Bewusst gesetzte herbe Kontraste sind das Gestaltungsprinzip der Sat-1-Kom�die „Meine allerschlimmste Freundin“ – und sollen f�r Lacher sorgen. Das funktioniert bei diesem deutschen Me-too-Produkt, das deutlich an den US-Kinohit „Ted“ angelehnt ist, allerdings nicht so gut wie bei dem viel satirischeren Vorbild. Denn die Aussage bleibt unentschieden: Wird das tradierte Geschlechter-Verhalten anfangs noch verulkt, strebt das Paar am Ende geradewegs wieder zur�ck zu den gestrigen Verh�ltnissen. Klasse daf�r ist Tom Beck!
Foto: Sat 1 / Arvid UhligZur�ck in den fr�hen Sixties, als Liebe noch Liebe war... Laura Berlin & Tom Beck
So beginnen M�rchenfilme: Die Kamera schwingt sich vom Himmel hinunter auf ein Turmzimmerchen in einem schlossartigen Geb�ude und ersp�ht hinter dem Fenster ein blondes M�dchen. Die weibliche Erz�hlerstimme hebt an: „Es war einmal ein sehr trauriges kleines M�dchen. Sie hatte keine Eltern, keine Freunde – und leider noch nicht genug Busen, um bei einer Gesangs-Castingshow mitzumachen.“ Das vermeintlich M�rchenschloss ist das Kinderheim Kupferfeld. Vor der T�re liegt neben anderen antiken Spielzeugen eine einfache Puppe. Ende der Kindheitserinnerungen – das Bild platzt dem Zuschauer blasenartig entgegen, wir sind in der Gegenwart. Die Puppe Bella ist ein lebendiges Wesen und bewirbt sich um einen Part in einer Bademodenwerbung. Gesucht wird ein Busendouble f�r Heidi Klum. „Kein Ding“, meldet Bella forsch. „Ich habe mir extra die T�ten tunen lassen“, erkl�rt der unversch�mte Rotschopf, die Fluppe l�ssig im Mundwinkel, und rei�t sich die Bluse auf.
Leider wird es nichts mit dem Engagement. In Bellas Heim ist noch eine wilde Orgie im Gange, als der Vertreter der Bank erscheint. Bella ist bankrott, ihre Luxusvilla perd�. Zeit also, sich mal wieder bei ihrer alten Freundin Jana (Laura Berlin) zu melden. Bettenverk�uferin Jana lebt mit ihrer Jugendliebe Wolfgang (Tom Beck) im Dekor der fr�hen 60er und das Paar verh�lt sich auch so. Ein US-Werbefilm f�r Fr�hst�cksflocken aus dieser �ra k�nnte kaum gezierter ausfallen: W�hrend er sich beim Fr�hst�ck in die Zeitschrift „Logistik von morgen“ vertieft, schmiert sie ihm den perfekt gebr�unten K�setoast. Zwischendurch tauschen beide verliebte Blicke, dann geht es hinaus in den Alltag des Jahres 2015.
Foto: Sat 1 / Arvid UhligDie brave Bettenverk�uferin kann auch anders... Laura Berlin und Daniel Roesner
Bewusst gesetzte herbe Kontraste sind das Gestaltungsprinzip der Sat-1-Kom�die „Meine allerschlimmste Freundin“. Die Puppe Bella ist vorlaut, vulg�r, hedonistisch, ein manipulierendes Biest. Aus Eigennutz will Bella das Traumpaar Jana und Wolfgang trennen und trifft bei Jana tats�chlich einen Nerv. Die junge, �therisch wirkende Blondine, ein Prinzessinnentyp, war nie mit einem anderen Mann zusammen, kennt nur das strikt geregelte Leben zwischen Haushalt und Beruf. Jetzt steht der n�chste Schritt an: Wolfgang hat eine Anzahlung auf ein schmuckes Eigenheim geleistet und macht ihr einen Heiratsantrag. Freudig nimmt nimmt Jana an. Insgeheim aber hegt sie Zweifel. Die von Bella eifrig gesch�rt werden.
