Eine kurze Geschichte der Funktechnik: Empfängerarchitekturen damals und heute (Teil 4)

Eine kurze Geschichte der Funktechnik: Empfängerarchitekturen damals und heute (Teil 4)

Autor / Redakteur: Brad Brannon* / Kristin Rinortner

Im vierten und letzten Teil unserer Serie zur Geschichte der Funktechnik vergleichen wir die historischen mit den modernen Empfängerarchitekturen. Hat sich die Architektur verändert? Welche Entwicklungen wird die Zukunft bringen?

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Die Anfänge der Funktechnik: Marconi bei einer Demonstration seines Funksystems.
Die Anfänge der Funktechnik: Marconi bei einer Demonstration seines Funksystems.
(Bild: Analog Devices)

Bereits im Jahr 1920 postulierte Edwin Howard Armstrong, dass sich mit abnehmender Amplitude oder zunehmender Frequenz die Empfindlichkeit des Detektors reduziert. Wie andere auch suchte er nach einer Methode, mit der er höhere Frequenzen nutzen und die Gesamtleistung verbessern konnte.

Früh erkannte er, dass er die Eingangsfrequenz in eine Frequenz umwandeln musste, mit der die verfügbaren Demodulatoren effizienter arbeiteten. Zudem fand er heraus, dass die Verstärkung verwendet werden kann, um nicht nur den HF-Empfangspegel sondern auch den Audiosignalpegel zu erhöhen.

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Bild 1 zeigt die Schaltung aus Armstrongs Patent von 1920, das „die Anwendung des Verfahrens unter Verwendung eines abgestimmten Verstärkersystems, bei dem (21) die Quelle der eingehenden Schwingungen (Signale) ist, detailliert veranschaulicht. Eine Vakuumröhren-Mischerstufe (22, 23, 25) mischt die Eingangsfrequenz mit der eines separaten Überlagerungsoszillators (Lokaloszillator, 24). Die nachfolgende Stufe (26, 27) ist auf das gewünschte Mischprodukt der beiden Schwingungen abgestimmt. Ein mehrstufiger HF-Verstärker (28) verstärkt die resultierende Zwischenfrequenz, die in Stufe (29) demoduliert wird und an den Audioverstärker (30) und schließlich zum Lautsprecher gelangt.“

Durch diese Methode war Armstrong in der Lage, auf eine beliebige Empfangsfrequenz abzustimmen und diese in eine feste niedrigere Frequenz zu mischen, die einfach zu demodulieren war und einen ausreichenden Audiopegel bereitstellte. In seinem Patent zeigt er weiter, dass mehrere Mischerstufen (Doppelsuper) angewendet werden können. So erreichte er eine bessere Trennschärfe und höhere Verstärkungen, ohne dass unkontrollierte Rückkopplungen Schwingungen verursachten – ein Problem, das bei früheren Funkarchitekturen auftrat.

Vergleich der Röhrentechnik mit modernen Funkarchitekturen

Die Bilder 2 und 3 zeigen einen Vergleich der verwendeten Röhrentechnik mit moderner Technik. Man sieht gut, dass das heutige Prinzip der ursprünglichen, vor 100 Jahren vorgeschlagenen Schaltung ähnelt.

Die erste Röhrenstufe im Patent von Armstrong mischt die gewünschte Empfangsfrequenz mit der des Lokaloszillators (LO). Der einzige Unterschied zwischen dem Vorschlag Armstrongs und modernen Schaltungen ist der separate HF-Verstärker, der vor der Mischerstufe platziert ist, um ein geringeres Rauschen und eine höhere Empfindlichkeit zu erzielen. Bis zum Zweiten Weltkrieg wurden Eingangsstufen mit Röhrenverstärkern verwendet, die den heutigen FET-Frontends entsprechen.

