Was ist eigentlich Altweibersommer? Fakten zur Wetterperiode im Frühherbst.
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Altweibersommer einfach erklärt

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Tautropfen hängen am Morgen in einer Spinnwebe.
Eine Erklärung des Wortes Altweibersommer leitet von Spinnfäden her © picture alliance/dpa | Angelika Warmuth

Das Ende des Sommers kündigt sich hierzulande häufig durch warme Tage an. Ein stabiles Hochdruckgebiet sorgt für milde Temperaturen. Das Phänomen wird als Altweibersommer bezeichnet.

  • Beim Altweibersommer handelt es sich um eine Singularität: Eine Witterung, die für die Jahreszeit ungewöhnlich ist und regelmäßig auftritt.
  • Heiße Tage und kühle Nächte sind typisch für das Wetter Ende September und Anfang Oktober.
  • Die Bezeichnung rührt vermutlich nicht vom „Weib“ als Synonym für Frau her, sondern vom „weiben“, dem Knüpfen von Spinnweben.

Offenbach – Ab Ende September verzeichnet der Deutsche Wetterdienst in den meisten Jahren außergewöhnlich hohe Temperaturen. Die Sonne scheint ganztägig und Werte von mehr als 20 Grad sind nicht selten. Die Nächte sind dagegen kühl, es kann Frostgefahr bestehen. Dieses Wetter wird als Altweibersommer bezeichnet.

Altweibersommer: Bedeutung und Wortherkunft

Die Bedeutung und Herkunft der Bezeichnung Altweibersommer ist bislang nicht vollständig geklärt. Es gibt verschiedene Interpretationsvarianten. Ein Grund für dafür ist, dass das warme Wetter zu Beginn des Herbstes nicht nur einen, sondern zahlreiche weitere Namen trägt. Der Altweibersommer je nach Gegend im deutschsprachigen Raum unter anderem auch wie folgt bezeichnet:

  • Ähnlsummer (in Bayern verbreitet)
  • Frauen-/Mädchensommer
  • Nachsommer
  • Witwensommer/Witwesömmerli (im Schweizer Sprachraum)
  • Michaelssommer
  • Martinssommer
  • Mettkensommer (im norddeutschen Sprachgebrauch)
  • Allerheiligensommer
  • fliegender Sommer

Im 19. Jahrhundert setzten sich in der Schriftsprache die Bezeichnungen „junger Weibersommer“ für den Frühling und „alter Weibersommer“ für den Herbst durch.

Eine Deutung rührt von der Tatsache her, dass sich die Baldachinspinne in der Zeit zwischen Ende September und Anfang Oktober im Herbst die leichten Winde zunutze macht: Sie segelt durch die Luft und legt auf diese Weise große Entfernungen zurück. Der Spinnenflug, auch als Ballooning oder Luftschiffen bekannt, ermöglicht es ihnen, mehrere Hundert Kilometer durch die Luft zu „fliegen“. Sie spinnen dabei Dutzende Fäden, die sie mit auf ihre Reise nehmen.

Insbesondere im Spätsommer machen sich die achtbeinigen Tiere auf den Weg. Die Spinnweben erinnern aufgrund ihrer Farbe an graues Haar – und daher dem Volksmund nach an das älterer Frauen. Schon im Althochdeutschen stand das Wort „weiben“ für das Spinnen der Fäden.

Altweibersommer: Alternative Wortbedeutungen

Eine zweite Interpretation des Wortes Altweibersommer bezieht sich auf die zweite Jugend beziehungsweise den zweiten Frühling der Frau: Diese/r halte nur kurze Zeit an – ebenso wie der Spätsommer beziehungsweise Frühherbst. Die schweizerischen und bayerischen Ausdrücke Witwesömmerli und Ähnlsummer („Ähnl“ steht für „Ahn“ und damit für „Großvatersommer“) deuten auf diese Wortherkunft hin.

Im Norddeutschen findet sich unter anderem das Wort Metten- oder Mettkensommer als Verkleinerungsform von „Made“. Offenbar hielt man die Spinnweben für Raupengespinste. Im Volksmund wurde daraus das Mädchen.

Auf das Wetter und die Jahreszeit an sich beziehen sich die Bezeichnungen Michaelssommer, Martinssommer und Allerheiligensommer: St. Michaelstag ist am 29. September, St. Martinstag am 11. November und Allerheiligen am 1. November.

Altweibersommer: Auslöser und typisches Wetter

Ein stabiles Hochdruckgebiet kennzeichnet den Altweibersommer und sorgt für konstante Temperaturen von 20 Grad und mehr. Ende September ziehen trockenwarme Winde aus Süd- nach Mitteleuropa zu uns. Geringe Luftdruckschwankungen über den Landmassen tragen dazu bei, dass sich die Wetterlage stabilisiert. In der Nacht kann es jedoch stark abkühlen und zu Bodenfrost kommen.

Das hat verschiedene Folgen:

  • Das Laub der Bäume verfärbt sich schneller.
  • Der Laubfall wird intensiviert.
  • Es herrscht eine gute Fernsicht.

Seit Beginn der Wetteraufzeichnungen treten die typischen Merkmale des Altweibersommers in fünf von sechs Jahren auf. Meteorologen sprechen in diesem Fall auch von einem Witterungsregelfall oder einer meteorologischen Singularität.

