Johnny Cash - Man in Black: Live in Denmark 1971 Album Review auf CMN

Johnny Cash - Man in Black: Live in Denmark 1971

CD Cover: Johnny Cash - Man in Black: Live in Denmark 1971

1971. Das Jahr hatte es in sich: Der Vietnamkrieg war in vollem Gange, Honecker kam an die Macht, McDonald's eröffnet seine erste Filiale in Deutschland, Joe Frazier wird Schwergewichtsweltmeister im Fight mit Muhammad Ali und - als sanften Kontrast - John Lennon veröffentlicht seinen Jahrhundert-Song "Imagine".

Auch für Johnny Cash waren die frühen 70er Jahre eine bewegte Zeit. Er war mit der "The Johnny Cash Show" auf ABC zum Fernsehstar avanciert, er spielte im Weißen Haus und in Hollywoodfilmen - und er begann, als politisches Statement, nur noch in schwarzer Kleidung aufzutreten. The Man in Black war geboren. Eines der ersten, ganz in schwarz gehaltenen Konzerte gab Cash 1971 in einem dänischen Fernsehstudio. Begleitet von seiner legendären Backing-Band The Tennessee Three - Bassist Marshall Grant, Drummer W.S. Holland, Gitarrist Carl Perkins plus Gitarrist Bob Wootton - sowie stimmlich unterstützt von der Carter Family und den Statler Brothers präsentierte Cash 19 seiner größten Hits und Cover-Versionen.

Den Auftakt der umjubelten Show übernimmt sein kecker Klassiker "A Boy Named Sue" in einer eher zurückhaltenden Version. Es folgen: "Sunday Mornin' Comin' Down", "I Walk The Line" und die beiden Carl Perkins-Rock 'n' Roll-Meilensteine "Blue Suede Shoes" und "Matchbox", bei denen Perkins auch die Lead-Vocals übernimmt. Das erste Glanzlicht setzt das hochkarätige Ensemble schließlich mit der Kris Kristofferson-Komposition "Me And Bobby McGee", das Cash grandios einfühlsam interpretiert. Hier zeigt sich auch die hohe Qualität seiner musikalischen Begleiter: volle Hingabe, kein Ton zu viel, keiner zu wenig. Wer wissen will, was Country Music ausmacht, bekommt hier die umfassende Antwort. Aber auch die Erklärung, wie eng Country mit dem frühen Rock 'n' Roll verwandt war: Man nehme nur das nur knapp einminütige, goldig nostalgische "Guess Things Happen That Way".

Die Show in Dänemark macht klar, dass Johnny Cash 1971 längst ein souveräner Host, ein Förderer und Gönner war. Ein Star, der kein Problem damit hatte, das Spotlight talentierten Kollegen zu überlassen. So dürfen bei dem vielstimmigen Roots-Titel "Bed Of Roses" und dem temperamentvollen, ganz im Beat verankerten "Flowers On The Wall" die Statler Brothers ihren prächtigen Chorgesang vorführen - was das Studio-Publikum durch begeistertes Mitklatschen artig goutierte.

Ausgeflippt sind die Zuschauer aber dann doch erst beim großen Johnny - bei seiner herrlichen, vor Spielfreude strotzenden Interpretation von "Folsom Prison Blues" zum Beispiel. Oder bei den Duetten mit Gattin June Carter Cash "If I Were a Carpenter" und Kristoffersons "Help Me Through the Night".

Als 14. Titel kommt schließlich "Man In Black". Den Track kündigte Cash an mit: "It's about a lot of people that I've met throughout the country, throughout the world. People that mean a lot to me." Es ist ein politisches Lied, ein Protestsong. Es geht um den Vietnamkrieg und um die "hundred fine young men", die im Vietnamkrieg jede Woche das Leben ließen. In dem Track erklärt Cash, warum er deshalb nur noch Schwarz, also Trauer trage. Das überwiegend junge Publikum brach nach dem bewegenden Song entsprechend in Begeisterung aus. Country war spätestens zu diesem Zeitpunkt nicht mehr reaktionär, nicht mehr Redneck und nicht mehr blind patriotisch, sondern kritisch und politisch.

Der Ausklang des musikhistorischen Konzertes fällt aber dann doch harmonisch, friedlich und familiär aus: Die Carter Family kredenzt in perfekter The-Waltons-Eintracht das Muttertags-Lied "A Song to Mama", anschließend stimmen noch Cash und die Statler Brothers bei "No Need to Worry", "Rock of Ages" und "Children, Go Where I Send Thee" mit ein. Man wäre gerne dabei gewesen ...

Fazit: Nicht nur ein weiteres Cash-Konzert, sondern ein Zeit- und Musikdokument. Und dazu ein Wendepunkt in der Biografie des Country-Königs. Ein Muss für jeden Cash-Fan.

Label: Columbia Nashville / Legacy (Sony) VÖ: 8. Januar 2016 2015
01 A Boy Named Sue
02 Sunday Mornin' Comin' Down
03 I Walk the Line
04 Blue Suede Shoes (Carl Perkins)
05 Matchbox (Carl Perkins)
06 Me and Bobby McGee
07 I Guess Things Happen That Way
08 Bed of Roses (The Statler Brothers)
09 Flowers On the Wall (The Statler Brothers)
10 Folsom Prison Blues
11 Darlin' Companion (mit June Carter Cash)
12 I Were a Carpenter (mit June Carter Cash)
13 Help Me Make It Through the Night (mit June Carter Cash)
14 Man in Black
15 Introduction to the Carter Family
16 A Song to Mama (The Carter Family)
17 No Need to Worry (mit The Carter Family & The Statler Brothers)
18 Rock of Ages (mit The Carter Family & The Statler Brothers)
19 Children, Go Where I Send Thee (mit The Carter Family, The Statler Brothers & Carl Perkins)
vgw
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