Palästina-Aktivisten an Uni: Als sie durch die Tür dringen, hält die Polizei mit Pfefferspray dagegen - WELT
WELTGo!
Journalismus neu erleben und produktiver werden
Ihr Assistent Journalismus neu erleben und produktiver werden
WELTGO! ENTDECKEN
  1. Home
  2. Politik
  3. Deutschland
  4. Palästina-Aktivisten an Uni: Als sie durch die Tür dringen, hält die Polizei mit Pfefferspray dagegen

Deutschland Palästina-Aktivisten an Uni

Als sie durch die Tür dringen, hält die Polizei mit Pfefferspray dagegen

Redakteur Innenpolitik
„Camp von Israelhassern gehört nicht an unsere Universität“ – Polizei räumte Proteste

An mehreren deutschen Universitäten wurde der Lehrbetrieb durch propalästinensische Aktionen gestört. An der FU Berlin wurde ein Zeltlager im Campus-Innenhof durch die Polizei geräumt. Zu einem ähnlichen Einsatz wurden Beamte in Leipzig gerufen. Dort hatten Aktivisten Audimax und Innenhof besetzt.

Quelle: WELT TV

Autoplay
Hier können Sie unsere WELT-Podcasts hören
Um eingebettete Inhalte anzuzeigen, ist deine widerrufliche Einwilligung in die Übermittlung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten notwendig, da die Anbieter der eingebetteten Inhalte als Drittanbieter diese Einwilligung verlangen [In diesem Zusammenhang können auch Nutzungsprofile (u.a. auf Basis von Cookie-IDs) gebildet und angereichert werden, auch außerhalb des EWR]. Indem du den Schalter auf „an“ stellst, stimmst du diesen (jederzeit widerruflich) zu. Dies umfasst auch deine Einwilligung in die Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten in Drittländer, u.a. die USA, nach Art. 49 (1) (a) DSGVO. Mehr Informationen dazu findest du hier. Du kannst deine Einwilligung jederzeit über den Schalter und über Privatsphäre am Seitenende widerrufen.
In Berlin eskaliert eine Hochschul-Besetzung von selbst ernannten Pro-Palästina-Aktivisten. Beamte fallen zu Boden, Studenten brechen durch eine Tür, andere rufen: Es lebe die „Studenten-Intifada“. Die Protestszene offenbart, aus welchen Milieus sich die Israel-Hasser rekrutieren.

Bumm, bumm, bumm, mit flachen Händen trommeln blonde junge Frauen mit durchsichtigen Brillengestellen auf den Fluren des Hauptgebäudes der Freien Universität Berlin von innen gegen die Fensterscheiben zum Hof. Dort haben 150 Personen ein illegales Camp errichtet und brüllen, es lebe die „Student Intifada, von Berlin bis nach Gaza“. Die Intifadas waren von blutigen Bomben- und Selbstmordanschlägen gegen Juden in Israel geprägt; die Versammelten hier an der Uni unterstellen dem Staat einen „Völkermord“ an der Bevölkerung in Gaza.

Auch im Camp sind es überwiegend Frauen, oft mit bunt gefärbten Haaren oder Palästinenser-Tuch, dazwischen junge Männer, die kaum volljährig aussehen, sie haben sich in einer Menschenkette um das Camp herum verbarrikadiert. Rund 200 Beamte haben den Hof abgeriegelt. Die Zuschauer im Gebäude konnten deshalb nicht zu den Aktivisten im Camp dazustoßen.

Protest auf dem FU-Campus
Protest auf dem FU-Campus
Quelle: Jan Alexander Casper

Gegen 10 Uhr morgens waren die Anti-Israel-Aktivisten laut Polizeiangaben dort eingezogen. Hinter ihnen steht der Instagram-Kanal „Studierendenkollektiv Berlin“, der schon am vergangenen Freitag zum Anti-Israel-Protest vor der Humboldt-Universität aufgerufen hatte.

