Katharina Schulze wird die starke Frau der bayerischen Grünen
  1. Startseite
  2. Politik

Das Ende der Doppelspitze: Katharina Schulze wird die starke Frau der bayerischen Grünen

KommentareDrucken

Wahlkampfveranstaltung mit Katharina Schulze in Mindelheim
Katharina Schulze, 38: „Ich bin nicht in die Politik gegangen, um in Schönheit am Spielfeldrand zu sterben.“ © Hafner/nordphoto GmbH/Imago

Die Grünen galten einst als die Erfinder der Doppelspitze – sogar die AfD hat inzwischen eine. Doch im bayerischen Landtag schafft die Ökopartei diese Tradition nun ab: Katharina Schulze ist ab sofort die alleinige Vorsitzende der Fraktion – und damit die starke Frau der Partei im Freistaat.

München – Die Abgeordneten der Grünen-Fraktion staunten vergangenen Donnerstag nicht schlecht, als sie in den Abendstunden eine E-Mail ihres Fraktionsvorsitzenden Ludwig Hartmann bekamen. Der „jetzt dienstälteste Abgeordneten-Kollege“ präsentierte den Parteifreunden eine für die Grünen revolutionäre Idee: die Abschaffung der Doppelspitze im Landtag. Über dem angehängten Strategiepapier prangte die Überschrift: „Vertraulich“ – so wie man es sonst nur von Schreiben der Geheimdienste kennt. Und tatsächlich drang zunächst auch nichts nach draußen.

Gestern dann meldeten die Grünen überraschend den Vollzug: Künftig wird allein Katharina Schulze die Fraktion führen. Die 32 Abgeordneten stimmten bei der Fraktionsklausur bei zwei Gegenstimmen und einer Enthaltung für die Münchnerin. Hartmann selbst wird – so will es zumindest seine Fraktion – ins Präsidium des Parlaments wechseln. Der bisherige Vizepräsident Thomas Gehring hatte wegen des schwachen Ergebnisses der Grünen den Wiedereinzug verpasst.

Grüne setzen der Doppelspitze in Bayern ein Ende: Nun steht Schulze allein an der Spitze

Das schlechte Ergebnis – es ist auch der Anlass für diesen doch recht spektakulären Strategiewechsel. Es gehe darum, wieder das Vertrauen der Menschen zu gewinnen, vor allem auf dem Land, schrieb Hartmann an die Abgeordneten. Grüne sollten nicht mehr Hassobjekt sein, sondern wieder Sympathieträger werden. Dazu schlug er eine Arbeitsteilung vor: Der öffentliche und mediale Fokus solle sich auf Schulze fokussieren. Er selbst wolle in seiner neuen, überparteilichen Funktion gegen die Spaltung der Gesellschaft arbeiten. Jenseits des täglichen Streits, in Gesprächen mit Vereinen und Verbänden.

Für die Fraktion, die seit 23 Jahren von einer Doppelspitze geführt wurde, ist dieser Schritt eine Zäsur. Lediglich 2008 hatte man den inzwischen verstorbenen Sepp Daxenberger zum alleinigen Spitzenkandidaten gekürt. Und im letzten Bundestagswahlkampf war Annalena Baerbock Kanzlerkandidatin. Vor den letzten Landtagswahlen hatte sich diese Frage nie gestellt, denn Schulze hatte das Mindestalter von 40 Jahren noch nicht erreicht, das die Landesverfassung für das Amt des Ministerpräsidenten vorsieht. 2028 wird sie alt genug sein – bis dahin will sich die 38-Jährige, die in München ihr Direktmandat souverän verteidigte, als starke Frau der Partei profilieren.

Schulze wird starke Frau der bayerischen Grünen: „Stolz und dankbar“

„Der große Rückhalt und das Vertrauen meiner Fraktion macht mich stolz und dankbar“, wurde sie gestern in einer Mitteilung zitiert. „Ich fühle mich bestärkt darin, weiterhin mit voller Kraft Politik für die Menschen in Bayern zu gestalten.“ Für heute ist eine Pressekonferenz geplant. Dabei wird sich auch Johannes Becher einer größeren Öffentlichkeit vorstellen. Der 35 Jahre alte Freisinger, der am Wahlabend lange um seinen Wiedereinzug bangen musste, übernimmt das neu geschaffene Amt des Vize-Vorsitzenden.

Mit der neuen Aufgabenteilung dürften sich einige Reibungsverluste reduzieren, die durch die Doppelspitze entstanden. Hartmann gilt ein bis weit ins bürgerliche Lager vermittelbarer Pragmatiker, der auch bei Markus Söder Anerkennung genießt. Für seine Positionen hatte er immer wieder mit der Basis, der Parteispitze, aber eben auch mit Schulze zu kämpfen. Im neuen Amt kann er freier agieren – ob er noch so viel gehört wird, ist eine andere Frage. (Mike Schier)

Auch interessant

Kommentare

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

wir erweitern den Kommentarbereich um viele neue Funktionen. Während des Umbaus ist der Kommentarbereich leider vorübergehend geschlossen. Aber keine Sorge: In Kürze geht es wieder los – mit mehr Komfort und spannenden Diskussionen. Sie können sich aber jetzt schon auf unserer Seite mit unserem Login-Service USER.ID kostenlos registrieren, um demnächst die neue Kommentarfunktion zu nutzen.

Bis dahin bitten wir um etwas Geduld.
Danke für Ihr Verständnis!