Festakt am Sonntag - Berlin-Blockade endete vor 75 Jahren

Sa 11.05.24 | 09:54 Uhr
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Unter dem Jubel von Bürgern verlassen am frühen Morgen des 12.05.1949 die ersten Busse Berlin in Richtung Westdeutschland. Ein Personenbus ist mit einem Schild dekoriert auf dem "Hurra wir leben noch" steht. In der Nacht vom 11. zum 12. Mai 1949 wurde um 0.01 Uhr die Blockade Berlins aufgehoben (Quelle: dpa / UPI).
Bild: UPI

Rund ein Jahr lang wurde West-Berlin von US-Militärflugzeugen aus der Luft versorgt - zwei Millionen Bewohnerinnen und Bewohner überstanden die Blockade der Stadt durch die Sowjets. Am Sonntag wird am ehemaligen Flughafen Tempelhof der 75. Jahrestag gefeiert.

Es ist ein Donnerstagnachmittag, als man vor dem Rathaus Schöneberg keinen Fußbreit Asphalt mehr erkennen kann, sondern nur noch ein Meer von Köpfen. Aus allen Richtungen strömen Menschen herbei, etwa 500.000 werde es am Ende sein. Sie feiern das Ende der Berlin-Blockade. Sie tragen Plakate auf denen steht: "Hurra, wir leben noch". Es ist der 12. Mai 1949.

75 Jahre später wird dieses Jubiläum gefeiert, am Sonntag am Schauplatz des Geschehens: Dem ehemaligen Flughafen Tempelhof. Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) kommt, auch der Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat seinen Besuch angekündigt. Neben Grußworten steht eine Besichtigung der Open-Air-Ausstellung "Blockierte Sieger - geteiltes Berlin: 75 Jahre Luftbrücke" auf ihrem Programm. Die Veranstaltung vor dem Eingangsbereich des früheren Flughafens ist ab 14 Uhr für Besucherinnen und Besucher geöffnet.

Ende nach 328 Tagen

Erst um Mitternacht des 12. Mai, nicht einmal einen Tag vor der großen Kundgebung in Schöneberg, hatten die Sowjets die Verkehrswege nach West-Berlin wieder freigegeben - nach längeren Konsulationen zwischen US-amerikanischen und sowjetischen Diplomaten, den ehemaligen Verbündeten im Kampf gegen Nazi-Deutschland. Die sowjetische Militärführung hoffte darauf, noch gesichtswahrend aus der Sache herauszukommen, aber am Ende war sie schlichtweg zermürbt genug, die Blockade auch so aufzugeben. Noch an Ostern hatten die Westalliierten durch einen Flugwettbewerb beweisen wollen, dass sie ihre Luftbrücke im Grunde noch sehr, sehr lange würden fortführen können: Alle 62 Sekunden war ein Versorgungsflug in West-Berlin gelandet. Die Machtdemonstration wirkte.

Nach 328 Tagen endete eine Zeit voller Hunger, Sorgen und Ängste für die fast zwei Millionen Bewohnerinnen und Bewohner West-Berlins. Noch wenige Jahre zuvor hatten Tag und Nacht die Bomber der Amerikaner und Briten die damalige Reichshauptstadt in Schutt und Asche gelegt. Nun versorgten sie all jene, die in den Sektoren der Westmächte lebten wie auf einer Insel inmitten des sowjetischen Machtbereichs.

Berliner Blockade, 24. Juni 1948 - 12. Mai 1949. - Versorgung ueber die Luftbruecke: Berliner verfolgen Starts und Landungen der Flugzeuge auf dem Flughafen Tempelhof, Foto aus dem Oktober 1948 (Quelle: dpa / Tony Vaccaro).Im Hintergrund die Oderstraße - vorne gucken Berlinerinnen und Berliner den landenden US-Flugzeugen auf dem Tempelhofer Flugfeld zu.

Drei Luftkorridore in die Stadt

Begonnen hatte die Blockade im Juni 1948; elf Monate zuvor. In einer Juninacht waren in Westberliner Wohnungen plötzlich die Lichter ausgegangen, Gasherde erloschen. Blockiert hatten die Sowjets sämtliche Zufahrtswege, sie hatten Strom- und Gaslieferungen abgebrochen, die Lebensmittelversorgung lahmgelegt. Die Stadt war buchstäblich vom einen auf den anderen Tag von der Außenwelt abgeschnitten. Die Westmächte sollten so zum Abzug ihrer Truppen gedrängt werden. Der Aktion vorangegangen war eine Währungsreform, bei der in den westlichen Besatzungszonen Deutschlands die D-Mark eingeführt wurde. Eine Provokation in den Augen des Diktators Josef Stalin. Berlin sollte nach sowjetischer Auffassung von der westlichen Währungsreform ausgenommen bleiben.

"Straßen, Schienen und Wasserwege sind dicht, aber wir haben die Luftkorridore", hieß es damals. Drei an der Zahl waren es nach Berlin; von Hamburg, Bückeburg (Hannover) und Frankfurt am Main aus waren sie nach Kriegsende durch ein Abkommen geregelt worden.

