Milton Friedman

Volkswirtschaft I, Märkte

Milton Friedman
Milton Friedman, geb. 1912,
Professor an den Universitäten von Chicago und Stanford,
Nobelpreisträger 1976

Die Rolle der Preise

Die Grundüberlegung von Adam Smith' �Wealth of Nations� ist nahezu verwirrend einfach: Wenn der Austausch zwischen zwei Parteien freiwilliggeschieht, dann findet er nur dann statt, wenn beide glauben, dass sie davon profitieren. Viele ökonomische Irrtümer kommen daher, dass diese simple Grundüberlegung außer Acht gelassen wurde, sie entstanden deshalb, weil es eine Tendenz gab, anzunehmen, dass da eine bestimmte Menge Kuchen ist, den die eine Partei nur auf Kosten der anderen gewinnen kann.

Diese Grundüberlegung liegt zwar auf der Hand, wenn es um ein einfaches Geschäft zwischen zwei Personen geht. Aber zu verstehen, wie sie Menschen aus der ganzen Welt befähigen kann, zusammenzuarbeiten und ihre privaten Interessen zu vertreten, ist schon viel schwieriger.

Das Preissystem ist der Mechanismus, der diese Aufgabe durchführt ohne zentrale Lenkung, ohne dass es notwendig wäre, dass die einzelnen Leute miteinander sprechen oder dass sie sich mögen. Wenn Sie z.B. Ihren Bleistift oder Ihr tägliches Brot kaufen, dann wissen Sie nicht, ob der Bleistift oder das Getreide aus der Hand eines Weißen, eines Schwarzen, eines Chinesen oder eines Indianers kommen. Das Ergebnis ist: Das Preissystem ermöglicht es den Menschen, in einem Bereich ihres Lebens friedlich zusammenzuarbeiten, während sich jeder einzelne in allen anderen Bereichen um seine eigenen Belange kümmert.

Adam Smith' geniale Erkenntnis war es, dass die Preise, die bei der freiwilligen Transaktion zwischen Käufern und Verkäufern entstehen, - kurz gesagt auf einem freien Markt - die Aktivitäten von Millionen von Menschen, bei denen jeder seinen eigenen Interessen dient, so koordinieren können, dass jeder von ihnen dabei profitiert. Es war damals eine aufsehenerregende Überlegung und bleibt es heute noch, dass eine Wirtschaftsordnung entstehen kann als unbeabsichtigte Konsequenz der Aktivitäten vieler Menschen, bei denen jeder einzelne seinen eigenen Vorteil sucht.

Das Preissystem funktioniert so gut, so effizient, daß wir meistens gar nicht darüber nachdenken. WIr realisieren nicht, wie gut es funktioniert, es sei denn, es wird vom Funktionieren abgehalten; und selbst dann erkennen wir selten die Ursache der Störung.

Die langen Warteschlangen an den Tankstellen, die bei uns plötzlich 1974 nach dem OPEC-Ölembargo auftraten und die sich im Frühjahr und Sommer 1979 nach der Revolution im Iran wiederholten, sind ein schlagender Beweis. In beiden Fällen handelte es sich um erhebliche Störungen der Rohölversorgung aus dem Ausland. Aber es führte weder in Deutschland noch in Japan zu Warteschlangen an den Tankstellen, obwohl beide vollkommen vom importierten Öl abhängig sind. Aber wir in den USA hatten Warteschlangen an den Tankstellen, obwohl wir den größten Teil unseres Öls selbst produzieren. Und das hat nur einen einzigen Grund:

Weil das Gesetz - das eine Regierungsbehörde durchführte - den Preismechanismus nicht wirksam werden ließ. In verschiedenen Gebieten der USA lagen die gesetzlich festgesetzten Preise unter dem Niveau, das den Ausgleich zwischen der angebotenen Menge an den Tankstellen und der nachgefragten Menge der Käufer herbeigeführt hätte. Das Benzinangebot wurde dirigistisch in verschiedene Landesteile gebracht, anstatt es als Antwort auf den Druck der Nachfrage wirksam werden zu lassen, was sich in den Preisen widergespiegelt hätte. Das Ergebnis war, daß in manchen Bereichen Überschüsse entstanden und in anderen Verknappung und Warteschlangen vor den Tankstellen. Der reibungslose Mechanismus des Preissystems, welches jedem Konsumenten jahrzentelang garantiert hatte, daß er an den Tankstellen angenehm und ohne langes Warten Benzin kaufen konnte, wurde durch bürokratische Improvisation ersetzt.

Preise organisieren die ökonomischen Aktivitäten und erfüllen damit drei Funktionen: Erstens, sie übermitteln Information. Zweitens, sie bieten einen Anreiz, jene Produktionsmethoden anzuwenden, die am wenigsten kosten, und so garantieren sie, daß die vorhandenen Ressourcen für die wertvollsten Zwecke verwendet werden. Drittens, sie bestimmen, wer wieviel von dem Produkt erhält - sie übernehmen die Verteilung des Einkommens. Diese drei Funktionen sind eng miteinander verbunden.

Quelle:
Milton und Rose Friedman
Chancen, die ich meine - Ein persönliches Bekenntnis
Titel der amerikanischen Originalausgabe: Free to choose
Ins Deutsche übertragen von Isabel Mühlfenzl
Ullstein, Berlin, Frankfurt/M, Wien, 1980, S. 25 - 27

Quelle des Bildes:
Hoover Institution,
Stanford

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