Armstrong schlug vor, als Eingangssignal ein HF-Signal von 10 MHz zu verwenden, das mit der LO-Frequenz von etwa 10,1 MHz überlagert werden sollte, um eine neue Frequenz von 0,1 MHz zu erzeugen, auf die die folgende Stufe abgestimmt ist. Dieses Beispiel für eine additive Mischung ist in Bild 4 dargestellt.

In der Röhrenschaltung in Bild 3 wurde die LO-Frequenz direkt in die Eingangsschaltung gekoppelt, wo das nichtlineare Verhalten der Röhre diese Mischprodukte erzeugte (selbstschwingende Mischerstufe). Eine Herausforderung beim ursprünglichen Design bestand darin, dass die LO-Frequenz über die direkte Kopplung an die Antenne unbeabsichtigt abgestrahlt wurde. Moderne Schaltungen unterdrücken diese Frequenz am Antenneneingang durch den Eingangsverstärker (Bild 4).

Als Verbesserung schlug Armstrong vor, dass Verstärker 1 zusätzlich zum Detektor auch als Lokaloszillator verwendet wird. Dazu nutzte er eine Rückkopplungsschleife von der Anode in den Eingangskreis, ähnlich wie er und de Forest es mit dem Rückkopplungsempfänger gemacht hatten. Das ergab eine wirkungsvolle HF-Eingangsstufe. In der heutigen Schaltungstechnik sind Mischer, Lokaloszillator sowie HF- und ZF-Verstärker oft in einem einzigen IC integriert.

Spiegelfrequenzen bei Superhets herausfiltern

Sowohl beim Röhren- als auch beim monolithischen Eingangsschaltkreis ergibt die Mischung additive Frequenzen aus HF und LO. Im Beispiel von Armstrong waren das 0,1 und 20,1 MHz. Darüber hinaus treten sowohl HF- als auch LO-Ableitströme am ZF-Ausgang des Mischers auf. Diese vom Mischer erzeugten unerwünschten Frequenzen müssen herausgefiltert werden, damit man nur die gewünschte Zwischenfrequenz erhält.

Da die Bandbreite der Demodulation begrenzt war, konzentrierte sich Armstrong auf eine Zwischenfrequenz von 100 kHz. Es ist wahrscheinlich, dass sein zweistufiger ZF-Verstärker neben den von ihm aufgenommenen resonanten L-C-Strukturen auch eine gewisse Filterung der anderen Frequenzen ermöglichte und er die Spiegelfrequenzen unterdrückte. Ein moderner ZF-Verstärker beinhaltet spezielle ZF-Filter.

Bild 4 zeigt einen einfachen LC-Filter, in der Praxis wird meist ein Filter hoher Güte eingesetzt. Schmalbandfunksysteme verwenden oft Quarz- oder Keramikfilter für die ZF-Stufe; breitbandige Ausführungen nutzen je nach Anforderung Oberflächenwellenfilter (SAW-Filter) oder Volumenwellenfilter (BAW-Filter). Diese Filter, auch als Dachfilter (Roofing-Filter) bezeichnet, schützen nachfolgende Stufen vor starken Out-of-Band-Signalen.

Mit einer schmalbandigen und verstärkten Zwischenfrequenz konnte Armstrong nun auch schwache HF-Signale innerhalb der Bandbreite seines Empfängers demodulieren. Mit einer Zwischenfrequenz in diesem niedrigen Frequenzbereich ließ sich die Demodulation optimieren. Bei den frühen Röhrenschaltungen wurden nur amplitudenmodulierte Signale (AM) gleichgerichtet und dann verstärkt, so dass ein Lautsprecher direkt angesteuert werden konnte.

Aufbau und Arbeitsweise moderner Funkempfänger

In modernen Empfängern tastet ein A/D-Wandler die analoge Zwischenfrequenz ab und erzeugt ein digitales Äquivalent, das digital weiterverarbeitet wird (einschließlich der Demodulation). Bei einer Audioanwendung kann es dann mit einem D/A-Wandler wieder in ein Analogsignal zurückgewandelt werden, um beispielsweise einen Lautsprecher anzusteuern.