Eine Stunde nach dem Einzug der Truppe an der Freien Universität hat deren Leitung laut Eigenangaben die Räumung des Geländes veranlasst; die Versammlung war nicht ordnungsgemäß angekündigt.

Besetzung der Freien Universität am Dienstag
Besetzung der Freien Universität
Quelle: Jan Alexander Casper

Aus den Fenstern drumherum filmen Personen die brüllende und singende Gruppe auf der Wiese, noch öfter schlagen sie von innen gegen die Scheiben, halten Unterstützer-Schilder hoch; darunter ist eine ältere Frau mit rotem Schal, die lächelnd mit Tränen in den Augen die Ansammlung draußen beobachtet. Das zentrale Banner auf Englisch, um das die Gruppe dort sich versammelt, verkündet übersetzt: „Dekolonisierung“ sei nicht nur ein Spruch. Mit dieser Formel haben Anti-Israel-Aktivisten immer wieder die Hamas-Massaker und Vergewaltigungen vom 7. Oktober 2023 zur antikolonialen Befreiungshandlung umgedeutet. Auf einem anderen Banner steht übersetzt: Auch Studenten der privaten Hertie-Universität in Berlin-Mitte unterstützten das palästinensische Volk.

Die Personen auf den Fluren der Uni können es offensichtlich kaum aushalten, nicht mittendrin zu sein in jenem Camp. Um kurz vor 14 Uhr schafft es eine Gruppe junger Frauen zum ersten Mal, eine Tür mit metalldrahtverstärktem Glas zum Innenhof aufzudrücken. Zwei Beamte drängen sie zurück, dann rennen sie unter Geschrei der drinnen Versammelten den Frauen hinterher. Irgendjemand betätigt wenig später den Feueralarm, aus den Gebäuden dringt stetes Sirenheulen, die Durchgangstür zum Hof ist offenkundig beschädigt. Mehrere Beamten sichern sie, es wird nicht der letzte Sturmversuch bleiben.

Protestcamp an der FU Berlin
Der Protest-Pavillon ist eingestürzt
Quelle: Jan Alexander Casper

Die Räumung ist zu diesem Zeitpunkt längst in Gange, nach und nach zerren Beamte Aktivisten aus der Menschenkette. Um 13.32 Uhr hatte die Polizei erstmals per Megafon die Auflösung der Versammlung angekündigt, gut eine Stunde später hat sie das Camp abgeräumt. „Ihr tut ihr weh“, ruft eine junge Frau, als die Beamten wieder jemanden wegschleifen; vor jedem Durchgriff fragen sie die Anwesenden, ob sie freiwillig mitkommen. Die Chöre der Aktivisten driften während der Polizeiaktion auffällig weg vom angeblichen Kernanliegen „Freiheit für Palästina“, sie rufen dann öfter: „Fuck the police“ und „Nazis raus“.

Die Ansagen der Polizei indes klingen im Verlauf des Einsatzes zunehmend so, als würde sie mit Kindern sprechen: „Am besten geht ihr jetzt freiwillig. Sonst kommen die Kollegen und nehmen euch mit“, lautet eine Durchsage um kurz nach 14 Uhr. Die Versammelten aber wirken in ihrer Organisation hochprofessionell. Mehrere Personen, auch unter ihnen hauptsächlich Frauen, sind mit Westen in Signalfarben und vermummt mit medizinischen Masken als Ordner unterwegs, eine trägt ein Walkie-Talkie, in das sie kurz vor Räumungsbeginn auf Englisch etwas über „mehr Polizei kommt von der Mitte“ murmelt.

Polizei führt Aktivistin ab
Polizisten führen eine Aktivistin ab
Quelle: Jan Alexander Casper

Kurz danach, unmittelbar vor Räumungsbeginn, heizt eine weitere junge Frau der Menge ein: „Fuck you, Germany!“, brüllt sie, dann leitet sie mit Megafon zum Chorus an: „Yalla, Yalla, Widerstand, überall in diesem Land.“ Dann lässt sie die Menge auf Englisch skandieren: „Wir schützen uns, wir schützen uns“, und dann wieder, wieder auf Englisch: „Fick dich, Deutschland ... Zionismus ist ein Verbrechen!“ Dann ist die Frau eine der Ersten, die von der Polizei abgeführt werden.