Neuer Flughafen in Tegel binnen 85 Tagen

Der Minimalbedarf zur Versorgung von Westberlin lag bei bis zu 5.000 Tonnen pro Tag, Kohle zum Heizen, Nahrungsmittel, dazu auch Baustoffe. Anfangs war die Luftbrücke nur für maximal 45 Tage geplant, doch die logistische Meisterleistung nahm immer größere Ausmaße an. Mehrmals gab es Probleme mit der Flugkoordination, mit zu schwerer Beladung. Zu enger Luftraum und anfänglich zwei Flugbahnen für über 600 Flugbewegungen pro Tag erschwerten das Projekt erheblich.

So musste auf den Flughäfen Tempelhof und Gatow jeweils eine zweite Landebahn angelegt werden. Außerdem errichteten rund 19.000 Berliner unter Anleitung amerikanischer und französischer Techniker innerhalb von 85 Tagen einen neuen Flughafen in Tegel. Alle zwei bis drei Minuten landete schließlich eine Maschine auf einem der drei Flughäfen. Das sei eine "unfassbare humanitäre und logistische Leistung" gewesen, die den Menschen in West-Berlin das Überleben gesichert habe, sagte die Präsidentin des Berliner Abgeordnetenhauses, Cornelia Seibeld (CDU), am Freitag.

Es reichte zum Überleben, genug konnte es nicht sein. Mehr als 2.100 unterernährte Kinder wurden ab dem 20. September 1948 ausgeflogen. Die meisten kamen bei Verwandten im Westen Deutschlands unter.

Halvorsen bekommt Gedenktafel, kein Denkmal

Den Westmächten ging es längst nicht nur um einen Akt der Nächstenliebe gegenüber ihren ehemaligen Feinden. Es ging um den Aufbau einer freiheitlichen Demokratie. Westberlin kam eine ähnlich symbolträchtige Rolle zu wie heute der Ukraine. Alle Welt schaute hin, und für die Westmächte war klar: Wenn Berlin fällt, ist Westdeutschland als Nächstes dran.

Was dennoch bleibt: Dass im Zuge der Aktion Amerikaner, Engländer und Deutsche Seite an Seite arbeiteten, um das scheinbar Unmögliche möglich zu machen, ist eine Erfahrung, die das transatlantische Verhältnis nachhaltig geprägt hat. Insbesondere die "Rosinenbomber" sind ins kollektive Gedächtnis der Bundesrepublik eingegangen, mit kleinen Fallschirmen hatten Flugzeuge der Aliierten tonnenweise Süßigkeiten für Berliner Kinder abgeworfen.

Die Idee dazu hatte der Pilot Gail S. Halvorsen. 2022 war er im Alter von 101 Jahren gestorben. Nun wird er nochmal in Berlin geehrt: mit einer Gedenktafel vor dem Eingang zum Besucherzentrum des Ex-Flughafens Tempelhof; nicht aber mit einem eigenen Denkmal, wie es ursprünglich vom Senat angekündigt worden war.

Blockadehaltung

Sendung: rbb24 Abendschau, 12.05.2024, 19:30 Uhr

24 Kommentare

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  1. 24.

    Wie Sie , Sie greifen eine Äußerung von einem unwichtigen Politiker etc. auf, um da raus, beispielsweise eine Regierungsabsicht zu konstruieren, natürlich nur, wenn es in Ihren "Kram" passt.
    Das viele Palaver gibt es nicht nur heute, das gab es schon damals, und das nennt man Meinungsaustacusch,übrigens, in einer Demokratie schon immer üblich.

  2. 23.

    Interessant was sie aus meinem ergänzenden Kommentar herauslesen wollen. Fakten der Geschichte sind für sie also "dass sie nach Negativem suchen müssen?"

    Manche Leute schreiben hier nur um des Schreiben willens. Und sowas kommt dann dabei heraus.

  3. 22.

    "Dennoch wurde der geliebte Westberliner Flughafen Tegel gegen den Willen der Bevölkerung dicht gemacht - so ändern sich die Zeiten."

    Lügen nicht dadurch wahrer dass man sie bei jeden passenden aber auch unpassenden Gelegenheit wiederholt. TXL war ein Hochsicherheitsrisiko und wäre ohne die Luftbrücke niemals genehmigungsfähig gewesen.

    Die Schließung von TXL was Bedingung für die Genehmigung von BER.

  4. 21.

    "Was Sie hier schreiben, ist Geschichtsklitterung!"

    Wäre die Berlin-Blockade erfolgreich, so könnten sie heute nicht hier schreiben.

  5. 20.

    Und nu? Ärgert sie die erfolgreiche Luftbrücke so sehr, dass sie nach Negativem suchen müssen?

  6. 19.

    "Ich bin so dankbar, dass die Alliierten West-Berlin so lange unterstützt haben."

