Ex-DDR-Regierungschef Hans Modrow ist tot – er wurde 95 Jahre alt

Gysi und Bartsch würdigen ihn

Ex-DDR-Regierungschef Hans Modrow ist tot – er wurde 95 Jahre alt

Er war der letzte Vorsitzende des Ministerrats. Nun ist er im Alter von 95 Jahren gestorben.

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Hans Modrow 2021 in Berlin.
Hans Modrow 2021 in Berlin.Berliner Kurier/Paulus Ponizak

Der frühere DDR-Ministerpräsident Hans Modrow ist tot. Der langjährige SED-Funktionär und spätere PDS- und dann Linke-Politiker starb in der Nacht zum Sonnabend im Alter von 95 Jahren, wie die Linksfraktion im Bundestag mitteilte. Modrow stand von November 1989 bis April 1990 an der Spitze des Ministerrats der DDR.

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Hans Modrow: So lief sein Aufstieg in der SED

Hans Modrow wurde 1928 im heute zu Polen gehörenden Ort Jasenitz geboren. Er machte während des Zweiten Weltkrieges eine Ausbildung zum Maschinenschlosser, wurde aber im Jahr 1945 im Alter von 17 Jahren zum Volkssturm eingezogen und kam in russische Kriegsgefangenschaft. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland engagierte er sich in der FDJ und trat in die DDR-Staatspartei SED ein, in der er bald Karriere machte.

Bereits 1958 wurde er im Alter von 30 Jahren Abgeordneter der DDR-Volkskammer, 1967 wurde er Mitglied des Zentralkomitees der SED. Ab 1973 bekleidete er das Amt des Ersten Sekretärs der Bezirksleitung in Dresden. Im Gegensatz zu anderen Größen des totalitären DDR-Apparats galt Modrow als integer. Er lebte nicht wie viele seiner Parteigenossen im Luxus, sondern mit seiner Familie in einer Dreizimmerwohnung in Dresden. 

Hans Modrow: 1989 rückte er in die erste Reihe der DDR

In die allererste Reihe rückte Modrow erst, als die DDR im Niedergang befindlich war. Nachdem er im Oktober noch Pläne zur Unterdrückung der Bürgerunruhen in Dresden ausarbeiten ließ, wurde er am 8. November Mitglied des Politbüros des Zentralkomitees der SED. Fünf Tage später wurde er zum Vorsitzenden des Ministerrates der DDR gewählt. In der Volkskammer bekam Modrow nur eine Gegenstimme: die von Margot Honecker. 

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Hans Modrow traf im Dezember 1989 als Vorsitzender des Ministerrats der DDR seinen Amtskollegen Bundeskanzler Helmut Kohl.
Hans Modrow traf im Dezember 1989 als Vorsitzender des Ministerrats der DDR seinen Amtskollegen Bundeskanzler Helmut Kohl.dpa

Erich und Margot Honecker waren nicht sonderlich gut auf Modrow zu sprechen. Der war in letztendlich nicht umgesetzten Plänen Moskaus als Nachfolger von Honecker im Gespräch. 1988 hatte Erich Honecker die Stasi angewiesen, belastendes Material gegen den parteiinternen Konkurrenten zu sammeln, um ihn wegen Hochverrats vor Gericht zu bringen. Und auch im Fokus der westlichen Geheimdienste stand Modrow. Der Bundesnachrichtendienst nahm seine Beobachtung 1958 auf, das Bundesamt für Verfassungsschutz 1965, diese dauerte bis 2013 an.

Hans Modrow blieb der Politik auch nach der Wende treu

Nach der Wiedervereinigung, die Modrow gegenüber der österreichischen Zeitung Volksstimme als „Anschluss, bei dem die eine Seite diktierte, die andere praktisch alles hinnahm“ bezeichnete, blieb er der Politik treu. Er saß für die PDS im Bundestag, später im Europaparlament. 2007 wurde er in den Ältestenrat der Partei aufgenommen, die inzwischen „Die Linke“ hieß. 

Hans Modrow war viele Jahre im Ältestenrat der Partei Die Linke.
Hans Modrow war viele Jahre im Ältestenrat der Partei Die Linke.dpa

Hans Modrow verharmloste Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine

Zuletzt sorgte Modrow, der zeitlebens den Schießbefehl an der DDR-Außengrenze leugnete, für Aufsehen, indem er den russischen Angriffskrieg in der Ukraine als Bürgerkrieg verharmloste. Infolgedessen wurde auch darüber diskutiert, Modrow aus dem Ältestenrat der Linken auszuschließen. Dennoch erklärten der ehemalige Linken-Fraktionsvorsitzende Gregor Gysi und der aktuelle Bundestags-Fraktionschef, dass die Partei „eine bedeutende Persönlichkeit“ verliere. „Der gesamte friedliche Verlauf der Herstellung der Deutschen Einheit war gerade ein besonderes Verdienst von ihm. Das wird sein politisches Vermächtnis bleiben“, heißt es weiter im Nachruf. 

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Hans Modrow überlebte seine Frau Annemarie Straubing, sowie seine Tochter Irina Mordow. Er hinterlässt in Tamara Singer eine weitere Tochter.