Diese Frau heizt der Menge ein
Diese Frau heizt der Menge ein
Quelle: Jan Alexander Casper
Anzeige

Ein Polizeisprecher sagt dem „Tagesspiegel“, dass gegen die Abgeführten Verfahren wegen Hausfriedensbruchs, Verdachts auf Volksverhetzung sowie Verstößen gegen die Versammlungsfreiheit eingeleitet wird. Die allerwenigsten Demonstranten gehen freiwillig mit; einige lassen sich wegtragen, manch einer zeigt Siegerposen eingeklemmt zwischen hochgewachsenen Beamten. Einem jungen Mann rutschen langsam, aber sicher Hose und Gürtel über die Unterhose, während er sich wegschleifen lässt.

Ein Beamter brüllt: „Pfeffer!“

Die Stimmung unter den Polizisten ist zeitweise angespannt, vor allem vor der Tür, durch die Personen aus dem Inneren des Universitätsgebäudes in den Hof zu dringen versuchen. Um 14.20 Uhr eskaliert dort die Lage, ein Mob aus mehreren Personen stößt durch die zerstörte Tür, Polizisten schubsen Presseleute zur Seite. Ein Beamter brüllt: „Pfeffer!“ Ein anderer hebt ein Plastikteil vom Boden auf und ruft: „Mundschutz! Mundschutz!“ Aus dem Beamtenpulk schießt ein dünner Strahl Flüssigkeit in die Menschenmenge auf dem Uni-Flur.

Nebenan ringen vier Beamte mit einem aggressiven schwarzhaarigen Mann auf dem Boden, vorher waren sie augenscheinlich gemeinsam hingefallen, als sie ihn abgeführt hatten. Er ist eine von mehreren Personen aus dem Uni-Flur, die die Polizei neben den Camp-Aktivisten abführt.

Noch einmal 20 Minuten später sitzen noch um die 20 Aktivisten auf dem Rasen um ihr Camp. Der Pavillon, in dem sie einen Infostand untergebracht hatten, liegt verwüstet irgendwo hinter ihnen, vorher waren Polizisten und Aktivisten in einem Gerangel darauf gestürzt. Überall verstreut liegt die Zeitung „Perspektive“, die eine Kurzfassung der israelischen Geschichte ohne eine einzige Nennung von Begriffen wie „Antisemitismus“, „Terror“ oder „Hamas“ enthält.

Aktivisten im Protest-Camp
Parole der Aktivisten im Protest-Camp
Quelle: Jan Alexander Casper

Auf Flyern, die zwischen den Zeitungen liegen, heißt es auf Deutsch: „Die Zeit ist jetzt: Auf dem Campus für Palästina kämpfen.“ Von Los Angeles bis Dublin „errichten Studierende Protestcamps“ gegen „Krieg, Besatzung und Völkermord“. Um 14.40 Uhr sitzen noch drei einsame junge Frauen im Protestcamp; als sie mit der Polizei mitgehen, schreit ihnen eine ältere Frau mit augenscheinlich arabischem Migrationshintergrund auf Englisch hinterher: „Ich liebe euch!“

Der Lehrbetrieb im Hauptgebäude der FU ist für den Rest des Tages eingestellt. Draußen vor der Mensa stehen rund 20 Israel-Unterstützer mit Schildern wie: „Vergewaltigung ist kein Widerstand.“

Ungefähr eine Stunde nach der Räumung beginnt eine kleine Gruppe mit der Errichtung eines Anti-Israel-Camps an der Universität Leipzig.

Mehr aus dem Web
Neues aus der Redaktion
Auch interessant