Eine exakte Definition eines Altweibersommers gibt es nicht. Einige Anhaltspunkte deuten jedoch darauf hin, dass es sich um einen solchen handelt:

  • Der Zeitraum: Beginn kann bereits Mitte September sein; mitunter zieht sich die warme, sonnige Witterung bis in den November hinein.
  • Die Temperatur: In der Regel klettert das Thermometer auf bis zu 20 Grad, mitunter auch höher.
  • Die Anzahl der Sonnentage: Mindestens drei Tage in Folge hält das sonnige Wetter an.
  • Die täglichen Sonnenstunden: Sieben bis acht Stunden täglich und damit zu zwei Dritteln der für die Jahreszeit mögliche Zeit scheint die Sonne.

Altweibersommer international

Das typische Wetter des hiesigen Altweibersommers tritt nicht nur im deutsch- beziehungsweise mitteleuropäischen Raum auf. In Nordamerika, insbesondere an der nördlichen Ostküste der USA und Kanada, ist der Indian Summer gleichbedeutend mit unserem Altweibersommer.

In Nordeuropa spricht man von der „Zeit der Braunfärbung“ in Finnland (Ruska-Aita) respektive in Lappland. Sie markiert den Übergang von der Mitternachtssonne zur Polarnacht. Praktisch über Nacht verfärben sich Bäume und Sträucher von sattem Grün zu Orange, Gelb und Rostrot.

Altweibersommer im Volksglauben

Die Spinne nimmt im Volksglauben einen hohen Rang ein. Rund um den Altweibersommer ranken sich daher zahlreiche Mythen. So wurden die Spinnweben der Baldachinspinne häufig für Gespinste von Elfen, Zwergen und Gnomen gehalten. Auch Analogien zum Haar der Jungfrau Maria waren verbreitet. Aus diesem Grund sind die Spinnweben neben vielen weiteren Bezeichnungen als Marienhaar, Marienfaden, Marienseide oder Mariengarn bekannt. Eine baldige Hochzeit sollte ins Haus stehen, wenn sich diese im Haar eines jungen Mädchens verfangen. Blieben die Fäden an ihrer Kleidung haften, versprach das Glück.

Altweibersommer: Bauernregeln und ihr Wahrheitsgehalt

Unter einer Bauernregel versteht man Volkssprüche über das Wetter und dessen Folgen für die Landwirtschaft. Sie ist auch unter der Bezeichnung Wetterregel bekannt. Meist sind die Regeln in Reimform verfasst. Viele von ihnen lassen sich wissenschaftlich begründen, ihr Wahrheitsgehalt ist dementsprechend in vielen Fällen hoch.

Bauernregeln entstanden aus der Beobachtung aufeinander folgender Wetter-Phänomene, die über Generationen weitergegeben wurden. Daraus ließen sich Rückschlüsse und Vorhersagen für spätere Ereignisse treffen. Häufig betraf das bestimmte Wetterlagen, wie typisch auftretende Hoch- und Tiefdruckgebiete, aber auch Singularitäten – Ereignisse, die regelmäßig auftreten, jedoch für die Jahreszeit untypisch sind. Auf Wetterboten, Indizien für eine Witterungsveränderung, wurde sich ebenfalls häufig bezogen.

Die Bauernregeln zum Altweibersommer deuten auf eine angenehme herbstliche Witterung hin. Unter anderem existieren die folgenden:

  • Ist’s zu Allerheiligen rein, tritt Altweibersommer ein.
  • Der heilige Leopold ist oft noch dem Altweibersommer hold.
  • Der Altweibersommer tut nicht lange gut, und steht er auch in aller Heiligen Hut.

Altweibersommer: Gibt es mehr Spinnen?

Es wirkt, als würde es zeitgleich mit dem Beginn des Altweibersommers mehr Spinnen geben und folglich mehr gebaute Netze. Das ist jedoch nicht der Fall. Der Eindruck hat zwei andere Gründe: Zum einen sind die Tiere zu dieser Jahreszeit voll ausgewachsen und aus diesem Grund besser sichtbar. Insbesondere trifft das auf die Baldachinspinne zu, die ohnehin sehr klein und filigran ist. Zum anderen sind Spinnen im Frühherbst besonders aktiv: Sie suchen in diesem Zeitraum einen Platz für die Überwinterung und sind häufiger unterwegs. Das erhöht die Möglichkeiten, ihnen zu begegnen.

Altweibersommer: Anekdoten und Besonderheiten

Ende der 1980er-Jahre klagte eine Frau gegen die Bundesrepublik Deutschland. Ihre Forderung: Der Deutsche Wetterdienst sollte die Bezeichnung Altweibersommer aus ihren Berichten streichen. Der Name sei hinsichtlich ihres Geschlechts und ihres Alters diskriminierend und verletze sie in ihren Persönlichkeitsrechten.

Die Klage wurde vom Landgericht Darmstadt abgewiesen. Zur Begründung wurde angebracht, dass durch einen Bericht des Deutschen Wetterdienstes keine Missachtung ihrer Person erfolge. Darüber hinaus liege keine Herabwürdigung einer bestimmten Personengruppe vor. Dieses setze voraus, dass die Anzahl derer überschaubar sei. Da die von „älteren Frauen“ jedoch unbestimmt sei, wurde dem Klageantrag nicht stattgegeben.

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