    So einig waren sich die West Alliierten nicht. Einige Engländer und cDU Politiker wollten West Berlin evakuieren und aufgeben.

    https://www.volksstimme.de/sachsen-anhalt/mehr-als-nur-ein-scherz-berlin-umzug-in-die-luneburger-heide-431679

  7. 18.

    Warum ist das kein Feiertag?

  8. 17.

    ...von der UdSSR ab dem 24. Juni 1948 gegen die Westsektoren Berlins verhängten Wirtschaftssanktionen und ebenso jener Maßnahmen innerhalb der von den Westmächten an gleichem Tag eröffneten Gegenblockade". siehe Wikipedia

  9. 16.

    Die Briten waren schon auch dabei, nicht nur die Amerikaner.

    Und Berlin SOLLTE ursprünglich von der westlichen Währungsreform ausgenommen werden. Erst nach dem Beginn der sowjetischen Blockade wurde die Währungsreform auch für die Berliner Westsektoren angeordnet. Bis ins Frühjahr 1949 hinein blieb dort auch die - schnell wertlosere - Ostmark gesetzliches Zahlungsmittel.

    Im übrigen: Damals in Berlin, heute in der Ukraine - ein Kampf.

  10. 15.

    Leider nur ein Festakt und kein Fest auf dem
    Flughafen Tempelhof, warum ist das so?
    Sonst wird doch nahezu alles in Berlin gefeiert.

  11. 14.

    Sie verwechseln da was, Gnädigste. Was Sie hier schreiben, ist Geschichtsklitterung!
    Die Blockade war in Leningrad mit 1,5 Millionen Opfern unter der Zivilbevölkerung - verhungert und erfroren. Denen hat keiner Rosinen runter geworfen.
    In Stalingrad allerdings wurde die 6. Armee, der ungebetene Besuch der Wehrmacht, besiegt! Die hatte keiner eingeladen!

  12. 13.

    Ist ja gut...es geht jetzt aber nicht um die Ampel sondern um Geschichte! Also, kleines lenk mal nicht ab.

  13. 12.

    Ganz Westberlin aus der Luft zu versorgen, war eine Meisterleistung, die es heute nicht mehr geben würde. Es würde an zig Tausend Vorschriften scheitern. Den Russen nehme ich das bis heute übel. Sie mussten wissen, was sie taten, denn Stalingrad erlebte auch eine Blockade. Darum war das ungeheuerlich.

  14. 11.

    Danke den Westalliierten für ihren aufopferungsvollen Einsatz und die Leistung, die West-Berliner Bevölkerung dem Stalinismus nicht preisgegeben zu haben.
    Schade, dass selbst die Bw-Helis von Tegel weggeätzt wurden. Berlin wird zu einer wehrlosen Provinz gemacht. Naja - Putin gefällt, was er sieht.

  15. 10.

    Nicht zu vergessen die Briten und Franzosen - die waren nicht unbeteiligt!
    Grüße und auch ein Danke aus dem ehem. Französischen Sektor des freien Berlins.

  16. 9.

    Volle Zustimmung zu Ihrem sehr schön formuliertem Kommentar :-)). Vor allem was TXL betrifft.

  17. 8.

    Genau, so ändern sie sich - Tegel ist als Flughafen für immer geschlossen und ich befürworte das, wenn Sie das Thema hier schon unnötigerweise aufmachen müssen. Den Bau einer Landebahn in solchen Ausnahmezeiten aus purster existenzieller Not heraus als Argument für den späteren Flughafen TXL zu nehmen, ist vorsichtig formuliert eine interessante Argumentationskette. Mit dem gleichen Argument hätte man ja Tempelhof auf ewig offenhalten können, weil da so viele Rosinenbomber gelandet sind. Mit den sich wandelnden Bedürfnissen einer Stadt und weitsichtiger Planung (so desaströs die ganze BER-Nummer dann wurde) hat Nostalgie zum Glück nichts zu tun. Dass diese Luftnummer der FDP im Wahlkampf von vornherein nicht bindend war und Berlin alleine überhaupt nicht hätte entscheiden können - das wollten die Nostalgiker vielleicht nicht wahrhaben. Aber zurück zum Thema: Diese Luftbrücke war wirklich eine sprachlos machende Leistung, für die man absolut dankbar sein darf.

  18. 7.

    Doch, hatten sie. Bis zur Ankunft der amerikanischen, britischen und französischen Besatzungstruppen und dem Abzug der Russen in den sowjetischen Sektor.

  19. 6.

    Die Dauer der Errichtung der Landebahn in Tegel spricht für sich!
    Dennoch wurde der geliebte Westberliner Flughafen Tegel gegen den Willen der Bevölkerung dicht gemacht - so ändern sich die Zeiten.

  20. 5.

    Sie haben uneingeschränkt recht.

    Das waren die gleichen russischen Aggressionen mit denen der Krieg gegen die Ukraine begonnen wurde und in dem seit über 2 Jahren unzählige unschuldige Menschen dort auf brutalste Weise von den Russen im Krieg umgebracht wurden.

    Man kann den russischen Regierungen seit über 75 Jahren nicht trauen!

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