Während sowohl Röhren- als auch Transistorempfänger ein ähnliches Empfangsergebnis erzielten, bieten modernere Schaltungen eine Reihe von Vorteilen, wie kleinere Maße und reduzierten Stromverbrauch. Während es von Anfang an auch tragbare Röhrenradios gab, ermöglichten erst Transistoren Empfänger im Taschenformat. Integrierte Schaltungen führten zu Anwendungen mit Einchip-Systemen als Sender/Empfänger von Kurzwelle bis hin zu VHF/UHF (Bilder 5 und 6).

Da mit monolithischen ICs bestückte Radios A/D- und D/A-Wandler enthalten, lassen diese auch komplexe Modulationsarten zu. Die Röhrentechnik war auf die Amplituden- und Frequenzmodulation beschränkt. Wenn dem System Datenwandler hinzugefügt werden, wie das bei modernen ICs der Fall ist, lassen sich neue Formen der Modulation durch digitale Techniken wie Frequenzspreizung und Orthogonales Frequenzmultiplexverfahren (OFMD) nutzen, die das Herzstück moderner Kommunikationssysteme (Digitalfernsehen, HD-Radio, DAB, Mobiltelefone) bilden.

Im Zuge der Weiterentwicklung der Funktechnik werden Funkarchitekturen oder Funktionen möglich, die aktuell noch nicht realisierbar sind. Derzeit gibt es viele hoch integrierte ICs als ZF-Sampling-Superhet- und Zero-ZF-Architekturen (Bild 7). Zukünftige Architekturen werden verstärkt mit direkter HF-Abtastung arbeiten, bei der das Empfangssignal ohne analoge Abwärtswandlung direkt in ein digitales Signal umgewandelt wird. Superheterodyn-Empfänger werden uns allerdings noch einige Zeit begleiten.

Schlussbemerkung: Die Architektur des Superheterodyn-Empfängers hat sich in den letzten 100 Jahren wenig geändert. Die Entwicklungen von Röhren über Transistoren zu monolithisch integrierten Schaltungen boten Möglichkeiten, von denen die frühen Funkpioniere nur träumen konnten und die wir heute im Alltag wie selbstverständlich nutzen.

Eines der Schlüsselelemente, die dies ermöglicht haben, ist der Hochgeschwindigkeits-A/D-Wandler in den heutigen Sende-ICs. Spannend wird sein, wie sich diese Kerntechnik weiterentwickelt, und welche neuen Kommunikationssysteme dadurch möglich werden. Die nächsten 100 Jahre bieten für die drahtlose Kommunikation mindestens so viel Potenzial, wie bei den Erfindungen der letzten 100 Jahre.

Funkpioniere: Die europäische Seite der Geschichte

Dieser Exkurs in die Geschichte der Funktechnik erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Zum Abschluss sollen allerdings noch einige wichtige Persönlichkeiten und Daten ergänzt werden, die die Funktechnik von Europa aus maßgeblich prägten: Die experimentelle Funktechnik hatte ihre Ursprünge Anfang 1896 als der russische Physiker Alexander Stepanowitsch Popow seine „Versuche zur Übertragung von Signalen mit Hilfe elektromagnetischer Wellen“ im Journal der Russischen Gesellschaft für Physik und Chemie veröffentlichte. Guglielmo Marconi baute wohl ein Gerät nach der Beschreibung von Popow nach und ließ sich dies im Juni 1896 patentieren.

Wichtige Forschungsbeiträge leisteten Professor Dr. Adolf Slaby und sein Assistent Georg Graf von Arco (der spätere Technikchef von Telefunken) in Berlin an der Königlich Technischen Hochschule Charlottenburg. Slabys Forschungstätigkeit wurde von Kaiser Wilhelm II und der deutschen Industrie gefördert, da das Monopol von Marconi auf dem Gebiet der drahtlosen Telegrafie durch eigene Entwicklungen gebrochen werden sollte. Im Zuge dessen wurde 1903 von Siemens und AEG die Telefunken Gesellschaft für drahtlose Telegraphie m.b.H. gegründet.

