Torschützenkönig 1954: Sandor Kocsis | sportschau.de

Sandor Kocsis

Das Goldköpfchen

Sandor Kocsis zählte zu den besten Fußballern der Nachkriegszeit. Das ungarische "Goldköpfchen" erzielte in 68 Länderspielen sensationelle 75 Treffer. Elf davon schoss er allein bei der WM 1954 und wurde Torschützenkönig. Doch ausgerechnet im Finale gegen Deutschland ging er leer aus. Das Ergebnis ist bekannt.

Sandor Kocsis war ein typischer Straßenfußballer. Und auf der Straße wurde er auch von den Talentspähern des Budapester Renommierklubs Ferencvaros entdeckt. Mit 16 Jahren schon war er reif für die erste Mannschaft. Schnell avancierte er zum Schrecken der gegnerischen Abwehrreihen. Sandor Kocsis machte das Gros seiner Tore buchstäblich mit Köpfchen, wobei ihm seine außergewöhnliche Sprungkraft zugute kam. Diese Spezialität und seine blonde Haarpracht brachte ihm den Spitznamen "Goldköpfchen" ein.

Mit 23 Jahren Olympiasieger

Als 17-Jähriger debütierte er in der ungarischen Nationalelf. Mit 19 Jahren feierte er seinen ersten Meistertitel mit Ferencvaros Budapest. Es folgten vier Titel mit dem Stadtrivalen Honved. Mit 23 war er Olympiasieger. Als 24-Jähriger demütigten er und der Rest des ungarischen Wunderteams das Fußball-Mutterland England. Die 3:6-Niederlage im Wembley-Stadion war die erste Pleite Großbritanniens auf eigenem Boden. Der Triumphzug endete erst im WM-Endspiel 1954. Elf Treffer hatte Kocsis bis zum Halbfinale erzielt, vier davon alleine beim 8:3-Vorrundenspiel gegen die deutsche B-Elf. Doch ausgerechnet im Endspiel traf er nicht.

Flucht nach Wien

Die Finalniederlage leitete das Ende des Magyaren-Wunderteams ein, der Ungarn-Aufstand 1956 besiegelte es. Wie etliche Teamkollegen flüchtete Kocsis vor den sowjetischen Panzern. Von den Olympischen Spielen in Melbourne setzte sich der "Schani" nach Wien ab. Er reiste weiter in die Schweiz, wo er seine ebenfalls geflüchtete Braut und Schwiegermutter in Empfang nahm. Zunächst kickte er für die Young Boys Bern, ehe er nach Barcelona wechselte. Uwe Seeler wird sich daran wohl nicht so gerne erinnern. Im Europapokal-Halbfinale 1961 war es ein Kocsis-Kopfballtor, das den HSV wenige Sekunden vor dem Abpfiff um das Endspiel brachte.

Unfall oder Selbstmord?

Nach Beendigung seiner Laufbahn eröffnete Kocsis in Barcelona ein Restaurant namens "Tete d’Or", zu deutsch "Goldkopf". Als Trainer betreute er kurz den spanischen Erstligisten Hercules Alicante. Die Diagnose "Leukämie" beendete 1974 dieses Engagement. Für Kocsis begann ein Martyrium. Zur Leukämie kam Magenkrebs, der linke Fuß wurde ihm amputiert. Etliche Operationen und die jahrelangen Behandlungen zehrten sein Vermögen auf.

Mysteriös bis heute sind die Umstände seines Todes. Am 22. Juli 1979 stürzte er aus dem vierten Stockwerk des Quiron-Krankenhauses in Barcelona. War es ein Unfall? Oder hatte er seinem Leiden selbst ein Ende gesetzt? Dieses Geheimnis hat der "Schani" mit ins Grab genommen. 

Frank Menke

Montage mehrerer Fotos von und zu Sandor Kocsis: Nach der Final-Niederlage von Bern. Der Ehrenpokal für den Torschützenkönig 1954. In Aktion beim Endspiel gegen Deutschland. Fotos: dpa; Montage: ARD

Oben: Der enttäuschte Kocsis inmitten seiner Mannschaftskameraden nach dem Finale. Rechts der Ehrenpokal für den Torschützenkönig.

Unten: Gefahr für den deutschen Torwart Toni Turek: Kocsis überwindet Eckel (rechts) und schießt aufs Tor.

Zur Person

Name:
Sandor Kocsis
Geboren:
21.09.1929 in Budapest
Gestorben:
22.07.1979 in Barcelona

Karriere-Highlights

  • Olympiasieger 1952
  • Vizeweltmeister 1954
  • Ungarischer Meister 1948, 1950, 1952, 1954, 1955
  • Spanischer Meister 1959 und 1960
  • Spanischer Pokalsieger 1959 und 1963