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Bormanns Geliebte

Die Schauspielerin Manja Behrens liebte Bormann und verdarb es sich mit Goebbels

Was soll ich Ihnen nur von meinem Leben erzählen?" wurde die Schauspielerin Manja Behrens 1966 während eines Interviews mit der Berliner "BZ" gefragt. "Es ist schrecklich uninteressant verlaufen." Das war eine Untertreibung des Kalibers, als hätte Uwe Seeler damals behauptet, sein Spiel in Wembley sei nicht sehr aufregend gewesen.

Manja Behrens war 21, als ihr 1935 am Dresdner Staatsschauspiel mit "Und Pippa tanzt" der Durchbruch gelang. Der Autor, Gerhart Hauptmann, trat mit ihr zum Premierenbeifall an die Rampe und sprach: "Wie Frau Behrens spricht, möchte ich gesprochen werden."

Sofort meldete sich der Film. Ein Drehbericht von "Stärker als Paragraphen" vermeldete: "Sie mimt eine Ohnmacht so echt, dass auch die zuschauenden Atelierfüchse in spontanen Beifall ausbrechen. Oder sie führt ihre Gespräche mit dem Anwalt in einem so naiven, kindlichen und aus der Seele kommenden Tonfall, dass selbst die Beleuchter mit ihren rauen Kommandostimmen still werden."

Die Tobis bot ihr 2000 Reichsmark für die erste Rolle und verpflichtete sie gleich für eine zweite, "Susanne im Bade", wofür die Entlohnung verdoppelt wurde. Ihr Vertrag, im Bundesarchiv erhalten, enthält eine Option für zwei weitere Jahre, in denen ihre Gage erst auf 12 000, dann 18 000 Reichsmark steigen sollte. Bevor es soweit kam, kam ein Schürzenjäger vorbei: "Alles wurde leider beendet durch eine sehr unangenehme Begegnung mit Herrn Goebbels," erzählte Behrens in der ZDF-Dokumentation "Hitlers Helfer". "Bevor ich so was mache, würde ich lieber Stufen scheuern. Ich war vielleicht ein bisschen zu ausfällig, und er sagte ,Ich streiche Sie mit einem roten Stift von der Filmliste', und das hat er auch getan."

Die Behrens zog sich in ihr Dresdener Bühnenrefugium zurück, immer Goebbels' langen Arm fürchtend. Doch bei einem Filmempfang hatte sie einen steigenden Stern kennengelernt, "und wir spürten gleich eine gegenseitige Sympathie, und ich fühlte mich auch ein bisschen unter Schutz." Ihr Beschützer hieß Martin Bormann, und als er 1943 "Sekretär des Führers" wurde, war Behrens seine Geliebte - ein offenes Geheimnis, auch für Bormanns Frau Gerda. "Sie hatte mich sehr gern," erzählte Behrens, "wir konnten über alles sprechen, wir haben zusammen gelacht, und ich hatte zu ihr beinahe ein freundschaftlicheres Verhältnis als zu Martin."

Gerda Bormann befürwortete die "Volksnotehe", ein NS-Konzept, das jedem Mann per Gesetz mehrere Frauen zur Verfügung stellen sollte; Ziel war die Schwängerung von möglichst vielen Frauen, um das Land völkisch aufzurüsten. In einem Brief vom 24. Januar 1944 an Bormann schlug seine Frau vor, man könne die Kinder aus beiden Verbindungen gemeinsam erziehen: "Jeweils diejenige Frau, die nicht schwanger ist, soll zum Obersalzberg oder nach Berlin kommen und bei Dir sein."

Die Affäre sollte Behrens noch einholen. Inzwischen geschätzte Charakterdarstellerin des DDR-Kinos - sie war die gefallene Frau in Konrad Wolfs "Sonnensucher" und die Witwe in Frank Beyers "Karbid und Sauerampfer", beide Male an der Seite Erwin Geschonnecks - identifizierte sie der britische Historiker Hugh Trevor-Roper als die "M" in Bormanns Tagebüchern, und die "Bunte" machte eine Schlagzeile daraus. Diesmal führte die SED den roten Stift und strich sie für 20 Jahre von der Filmliste. So kehrte Manja Behrens ins Theater zurück. Bis in die Neunziger spielte sie am Berliner Ensemble und an der Volksbühne, heiratete den Bühnenbildner Karl von Appen und bewahrte nach dessen Tod das Modell seiner vielleicht berühmtesten Schöpfung auf: des Marketenderwagens, mit dem Helene Weigel als Mutter Courage über die Bühne zog.

Hanns-Georg Rodek

Manja Behrens, Schauspielerin, geboren in Dresden, starb 87-jährig am 18. Januar in Berlin

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