Slaby verbesserte gemeinsam mit Graf Arco verschiedene Sender- und Empfängerschaltungen auf Basis von Parallel-Schwingkreisen. Dabei setzten sie Kondensatoren ein, um die Leistung der Sender zu erhöhen. Graf Arco erfand den „Abstimmer“, mit dem die einzelnen Sender der Stationen mit einem „Wellenanzeiger“ (einer veränderbaren Abstimmspule, Funkenmikrometer) auf die gleiche Frequenz abgestimmt wurden. In den Empfängern kam ab 1900 ein als Spule gewickelter Draht von 1/4 Wellenlänge zum Einsatz, die sogenannte Resonanzspule.

Für seinen Beitrag zur Entwicklung der Telegrafie per Funk erhielt der deutsche Physiker Ferdinand Braun 1909 gemeinsam mit Marconi den Nobelpreis für Physik. Bekannt ist Braun durch die Entwicklung der gleichnamigen Vakuum-Röhre, er forschte aber ebenfalls systematisch auf dem Gebiet der drahtlosen Telegrafie.

Braun ersetzte den Kohärer durch einen Kristalldetektor, was die Empfindlichkeit des Empfängers wesentlich erhöhte. Beim Sender trennte er Schwing- und Antennenkreis, die bei Marconi eine Einheit bildeten: Der Primärkreis bestand aus Kondensator und Funkenstrecke, daran war der Antennenkreis induktiv gekoppelt. So ließ sich die Sendeenergie steigern. Parallel dazu versuchte Braun, die Knallfunken-Technik zu ersetzen, was ihm jedoch mit Elektronenröhren nicht gelang.

Auch der österreichische Physiker Robert von Lieben forschte auf dem Gebiet der Kathodenstrahlröhren. Das von ihm 1906 patentierte „Kathodenstrahlrelais“ (Telefonrelais) verstärkte elektrische Signale, ähnlich wie das Audion, die Erfindung von Lee de Forest, der im selben Jahr sein Patent anmeldete. Gemeinsam mit Eugen Reiß und Sigmund Strauss verbesserte von Lieben das Audion durch eine gitterartige Hilfselektrode, durch die eine proportionale Verstärkung möglich wurde (was de Forest nicht gelungen war).

Liebens sogenanntes Gitterpatent von 1910 (Patent Nr. 249142 vom 20. Dezember 1910 „Relais für undulierende Ströme – Zusatz zum Patent 236716 vom 4. September 1910) brachte die Radiotechnik wesentlich voran. Telefunken kaufte die Patente von Liebens auf und entwickelte seine Rundfunktechnik auf Basis der Lieben-Röhre und nicht mit dem Audion.

Am 13. April 1913 setzte der österreichische Physiker Alexander Meißner mit der Meißner-Schaltung einen weiteren Meilenstein in der Rundfunktechnik. Durch die Erfindung der Rückkopplung gelang es ihm, recht einfach ungedämpfte elektromagnetische Schwingungen zu erzeugen. Durch die Rückkopplung schwingt seine Schaltung mit Elektronenröhren selbsttätig auf einer bestimmten Frequenz. Etwas später, am 29. Oktober 1913, publizierte Edwin Howard Armstrong in New York ein ähnliches System. Streitigkeiten blieben nicht aus. Heute gilt Armstrong in Amerika und Meißer in Europa als Erfinder. Meißner betrieb später bei Telefunken u.a. Grundlagenforschung bei Antennen und der Frequenzstabilisierung durch Quarze.

* Brad Brannon ist für die Systemtechnik der 4G- und 5G-Empfängerarchitekturen bei Analog Devices in Norwood / USA verantwortlich.

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