Soundtrack: Robin Thicke („Blurred Lines“), Black Eyed Peas („I Gotta Feeling“), Christopher Lennertz feat. Stefan Lessard, Money Mark, & Matt Chamberlain („P***s Shaped Food“), Daft Punk („Get Lucky“), Tommy Reeve („I'm Sorry“), Justin Timberlake („Sexyback“), Alle Farben feat. Graham Candy („She Moves Far Away“), Police („Roxanne“), Tom Beck
Deutlich ist „Meine allerschlimmste Freundin“ an Seth MacFarlanes US-Kinohit „Ted“ angelehnt. Dort ist es ein lebendiger Teddy, der ein von Drogen- und Sexexzessen gepr�gtes Leben f�hrt, mal ein Medienstar war, aber inzwischen in einer Krise steckt. Er st�rt die Beziehung zwischen seinem Wohngenossen John (Wahlberg), dessen kindlicher Wunsch nach einem Freund Ted einst lebendig werden lie�, und Johns Freundin Lori (Kunis). Am Ende stirbt Ted, wird aber nun von der einsichtigen Lori ins Leben zur�ckgew�nscht. „Meine allerschlimmste Freundin“ weist die gleichen Grundmuster auf, Autor Michael Kenda vertauschte aber die Geschlechterrollen – bei ihm teilt das Spielzeug seine Geschichte mit dem weiblichen Part des Paares. Weiterer Unterschied: Das deutsche Me-too-Produkt erreicht selten die satirischen Qualit�ten des Vorbilds. Ans�tze sind sp�rbar, aber das Potenzial wird nicht ausgereizt, die Aussage bleibt unentschieden: Zu Beginn wird tradiertes Geschlechter-Verhalten verulkt und �ber die Inszenierung als vorgestrig eingestuft, am Ende aber streben die Protagonisten zur�ck zu diesen Verh�ltnissen. Ohne erkennbare ironische Brechung.
Foto: Sat 1 / Arvid UhligBella ist vorlaut, vulg�r, hinterh�ltig – und sie bringt Janas Leben durcheinander.
Humor suchen Autor und Regisseur vorrangig aus dem Gef�lle zwischen Bellas Vulgarit�t und den kultivierten und liebevollen Umgangsformen von Jana und Wolfgang zu gewinnen, aus der Diskrepanz zwischen weiblichem Rowdytum und schw�rmerischem Beziehungsidyll. Aber in der �berdeutlichen Herausstellung und steten Wiederholung verliert dieses Moment rasch an Reiz und mit Blick auf die behauptete innige Freundschaft zwischen Bella und Jana auch an Glaubw�rdigkeit. W�re Bellas Charakter dezenter gezeichnet worden, h�tten ihre verbalen Ausf�lle, ihre erotischen Eskapaden und ihre Sabotageaktionen �berraschender und damit auch komischer gewirkt. Einer immerhin zeigt hier eine interessante Facette seines K�nnens: Der vor allem als viriler Draufg�nger aus „Alarm f�r Cobra 11 – Die Autobahnpolizei“ bekannte Schauspieler und S�nger Tom Beck erscheint in diesem Film mit Seitenscheitel und Brille wie ein Doppelg�nger Clark Kents und beweist in der Rolle des Wolfgang kom�diantisches Talent. Casting-Agenten sollten sich das merken. (Text-Stand: 10.2.2015)
Foto: Sat 1 / Arvid UhligEine Puppe und zwei, die gemeinhin eher als Nicht-Schauspieler gelten: Laura Berlin und Tom Beck. Vor allem der "Cobra-11"-Darsteller macht komisch eine gute Figur.
Dr. Harald Keller ist Medienhistoriker, Fernsehkritiker und im Kulturbereich in der �ffentlichkeitsarbeit t�tig. Er verfasst Sachb�cher und Romane. Als Lehrbeauftragter unterrichtet er an der Universit�t Osnabr�ck im Fachbereich Sprache und Literatur.