie lange Herzdruckmassage?

Die Herzdruckmassage sollte bis zum Eintreffen eines Notarzt-Teams angewendet werden oder bis Betroffene das Bewusstsein wiedererlangen und selbstständig atmen.

Reanimation für Ersthelfer

Um die Unsicherheit bei einem Notfall wie Kammerflimmern zu überwinden und die Reanimation mit Herzdruckmassage, Atemspende und Defibrillator einzuüben, bieten zahlreiche Organisationen wie das Deutsche Rote Kreuz (DRK), der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) oder die Malteser Schulungen an. Auch Online-Schulungen sind möglich.

Prognose: Wie tödlich ist Kammerflimmern?

Die Überlebenswahrscheinlichkeit bei Kammerflimmern hängt wesentlich vom Zeitpunkt der Erste-Hilfe-Maßnahmen ab. Bei umgehender Defibrillation (weniger als eine Minute nach Beginn) und bedarfsgerechter Behandlung im Krankenhaus sind die Überlebenschancen gut. Hier liegt die Überlebenswahrscheinlichkeit bei bis zu 95 Prozent. Mit jeder weiteren Minute sinkt die Überlebensrate allerdings um zehn Prozent. Nach Angaben der Deutschen Herzstiftung verlaufen nur etwa 10 Prozent der Wiederbelebungen nach einem Herz-Kreislauf-Versagen erfolgreich.

Nach einer Bewusstlosigkeit durch Kammerflimmern ist das Risiko für ein erneutes Auftreten deutlich erhöht.
Deshalb ist es wichtig, nach einer erfolgreichen Reanimation langfristig regelmäßig ärztliche Betreuung in Anspruch zu nehmen.

Folgeschäden von Kammerflimmern

Je später eine Defibrillation erfolgt, umso länger dauert der Sauerstoffmangel durch Kammerflimmern an. Und damit steigt die Wahrscheinlichkeit von Hirnschäden mit unterschiedlichsten neurologischen Ausfällen. Auch andere Organe können dauerhaft Schaden nehmen.

Wie kann man Kammerflimmern vorbeugen?

Kammerflimmern ist fast immer Folge von Herz-Kreislauferkrankungen. Bei der Vorbeugung von Kammerflimmern kommt es daher wesentlich darauf an, Herzerkrankungen wie Koronare Herzkrankheit, Herzmuskelentzündungen oder Herzschwäche wirkungsvoll zu behandeln.

Implantierbare Defibrillatoren

Menschen mit einem erhöhten Risiko für Kammerflimmern profitieren außerdem implantierbaren Kardioverter-Defibrillator (ICD). Diese Defibrillatoren ähneln einem Herzschrittmacher und werden in Herznähe unter die Haut verpflanzt wird. Dort überwachen die Geräte den Herzrhythmus und geben bei Unregelmäßigkeiten einen elektrischen Impuls ab, um ein auftretendes Kammerflimmern zu beenden.

Autor: Charly Kahle (Medizin-Redakteur), fachliche Prüfung: Yvonne Jurkoweit (Ärztin)

Stand: 19.06.2023

Quelle:
  1. MSD-Manuals: Kammerflimmern (VF), , zuletzt abgerufen im Juni 2023
  2. Deutsche Gesellschaft für Kardiologie, Herz- und Kreislaufforschung: Ventrikuläre Arrhythmien, zuletzt abgerufen im Juni 2023
  3. Deutsche Gesellschaft für Kardiologie, Herz- und Kreislaufforschung: Leitlinien des European Resuscitation Council (ERC) zur kardiopulmonalen Reanimation 2021: Update und Kommentar, zuletzt abgerufen im Juni 2023
  4. Deutsche Herzstiftung: Empfehlung - Herzdruckmassage ohne Atemspende
     
  • Auf Whatsapp teilenTeilen
  • Auf Facebook teilen Teilen
  • Auf Twitter teilenTeilen
  • DruckenDrucken
  • SendenSenden