Berlinale 2009: Lars Eidinger in Alle Anderen

Berlinale 2009: Lars Eidinger in Alle Anderen

11.02.2009 - 08:45 Uhr
Lars Eidinger
Prokino
Lars Eidinger
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NEWS» Interview mit dem Schauspieler Lars Eidinger zu ihrem Wettbewerbsfilm Alle Anderen.

Lars Eidinger spielt in Alle Anderen, dem deutschen Wettbewerbsbeitrag von Regisseurin Maren Ade, den Chris, einen jungen Architekten, dessen Leben nicht so verläuft, wie er es geplant hat. Er orientiert sich an Anderen und zerstört dabei seinen Beziehung.

Was für ein Typ ist Chris?
Das kann ich nicht sagen. Ich kann Ihnen ja auch nicht sagen, was ich für ein Typ bin. Meiner Meinung nach schränkt eine Typisierung einen Schauspieler generell eher ein, da Figuren genau wie Menschen komplexe Gebilde sind, die sich in ihrer Art und in ihrem Verhalten nicht auf eine Formel herunterbrechen lassen. Einen Charakter zeichnet in erster Linie aus, wie er sich in bestimmten Situationen verhält und welche Entscheidungen er trifft – und ein Spieler muss das nachvollziehbar machen und beglaubigen. In dem Moment, in dem er sich auf einen Typen festlegt, läuft er immer Gefahr, ins Klischee zu verfallen. Als Darsteller muss ich den Verlauf und die Entwicklung einer Figur verstehen, um sie spielen zu können.

Können Sie das Verhalten, das Chris an den Tag legt, nachvollziehen? Kennen Sie diese Situation, sich einer Sache unsicher zu sein, etwas ändern zu wollen, aber nicht zu wissen, was?
Wenn ich nicht in der Lage wäre, Chris′ Verhalten nachzuvollziehen, könnte ich ihn auch nicht spielen. Zumindest nicht so, dass die Figur glaubwürdig erscheint. Was ich gut verstehen kann, ist der Konflikt, dass man sich seinem Partner mitteilen will, aber befürchtet, an Attraktivität einzubüßen, indem man dem anderen seine Ängste und Schwächen offenbart. Natürlich kenne ich das Gefühl, unsicher zu sein, bevor ich gewisse Entscheidungen treffe. Aber auch hier wittert man doch immer die Gefahr, im Ansehen des Partners zu sinken, wenn man eine Entscheidung nicht mit Gradlinigkeit fällt, sondern den Partner zu sehr an seinen Selbstzweifeln teilhaben lässt. In einer Beziehung geht es schließlich immer um Macht, darum, die Balance zwischen Abhängigkeit und Unabhängigkeit auszutarieren.

Wie würden Sie die Entwicklung beschreiben, die Chris im Film durchmacht?
Chris hadert mit seiner Situation, sowohl beruflich als auch privat. Er geht bewusst das Risiko ein, die Beziehung zu Gitti aufs Spiel zu setzen, um eine Veränderung, egal in welche Richtung, zu provozieren.

Wie haben Birgit Minichmayr und Sie das beeindruckend authentische und überzeugende Verhältnis zueinander spielen können?
Die Beziehung zwischen Gitti und Chris ist einfach sehr gut geschrieben, vor allem, was die Dialoge angeht. Birgit und ich hatten verhältnismäßig wenig Raum zu improvisieren, und Maren hat sehr viel Wert darauf gelegt, dass wir die Texte so sprechen, wie sie sie aufgeschrieben hat. Es zeugt absolut für Marens Talent, dass sie Dialoge so authentisch und glaubwürdig klingen lässt. Birgit und ich haben uns erst beim Casting kennengelernt, und obwohl Maren überzeugt war, dass wir Gitti und Chris sind, hat es schon ein bisschen gedauert, bis wir zueinander gefunden haben.

Wir hatten eine sehr lange und intensive Probenphase, in der wir gemeinsam mit dem Kameramann Bernhard Keller das Buch zweimal komplett durchgespielt haben. Wenn man die ersten Aufnahmen mit dem vergleicht, was letztendlich im Film zu sehen ist, merkt man, wie wichtig diese Vorbereitung war und wie sehr unser Spiel miteinander dadurch gewonnen hat. Eine Beziehung ist ja im Film immer erst mal bloße Behauptung, umso erstaunlicher ist es, wenn es dann für den Zuschauer funktioniert.

Wie war die Zusammenarbeit mit Maren Ade?
Maren ist sehr genau, nahezu pedantisch, was die Umsetzung ihres Buches angeht. Sie hat eine außerordentlich präzise Vorstellung, wie die Szenen zu laufen haben. Das führte dazu, dass wir Einstellungen sehr oft wiederholen mussten. Sie kann jedoch auch überaus genau beschreiben, was ihr fehlt, und Hilfestellung geben. Da fühlt man sich als Spieler zwar äußerst gefordert, aber auch sehr gut aufgehoben. Vor Drehbeginn hat mir Maren ein Bild gezeigt, auf das sie die Figur Chris und ihre Entwicklung innerhalb des Films gemalt hatte. Das habe ich mir in meinem Apartment übers Bett gehängt und draufgeschaut, wenn ich mal nicht weiterwusste.

Quelle: Mit Material von Prokino

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